(Rückblick Teil 1)
Zum Jahresbeginn wieder fällig: Ein Rückblick auf das vergangene Jahr. Diesmal auf ein Jahr voller (auch mit vielen unangenehmen) Überraschungen. Von diesen Überraschungen gab es so viele, dass ich den Rückblick in zwei Teilen liefern werde. Heute, im ersten Teil, werde ich mich mit den zum Teil neuen Aufgaben in Lehre, Ausbildung und bei der Arbeit mit Studierenden im Corona-Jahr beschäftigen.
Warum jedoch bezeichne ich dieses Jahr als ein Jahr des Lernens? Ich habe innerhalb weniger Tage lernen müssen, wie Lehrveranstaltungen per Video ablaufen. Im März 2020 ist mir sehr schnell klar geworden, dass es mit einer einfachen Übertragung der gewohnten Vorgänge auf digitale Formate nicht getan ist. Hier stand zuerst die Auswahl einer vernünftigen Lösung für die Lehrveranstaltungen im Raum. Nachdem die Versuche mit den über die Hochschule bzw. das DFN zur Verfügung gestellten Möglichkeiten nicht funktionierten (wie oft habe ich zum Beispiel verzweifelt versucht, Pexip anzuwenden), bin ich doch sehr glücklich, hier nach wie vor auf die verfügbare Z-Lösung zurückgreifen zu können. Weiterhin musste ich in vielen Lehrveranstaltungen erfahren, dass die angeblich so digital affine Generation Z oft eine „Generation Unsichtbar“ mit geringer Bereitschaft zur Interaktion ist. Erfahren musste ich auch, dass es kleine Gruppen von Studierenden aber auch von Unternehmen gibt, die Online-Vorlesungen nicht als „richtige“ Lehrveranstaltungen ansehen. Bevor ich zu einigen der konkreten Learnings komme, vielleicht einige Informationen zu meinen Lehrveranstaltungen. Diese biete ich in der Regel synchron an, d.h. diese finden so wie im Stundenplan festgelegt, statt. Ich zeichne diese nicht auf, sondern produziere Slidecasts zu ausgewählten Lehrveranstaltungen mittels Camtasia und stelle diese dann für einen begrenzten Zeitraum online.
Was habe ich nun im Jahr 2020 konkret gelernt? Ich habe versucht, diese Learnings etwas zu systematisieren, muss aber daran erinnern, dass viele davon eng miteinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen.
Digitale Lehre funktioniert - auch mit Interaktion
Die meisten Studierenden des Sommersemesters 2020 habe ich niemals „face to face“ zu Gesicht bekommen. Um von digitalen One-Man-Shows zu Interaktion zu kommen, brauchte es neue Ideen und Vorgehensweisen. Voraussetzung dafür ist es, dass die Beteiligten diese Interaktion auch wollen und den Einsatz klassischer (Blatt Papier in die Kamera halten!) und auch neuer Tools (zum Beispiel Abstimmungstools wie Slido) begrüßen und praktisch umsetzen! Auch die Nutzung von Breakout-Räumen für Gruppenarbeiten hat sich immer wieder als Erfolgsfaktor herausgestellt. Bei kleinen Gruppen - wie zum Beispiel im Schwerpunkt Personal - starte ich auch grundsätzlich die Veranstaltung mit einem Check-in (um Wiederholungen zu vermeiden ist dies durchaus auch eine inhaltliche Herausforderung!).
Informale Beziehungen und die 1:1-Kontakte sind wichtiger geworden
Viele gewohnte Dinge funktionieren verständlicherweise unter digitalen Bedingungen nicht mehr. Sei es ein kurzes Treffen auf dem Flur oder ein Gespräch vor und nach den Lehrveranstaltungen. Ich habe erfahren, dass ich dies sehr weitgehend durch meine virtuellen Sprechzeiten ausgleichen kann. Noch niemals sind (alle) Sprechzeittermine in einem Maße wie im zurückliegenden Jahr genutzt worden. Dies betrifft allgemeine Anfragen, die Betreuung von Abschlussarbeiten und von Studierenden in Remote und klassischen Praktika aber auch das einzelne oder Gruppen-Feedback zu Präsentationsleistungen. Ich nutze dafür verschiedene Nicht-Z-Lösungen. Es gibt aber auch virtuelle Erlebnisse, die berühren: So haben mir Studierende zum runden Geburtstag im Juli „Happy Birthday“ mittels Zoom akustisch übermittelt.
Hybrides Vorgehen gewinnt auch bei der Lehre an Bedeutung
Im laufenden Semester hatte ich das große Glück im Oktober 2020 Studierende eine Woche in Präsenz unterrichten zu können. Dieses Kennenlernen „face-to-face“ erleichtert den Übergang zu kompletten virtuellen Lehrveranstaltungen ungemein. Ich hoffe sehr, dass hybride Lösungen in absehbarer Zeit wieder möglich sind. Trotzdem bleibt es dabei, dass ich eine Reihe von Studierenden, die ich niemals „face-to-face“ getroffen habe, derzeit bis hin zur Abschlussarbeit betreue bzw. später betreuen werde.
Experimente und neue Tools versprechen neue Möglichkeiten
Seit geraumer Zeit greife ich bei den Lehrveranstaltungen zunehmend auch auf Visualisierungs-Werkzeuge wie Mural zurück. Hier lassen sich schnell sichtbare Ergebnisse erzielen und Interaktionsmöglichkeiten werden für die Beteiligten schnell greifbar. Das alljährlich stattfindende, vorweihnachtliche Glühweintrinken mit meinen HR-Alumni konnte ich diesmal virtuell mit großem Erfolg mittels Yotribe/Wonder umsetzen. Und auch die übliche Weihnachtsvorlesung für die Studierenden im Schwerpunkt Personal konnte ich durch ein virtuelles Escape Game substituieren.
Zum Schluss: Dauerhaftes virtuelle Zusammenarbeit bzw. Lehre führt offensichtlich zu digitaler Müdigkeit
Zugegebenermaßen machte sich bei vielen zum Jahresende eine gewisse digitale Müdigkeit bemerkbar. Hier bin ich noch auf der Suche nach Ideen, wie dieser Müdigkeit begegnet werden kann.
Alles in allem empfinde ich die Lehre im virtuellen Raum und die Kontakte mit meinen Studierenden als „Work-in-Progress“. Ich werde weiter lernen, werde weiter experimentieren und bereite mich auf diese Weise auf die hybride Lehre als Zukunftsmodell vor. Vielen Dank an alle Studierenden und Partner für das Verständnis und die Zusammenarbeit. Der zweite Teil des Jahresrückblicks folgt in den nächsten Tagen. Bis dahin!