Wolfgang Brickwedde mit Seminar in Leipzig
Vor wenigen Wochen fand der diesjährige HR Innovation Day 2019 statt. Unter den Teilnehmern war auch - und das bereits zum zweiten Mal - Wolfgang Brickwedde. Er ist als Director des Institute for Competitive Recruiting (ICR) allseits bekannt. Offensichtlich gefällt es ihm in Leipzig, denn er kommt am 8./9. Juli 2019 mit einem eigenen Angebot nach Leipzig. Zu dem von ihm angebotenen Praxis-Intensiv-Seminar Active Sourcing kann ich ihm heute einige Fragen stellen.
Peter: Du kommst jetzt mit einer eigenen Veranstaltung zum Thema "Active Sourcing" nach Leipzig! Klingt erstmal gut. Was hast Du vor? Oder, anders gefragt was verbirgt sich hinter Deinem Angebot für Leipzig?
Wolfgang: Es handelt sich um ein Angebot für alle Arbeitgeber in Leipzig, die Schwierigkeiten haben, ihre offenen Stellen mittels klassischer Stellenanzeigen zu besetzen. Diesen Arbeitgebern blieb bisher nur der (oft sehr kostspielige) Weg zum Personalberater. Auf meiner Veranstaltung können sie in zwei, sehr intensiven, Tagen lernen, wie sie selber in sozialen Netzwerken wie XING, Linkedin, Facebook etc oder bei Google interessante potentielle Mitarbeiter finden und erfolgreich ansprechen.
Peter: Für wen könnte diese Veranstaltung in Leipzig interessant sein?
Wolfgang: Im Prinzip für alle Arbeitgeber mit den oben genannten Herausforderungen. Als Teilnehmer können sie ihre unternehmensspezifischen Herausforderungen mit einbringen. Diese werden besprochen und sie erhalten eine Beratung. Die Inhalte des Praxis-Intensiv-Seminars „Active Sourcing“ bauen auf den ICR exklusiven Studien und Erhebungen auf, an denen mehr als 900 Active Sourcer teilgenommen haben. Die Strategien und Vorgehensweisen der Besten werden in den Schulungen weitergegeben und vermittelt. Ein praxisnahes Wissen auf einer derart breiten empirischen Basis gibt es nirgendwo sonst. So wird zum Beispiel exklusiv das Geheimnis der erfolgreichen Kandidatenansprache gelüftet und in praktischen Übungen vermittelt. Die Suche nach und die Ansprache von potentiellen Kandidaten werden gemeinsam geübt, Fehler umgehend korrigiert und auch über den Austausch mit den anderen Teilnehmern können Erkenntnisse schnell vertieft werden.
Peter: Viele werden fragen, inwieweit Du die aktuelle Situation im Arbeitsmarkt in Leipzig kennst. Was kannst Du dazu sagen?
Wolfgang: Vielleicht sollte ich meine Antwort dazu zweiteilen. In den allgemeinen Arbeitsmarkt und die darin agierenden Personaler. Einige der letzteren durfte ich ja bei Dir auf dem HR Innovation Day 2019 kennenlernen. Doch zunächst zum Arbeitsmarkt in Leipzig. Natürlich kann ich nicht behaupten, eigene praktische Erfahrungen im Recruiting in Leipzig zu haben. Auf Deinem Event habe ich sogar den Begriff „Muttischicht“ neu gelernt. Aber die Rahmendaten des Leipziger Arbeitsmarkts deuten darauf hin, dass den Leipziger Personalern eine Erweiterung der Personalbeschaffungsmöglichkeiten durch die eigene aktive Ansprache von potentiellen Mitarbeitern bei der Besetzung ihrer Stellen helfen würde. Die erwähnten Rahmendaten zeigen, dass der größte "Feind" der Personalbeschaffung, die Arbeitslosenquote in den letzten fünf Jahren von 9,1 auf 6,1 massiv zurückgegangen ist, d.h. es dürften sich deutlich weniger Menschen die Stellenanzeigen anschauen. Auf der einen Seite gibt es in der Stadt Leipzig fast 20.000 offene Stellen, im Umland kommen noch einmal ca. 15.000 dazu. Allein im IT-Bereich sind mehr als 2.300 Stellen ausgeschrieben, davon 1200 für Softwareentwickler. Auch bei den Ingenieuren sieht es mit über 2.000 Vakanzen nicht viel besser aus. Im Pflegebereich ist es mit 4.200 offenen Stellen noch schlimmer. Auf der anderen Seite finden sich bei Linkedin mehr als 120.000 Mitglieder aus Leipzig, bei Xing vermutlich noch deutlich mehr und da die Überschneidung nicht so hoch ist, ergibt in diesen beiden Netzwerken schon ein erhebliches, bisher weitgehend ungenutztes, Potential, da es bei XING und Linkedin jeweils nur etwas über 100 Mitglieder in Leipzig gibt, die sich als Recruiter bezeichnen. Einige davon, die auch schon einen deutlich fortgeschrittenen Eindruck gemacht haben, wie Alexander Grünert von Efficon, Alexander Schwabe von Optimax oder Nancy Rücknagel von Talents for IT oder auch viele aus dem großen DB Recruiting-Team habe ich bei Dir auf dem Event kennen- und schätzen lernen dürfen. Die Zukunft des Recruitings, das Active Sourcing, ist also schon in Leipzig angekommen, aber bei weitem noch nicht bei allen und diese Lücke möchte ich gerne schließen.
Peter: Was bringt in dieser Situation Active Sourcing gerade für Unternehmen in Leipzig?
