Ein Gespräch mit Hanns Aderhold von Cobrainer
Unternehmen und Angebote, die sich mit den derzeit und in Zukunft „brennenden“ Fragen der Skillerfassung und dem vielerorts nötigen Upskilling beschäftigen sind derzeit verständlicherweise en vogue und stoßen natürlich auch auf mein Interesse. Und wenn es sich dann um ein HR-Startup handelt, ist das Interesse umso größer. All dies trifft auf Cobrainer uneingeschränkt zu. Deshalb bin ich sehr froh, dass mir heute Hanns-Bertin Aderhold - Gründer und Managing Director von Cobrainer - für ein Gespräch zur Verfügung steht.
Wald: Vornweg vielen Dank für die Möglichkeit, mit Ihnen über die Geschichte und die Möglichkeiten von Cobrainerzu sprechen.
Aderhold: Gerne, die Freude ist ganz meinerseits! Ich freue mich immer sehr von der Arbeit unseres Teams erzählen zu dürfen.
Wald: Wie ist Cobrainer eigentlich entstanden? Woher kam die Idee und wer war am Anfang dabei?
Aderhold: Die Geschichte von Cobrainer hat an der TU München ihren Lauf genommen. Während des Studiums mussten wir im Rahmen einzelner Projektarbeiten Studenten aus verschiedenen Fakultäten zusammenbringen. Es haben sich immer wieder die Fragen ergeben:„Welche Skills brauche ich für bestimmte Projekte? Und an welchen Fakultäten muss ich suchen?“ Das war damals die Inspiration für Cobrainer. 2019 haben wir uns von einem HR-Beratungsunternehmen mit Fokus aus Skillmanagement zu der heutigen SaaS-Lösung weiterentwickelt und sind seitdem mit unserer Skill-Plattform auf Erfolgskurs. Erst kürzlich konnten wir durch eine weitere Finanzierungsrunde 11 Millionen Euro von unseren Investoren gewinnen. Heute verwalten wir über 100.000 Mitarbeiterprofile und haben die größte Skill-Datenbank der Welt. Ich denke, darauf können wir zu Recht stolz sein!
Wald: Auf Ihrer Website steht die folgende Aussage: Cobrainer ist die weltweit führende KI-gesteuerte Skill-Plattform, die internes Recruiting, Up-Skilling, und Talentmanagement schnell & einfach macht – unvoreingenommen und basierend auf individuellen Skills. Ein mMn sehr selbstbewusstes Statement. Was macht Sie da so sicher?
Aderhold: Das Besondere an Cobrainer ist der einzigartige Skill-Graph, den wir entwickelt haben und der über 500.000 verschiedene Skills, also Fähigkeiten, enthält. Unsere Software extrahiert diese Daten zum Beispiel aus Lebensläufen oder Social Media Profilen. Außerdem durchforstet unsere künstliche Intelligenz unablässig das Internet nach neuen Skills und fügt sie unserem System hinzu – dadurch sind wir immer auf dem neuesten Stand. Eine weitere Besonderheit: Es findet eine Harmonisierung der Begriffe statt, sodass es keine Dopplungen gibt. Dieses Zusammenspiel ist unsere Kernkompetenz und hebt uns von unseren Mitbewerbern ab.
Wald: Da kann ich gleich meine nächste Frage zu einem Zitat anschließen. „Klassische HR funktioniert nicht mehr. Skills, nicht Lebensläufe, sind die Zukunft von HR.“ Dieser Aussage stimme ich zu, frage mich aber, wie steht es um das Potenzial der jeweiligen Talente für ein Upskilling. Bleibt dies nicht außen vor?
Aderhold: Ganz im Gegenteil, wir glauben, dass kontinuierliches Up-Skilling ein elementarer Baustein einer erfolgreichen HR-Strategie und glücklicher Karrieren ist. Heutzutage ist alles in Bewegung: In Unternehmen verändert sich der Bedarf an bestimmten Hard und Soft Skills ständig – neue Jobs entstehen, entwickeln sich weiter oder werden komplett abgelöst. Mitarbeitende und Unternehmen müssen daher so anpassungsfähig wie möglich bleiben. In den Unternehmen steigt aufgrund des Fachkräftemangels das Interesse, Talente innerhalb der eigenen Belegschaft zu finden und sie auf offene interne Stellen zu setzen, anstatt extern nach passenden Mitarbeitenden zu suchen. Die Mitarbeitenden benötigen nicht nur eine grundsätzliche Bereitschaft, Neues zu lernen, sondern auch Transparenz darüber, welche Kurse, Trainings und Weiterbildungen für sie persönlich sinnvoll und zielführend sind.
