Prof. Wald´s Rückblick auf die dritte Septemberwoche 2020
Den September eines jeden Jahres nutze ich traditionell zur Wissenssammlung und zum Erfahrungsautausch. Waren es in den letzten Jahren vor allem die Teilnahme an Konferenzen oder auch Besuche bei Firmen oder anderen Hochschulen, so kamen in diesem Jahr ausschließlich virtuelle Formate in Frage. Neben den sehr vielen zum Teil neu gewonnenen Erkenntnissen ist mir wieder einmal klar geworden, wie wichtig für mich als "Connected Professor“ der Wissens- und Erfahrungssautausch ist, aber auch wie einfach es sich virtuell voneinander lernen lässt. Doch nun zu den verschiedenen Quellen der Erkenntnisse.
Den Start bildete das Extra des „HR RoundTable“ der BONAGOIncentive Marketing Group GmbH/München (15. bis 17. September 2020). Hier habe ich mir am 15. September 2020 den Input von Julia Köthemann und Janina Müller (Zentrales Personalmarketing, Bundesagentur für Arbeit) zum Personalmarketing bei der Bundesagentur angehört. Ein sehr informativer und gelungener Beitrag. Es wurde deutlich, wie professionell das Personalmarketing in dieser Behörde abläuft. Mit großem Interesse habe ich bei der anschließenden Diskussion vernommen, dass die Mitarbeiter aus dem Personalmarketing (!) bei der Bearbeitung der zahlreichen Anträge zum Kurzarbeitergeld mitgeholfen haben und wie positiv dieser Einsatz auf das Zusammengehörigkeitsgefühl gewirkt hat. Am Nachmittag habe ich dann auch kurz in den Beitrag von Franz Langecker hineingeschaut, der die Veränderungen bei der IT-Unterstützung in den Personalbereichen aus historischer Sicht reflektiert hat (Kurz: Von der elektronischen Lohn- und Gehaltsabrechnung der 1980er zu digitalen Employee-Experience-Plattformen der 2020er Jahre).
Am Nachmittag (17:00-18:30 Uhr) verfolgte ich eine interessante Websession zum Thema „Hybride Teams wirksam führen“ der Allfoye Managementberatung GmbH. Nach einem informativen Einstieg zu verschiedenen Arbeitswelten und künftigen Skills ging es hier um Fragen der Zusammenarbeit in und der Zusammensetzung von virtuellen Teams. Auch wenn ich die vom Referenten Max Görner benutzte Definition hybrider Teams nicht teile (hybride Teams – als Quasi-agile Teams – die durch das Wollen bzw. aufgrund der Präferenzen der Teammitglieder entstehen) finde ich den Ansatz, hier besonders auf kulturelle Aspekte bzw. Wertvorstellungen der Teammitglieder zu rekurrieren) äußerst interessant. Leider kamen die Fragen der co-located Teams und die praktischen Dinge (trotz einiger wertvoller Hinweise – wie bspw. die Retrospektiven um den Faktor Mensch zu ergänzen) etwas zu kurz. Insgesamt aber ein sehr interessantes und aufschlussreiches Webinar.
In der hier betrachteten Woche hatte (aber) auch Wolfgang Brickwedde vom I4CR zu seinem „FACTS & FIGURES TALK im Rahmen der ICR Digital Recruiting Summer Academy geladen. Hier habe ich am 15. September 2020 einen Input zum Thema „Digitale Transformation und deren Einfluss auf Recruiting“ von Stephan Koenen (HR Executive Adviser, SAP) gelauscht. Hier war interessant zu erfahren, dass die Themen Candidate Experience (auch die Messung – Candidate NPS), Hiring for Best Fit (Professionelles Interviewing) und Talent Sourcing (Erreichen passiver Talente) im Zentrum stehen. Interessant die Rolle der sogenannten Bar Raiser (in der Regel sind dies Mitarbeiter aus anderen Bereichen als die zu besetzende Position, die helfen sollen bei der Einstellung langfristig zu denken und dadurch zu den besten Entscheidungen zu kommen). Erstaunt der Blick auf den hohen Automatisierungsgrad des Recruitingprozesses (u.a. mit eightfold und censia). Mit den Facts & Figures Talk ging es dann am 17. September 2020 weiter mit dem Vortrag von Axel Hohaus (Referent Employer Branding & Personalmarketing bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank) zum Ausbildungsmarketing in Zeiten von TikTok, Instagram und Co und ist dabei umfassend auf die seit mehreren Jahren von der APO-Bank durchgeführte Schüerstudie eingegangen. Hier wurde wieder einmal mehr als deutlich, dass Azubi-Marketing NUR mit TikTok und Instagram nicht erfolgreich sein kann. Mit einem Blick auf diese Studien wurde klar, dass Besuche auf Ausbildungsmessen, Kontakte zu Schulen und auch Printartikel keinesfalls out sind. Auf meine Frage, wie denn Eltern potenzieller Azubis erreicht werden können, hat Axel Hohaus auf entsprechende Facebook-Kampagnen verwiesen. Ein schönes Beispiel für den altersspezifischen Umgang mit sozialen Netzwerken.