Wolfgang: Mit der zurückgehenden Arbeitslosenquote sinkt auch die Anzahl der aktiv Suchenden, diejenigen, die sich Stellenanzeigen hauptsächlich anschauen, entsprechend. Mit Active Sourcing können die Arbeitgeber auch den 4-5 mal so großen Teil des Arbeitsmarktes, den der latent Suchenden erschließen. Hier die potentiellen Kandidaten finden, identifizieren und erfolgreich ansprechen kann man lernen. Nach meinen Erfahrungen reichen zwei Tage aus, um mit Begeisterung, Engagement und Erfolg loslegen zu können.
Peter: Was entgegnest Du Kritikern des Active Sourcings? Wo siehst Du die Möglichkeiten und Grenzen von Active Sourcing gerade bei KMUs? Klappt Active Sourcing ggf. nur bei bestimmten Zielgruppen?
Wolfgang: So viele Kritiker gibt es ja gar nicht, mehr als die Hälfte der Arbeitgeber sind lt. Recruiting Trends 2018 ja auch schon selber mit Active Sourcing auf Kandidatensuche. Die Möglichkeiten habe ich ja bereits beschrieben. Bei einigen Zielgruppen klappt Active Sourcing besser als bei anderen, aber ich bin mit Prognosen sehr zurückhaltend geworden, und schlage immer eine Überprüfung vor. Wer hätte gedacht, dass z.B. aus Leipzig über Xing fast 1000 Mitglieder Krankenschwester/-Pfleger oder fast 4800 Menschen aus der Pflegebranche erreichbar sind? Grenzen hat Active Sourcing sicherlich bei Zielgruppen, die nicht in sozialen Netzwerken vertreten sind oder noch „schlimmer", gar nicht online aktiv sind, somit keine „digitalen Fußabdrücke“ hinterlassen, die dann auch mit einer digitalen Suche nicht zu finden sind. Aber dessen gilt es sich bewußt zu werden und auch dafür können Ideen entwickelt werden, um an diese Personenkreise heranzukommen. Für KMU kann gerade Active Sourcing eine besondere Chance bieten. Ich habe nämlich mal die Antwortraten der Kandidaten in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße verglichen und entgegen der Erwartungen keine großen Unterschiede feststellen können. D.h. gerade für kleine Unternehmen kann Active Sourcing eine erfolgreiche Geheimwaffe sein.
Peter: Vielleicht noch eine Frage jenseits des Active Sourcings: Was hast Du generell für Tipps für Arbeitgeber, die derzeit Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung haben?
Wolfgang: Eigentlich sind es vier grundsätzliche Tipps unter dem thematischen Dach "Bewusstseinsänderung": Von der Arbeitgeberzentrierung zur Bewerberzentrierung:
1. Optimierung der passiven Suche Darunter fällt die Verbesserung der Karriereseite, inkl. Bewerbungsmöglichkeit aus Bewerbersicht (bewerben Sie sich spaßeshalber mal bei sich selbst) sowie die Verbesserung der Stellenanzeigen (mit Jobtiteln, die von Bewerbern auch gesucht werden und einem Text, den Bewerber interessant finden und nicht nur die Marketingabteilung)
2. Aufbau oder Erweiterung eines "Mitarbeiter werben Mitarbeiter"-Programms - denn einen persönlicheren, qualitativ besseren und kostengünstigeren Personalbeschaffungskanal gibt es kaum
3. Den 4-5 mal so großen latenten Arbeitsmarkt erschließen mit Active Sourcing
4. Moderne technische Unterstützungsmöglichkeiten nutzen, um die Bewerbererfahrung zu verbessern
Peter: Herzlichen Dank für das Gespräch. Ich wünsche Dir viel Erfolg für die Veranstaltung hier in Leipzig.
Infos zum Praxis-Intensiv Seminar Active Sourcing (auch zu anderen Durchführungsorten, falls der Termin in Leipzig nicht passt) sind hier zu finden.
Mein Gesprächspartner, Wolfgang Brickwedde, ist Leiter des Institute for Competitive Recruiting (ICR), Heidelberg. Das ICR unterstützt und berät Unternehmen bei der Verbesserung der Ergebnisse ihrer Recruitingprozesse mit dem Ziel der Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit im Kampf um Talente. Das ICR bildet eine Plattform mit dem Ziel, das Recruitment in Deutschland insgesamt zu verbessern, hierzu werden Studien zum Status des Recruitments (ICR Recruiting Reports: http://www.competitiverecruiting.de/Studien) und Benchmarks zur Nutzung und Zufriedenheit mit Recruitinglösungen wie z.B. Jobbörsen oder Bewerbermanagementsystemen durchgeführt. Das ICR hat darüber hinaus die Jobbörse RecruitingJobs.de gegründet und mit CandidateReach das erste Multi-Channel-Posting speziell für KMU in Deutschland eingeführt. 2015 gelang es dem ICR, die renommierten Candidate Experience Awards in die DACH Region zu holen. Im Jahr 2017 verleiht er die erstmals stattfindenden Active Sourcing Awards. Bis Ende 2009 verantwortete Wolfgang Brickwedde bei SAP die Personalbeschaffung und das operative Personalmarketing in der Region EMEA. Vor seiner Zeit bei SAP war Wolfgang Brickwedde bei Royal Philips Electronics in unterschiedlichen Management-Funktionen in den Bereichen Employer Branding, Recruitment und Management Development für verschiedene Länder verantwortlich. Er ist Gründungsmitglied und war von 2007 bis 2009 Sprecher des Vorstandes des dapm /queb (www.queb.org) und Vorstandsmitglied der HR Alliance (www.hr-alliance.eu) von 2008 -2009. Sowohl in seiner Zeit bei Philips als auch bei SAP hat sich Wolfgang Brickwedde intensiv mit den Themen (Social Media) Recruitment, Employer Branding und Talent Management beschäftigt.