Cobrainer hilft beiden Seiten: Wir unterstützen Unternehmen und Mitarbeitende, den aktuellen Bedarf zu sondieren, sich an neue Anforderungen anzupassen und den Überblick über vorhandene und fehlende Fähigkeiten zu behalten. Kurz gesagt: Wir zeigen Chancen und Potenziale für Weiterentwicklung auf.
Wald: Wie ich sehen konnte, forcieren Sie richtigerweise die Transparenz der Skills. Gibt es hier im Vorfeld eine Bewertung oder schaffen die Mitarbeiter selbst diese Transparenz?
Aderhold: Transparenz ist der Schlüssel zu einem Karriereweg, der “wie für mich gemacht” ist. Nur wenn mein Arbeitgeber – aber auch ich selbst – weiß, was ich gut kann und welches Potenzial in mir steckt, lassen sich Möglichkeiten für Wachstum und Weiterentwicklung schaffen. Dabei räumt Cobrainer Mitarbeitenden das höchste Level an Information Governance ein: Sie selbst entscheiden, welche Informationen sie teilen und inwieweit sie zur Transparenz beitragen möchten.
Wald: Ein häufiger Diskussionspunkt bei Gesprächen in Unternehmen und auch bei der Ausbildung meiner Studierenden ist das Thema digitale Skills. Wie betrachten Sie digitale Skills? Und was gehört aus Ihrer Sicht zu den digitalen Skills? Wie können oder sollten diese entwickelt werden?
Aderhold: Auch wenn sich dieser Trend bereits früh abgezeichnet hat: Die letzten zwei Jahre haben nochmal deutlicher gezeigt, wie wichtig das Vorhandensein digitaler Skills ist. Im Rahmen der beschleunigten Digitalisierung in Unternehmen wurden zunehmend Tools und Plattformen entwickelt und implementiert, die besonders die Arbeit von zu Hause aus erleichtern und effizienter machen sollen. Viele Unternehmen wurden erstmalig mit einem solchen (spontanen) Umfang an Digitalisierung und folglich der Notwendigkeit digitaler Skills konfrontiert. Diese reichen vom Umgang mit Productivity Suites über kollaborative Workspaces, Tools und Kommunikationslösungen bis hin zu komplexeren Prozessen und Anwendungen in der Cloud. Zum Beispiel, sind in den letzten Jahren virtuelle Präsentationsskills immer relevanter geworden, sowohl für Studierende aber auch für Arbeitnehmer und natürlich Lehrpersonal. Fehlen diese Skills, sinkt nicht nur die Produktivität im Tagesgeschäft, sondern auch die Moral unter den Mitarbeitenden. Das bedeutet: schnell handeln und der Belegschaft Möglichkeiten einräumen, fehlende Skills zu erwerben und sich weiterzuentwickeln. Dafür müssen sowohl Unternehmen als auch Mitarbeitende nachvollziehen können, an welchen Ecken und Enden Nachholbedarf besteht und vor allem müssen beide Seite bei der Fülle an verschiedenen digitalen Skills den Überblick behalten. Auch hier schafft Cobrainer Abhilfe.
Wald: Stichwort kollaboratives Lernen: Was kann hier Cobrainer beitragen?
Aderhold: Die Skill-Transparenz, die durch Cobrainer erreicht wird, lässt sich tatsächlich auch im Hinblick auf das kollaborative Lernen beobachten, da sich durch unsere Plattform Mitarbeiter mit ähnlichen Skill-Profilen gegenseitig finden und austauschen können, sofern sie das möchten. Desweiteren kann ich auch in Hinblick auf selbst gesetzte Lernziele sehr einfach Kollegen in meinem Unternehmen identifizieren, die diese Lernziele bereits erreicht haben oder sich gerade im aktiven Training befinden. Diese Referenzen sehen zu können hilft in vielerlei Hinsicht dabei, Angst oder Bedenken vor der Belegung eines Kurses oder der Kommunikation eines Lernziels zu nehmen.
Wald: Wie bewerkstelligen Sie die Verbindung zwischen Skill Management und Karriereplanung?