Zwischendurch habe ich mir dann noch einen Abstecher zur virtuellen Konferenz Convergence Unbound von Cornerstone erlaubt. Hier hat mich vor allem der Input zum Thema „Building leadership and communication skills using virtual reality” interessiert. Die mittlerweile vorhandenen Möglichkeiten, haben Vertreter von Talespin, Facebook und Nestlé eindrucksvoll dargestellt (Hier ein Beispiel zum Training zum Bereich „Gesprächsführung").
Am Donnerstagvormittag bin ich sehr gern einer Einladung von Uli Zens (modatio) zum Corporate Culture Camp gefolgt. Dies war eines meiner ersten Online BarCamps mit einer kleinen aber feinen Teilgeberschaft und einer sehr guten Moderation (Uli Zens/Ines Polzin). In zwei Sessions zu den Themen „Wie können hybride Veranstaltungen gut gestaltet werden? (so dass sich die „Hybriden“ nicht ausgeschlossen fühlen?) und „Management torpediert den Kulturwandel!“ gab es einen offenen Meinungsaustausch, viele News zu neuen Tools,aber auch einen Blick in die aktuellen Herausforderungen der Organisationsentwicklung (AnneLamberts).
Am späten Donnerstagnachmittag habe ich es mir dann nicht nehmen lassen an einem Online-Workshop mit dem geschätzten Mr. pm2null Henner Knabenreich teilzunehmen (Thema: Karriereseite/Karrierebutton). Dieser intensive Workshop war Teil der „Wollmichsau: Online-Konferenz "Recruiting Interaktiv", die natürlich - wie sollte es auch anders sein - in dieser (gesamten) Woche stattfand. Am Abend dann ein Highlight der Woche (Danke für die Einladung, Jan!): Das Treffen mit einem beträchtlichen Teil der HR-Recruiting-Community in den virtuellen Räumen der Wollmichsau mittels Yotribe.
Zum Abschluss der Woche am Freitag stand dann ein virtuelles World Cafe („Remote Café“ erneut exzellent moderiert von Uli Zens und Ines Polzin) an. Vornweg: Auch das Format World Café „funktioniert“ virtuell. Zum Thema „Remote Führen“ gab es interessante Gespräche, tolle Visualisierungen und anregende Impulse. Gerade der Erfahrungsaustausch zwischen den erfahrenen Remote-Workern und den Pandemie-Remote-Workern macht neue Sichtweisen möglich. Unterschiedliche Meinungen und Erfahrungen sind nicht hinderlich, sondern ermöglichen einen zum Teil neuen Umgang mit den Herausforderungen digitaler Führung und Zusammenarbeit. Dabei geht es meiner Sicht auch immer darum, die Widersprüche digitaler Führung zu erkennen und im eigenen Verhalten aufzulösen. Zur Veranschaulichung hier die Visualisierung einer Session von Birgit Schiche.
Ein kurzes Fazit zu einer überaus inhaltsreichen Woche: Virtuelle Formate funktionieren sehr gut! Die Möglichkeiten zu intensiver Kommunikation und Zusammenarbeit im virtuellen Raum sind nahezu unerschöpflich. Es gibt aber beträchtliche Unterschiede zwischen den Konferenz- (auch Webinar-) und den interaktiven Formaten. Bei virtuellen Konferenzen ist es sehr leicht, bestimmte Dinge auszuwählen und auf andere zu verzichten. Die Möglichkeiten zum Meinungsaustausch sind beschränkt. Bei den interaktiven Formaten sind die Teilnehmer als Teilgeber gefragt. Es entstehen sehr schnell interessante Diskussionen in kleiner Runde. Mein Eindruck ist auch, dass – wenn professionell moderiert wird – recht schnell eine offene und vor allem produktive Atmosphäre entsteht, die ein voneinander Lernen einfach macht. Im Rückblick drängt sich mir oft der Gedanke auf, dass Netzwerken virtuell fast einfacher als „analog“ funktioniert. Dies mag aber auch daran liegen, dass die Teilnahme insbesondere an den (virtuellen) Formaten BarCamp und World Café bewusst erfolgt. Ich möchte all diese Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch und zum Lernen nicht mehr missen. Herzlichen Dank an alle Anbieter, Organisatoren und Teilgebende, die diesen Wissens- und Erfahrungsaustausch ermöglicht haben. Ich hoffe sehr, dass sich auch künftig viele neue Möglichkeiten zum digitalen und analogen Netzwerken ergeben.