Aderhold:Wer ein Profil auf unserer Plattform hat, erhält nicht nur volle Transparenz über die eigenen Skills und darauf basierende Jobempfehlungen, sondern kann sich auch eigene Lernziele setzen und sich somit für den nächsten Schritt auf der Karriereleiter vorbereiten. Auf Basis dieser Ziele geben wir Empfehlungen für Kurse und Weiterbildungen, mit denen die Mitarbeitenden die gewünschten Skills erwerben können. Jeder einzelne hat so seine Karriere selbst in der Hand und kann selbstbestimmter handeln.
Wald: Wie kann Cobrainer in das Personalmanagement moderner Unternehmen integriert werden? Führt dies ggf. zu Konsequenzen für HR bzw. die Personalarbeit allgemein?
Aderhold: Die Cobrainer Plattform lässt sich nathlos und intelligent in bestehende HR-Management- und Learning-Management-Systeme einbinden. Dort sammelt sie die eingespeisten Daten, wertet sie aus und gibt der Personalabteilung einen Einblick in das im Unternehmen vorhandene Skillset sowie Entwicklungsmöglichkeiten. Cobrainer fungiert daher als positive Erweiterung bzw. als Unterstützung für die Personalarbeit, denn dort kann man dank der Lösung mit weit mehr Informationen als zuvor arbeiten und somit fundiertere Personalentscheidungen fällen. Unsere Plattform spart dank der künstlichen Intelligenz zudem viel Zeit, die stattdessen in andere wichtige Tätigkeiten investiert werden kann.
Wald: In vielen Unternehmen gibt es nach wie vor Defizite bei den Skills für die Anwendung digitaler Werkzeuge. Vieles ist hier gerade im Zuge der Pandemie im „Do it yourself-Modus“ erfolgt. Kann hier der Cobrainer helfen, systematischer zu agieren?
Aderhold: Da stimme ich zu. Der Umgang mit digitalen Tools ist in den letzten Jahren immer wichtiger geworden, doch viele kommen mit dem Erlernen dieser neuen Fähigkeiten nicht hinterher. Oft ist ja nicht mal innerhalb des Unternehmens bekannt, welche Tools zur Verfügung stehen und Mitarbeitende sind sich dieser Lücken gar nicht wirklich bewusst. Cobrainer kann dabei helfen, mögliche Defizite in Sachen digitaler Skills systematisch aufzudecken. Dafür pflegen die Mitarbeiter lediglich ihre Informationen zu ihren Hard Skills in die Plattform ein. Das intelligente System ist dann in der Lage, ihnen hilfreiche Trainings- und Fortbildungsmöglichkeiten zu empfehlen, mit denen sie Skill-technisch aufholen können.
Wald: Da drängt sich auch die folgende Frage auf! Oft erkenne ich ein „Digital Divide“ in den Unternehmen – zwischen den Mitarbeitern, die digital arbeiten können und bei denen dies nicht möglich ist. Wie kann hier ggf. Cobrainer helfen?
Aderhold: Es ist wichtig, dass Unternehmen diesen „Digital Divide“ erkennen und eine Schließung der Lücken anstreben, indem sie ihren Mitarbeitern Weiterbildungs- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten bieten. Somit wirken sie dem Entstehen einer „digitalen Zweiklassenbelegschaft“ entgegen. Cobrainer kann nicht nur den Mitarbeitenden allgemein Skill-Lücken aufzeigen, sondern Unternehmen auf eine entstehende oder sich vergrößernde Kluft hinweisen, woraufhin sie entsprechend eingreifen können.
Wald: Ganz herzlichen Dank für dieses informative Gespräch. Für die Zukunft wünsche ich Ihnen und Cobrainer weiterhin viele Erfolge sowie immer zufriedene Kunden und Partner.
Aderhold: Vielen Dank, es war mir eine Freude und ich hoffe, ich konnte Ihnen und Ihren Lesern einige hilfreiche Einblicke verschaffen und das Thema Skills näher bringen!
Einige Angaben zu meinem Gesprächspartner. Hanns Aderhold wuchs in den USA, Deutschland und China auf. Er studierte Architektur an der Technischen Universität München, leitete Engineering Projekte sowohl in der EMEA- als auch in der APAC-Region und arbeitete als Analyst im Bereich Venture Capital. Hanns Aderhold ist der Mitgründer und Geschäftsführer von Cobrainer.