Interviews 2021
Diese und weitere Initiativen halte ich für sehr wichtig, um notwendige Diskussionen und das Voneinander-Lernen zu forcieren. Ich freue mich sehr auf Hinweise zu weiteren Initiativen und Ideen, die das Miteinander in HR und auch darüber hinaus stärken helfen.
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Worum geht es mir beim Rückblick auf das Jahr 2021?
Das laufende Jahr stand genau wie 2020 ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. Dabei wurde erneut deutlich, was mit Hilfe digitaler Technologien möglich und was dafür auch nötig ist. Vielen Unternehmen und mMn auch den Personalbereichen hat dieser hohe Digitalisierungsdruck gut getan. In vielen Fällen konnte HR nachdrücklich zeigen, dass es "Krise kann" und bei der Einführung neuer Arbeitsformen wie mobiler Arbeit eine Schlüsselfunktion besitzt.
Es ist jedoch anzunehmen, dass von mir am 10. Dezember 2021 mehr als nur ein Rückblick erwartet wird, ich habe mir deshalb auch Gedanken zu den künftig wichtigen Entwicklungen im HR-Management gemacht.
Vornweg: Sehr viele der relevanten Entwicklungen lassen sich recht gut mit dem Wort HYBRID beschreiben. Für mich ist dies mehr als eine Überschrift oder ein neues Buzzword, weil ich hybrid vor allem als Adjektiv verstehe, das sich auf etwas „Gebündeltes“ oder auch „Vermischtes“ bezieht. Dies kann einerseits Stärke bedeuten verweist aber andererseits auch auf mögliche Widersprüche. Erstmals aufgefallen ist mir der Begriff Hybride in einem Interview mit dem Personal-Professor Manfred Becker, der sich aus guten Gründen selbst als Hybriden bezeichnet hat. „Hybride deshalb, weil (er) sowohl über langjährige Erfahrungen in der Praxis als auch in Wissenschaft und akademischer Lehre verfüg(t).
Warum gerade mit Blick auf 2022 diese Fokussierung auf hybrid? Ich denke, dass sich hybride Situationen zunehmend häufiger finden lassen. Damit meine ich nicht nur hybride Arbeit als Wechsel zwischen der Arbeit im Büro oder Zuhause (hier geht es zu einem Wakelet mit Links zu hybrider Arbeit), sondern auch hybrides Onboarding, hybride Führung, hybride Personalarbeit bis hin zu hybriden Arbeitsmodellen und hybrider Arbeitswelt. Mittlerweile finden sich hybride Elemente in nahezu allen Prozessen des modernen Personalmanagements.
Für mich reicht Hybridität jedoch weit über diesen Kontext hinaus und betrifft auch
- das Verhältnis zwischen hybrid tätigen Wissensarbeitern und denen, die aufgrund ihrer Tätigkeit nicht hybrid arbeiten können
- eine Vielzahl von mehr oder minder flexibilisierten Arbeitsformen v.a. bezüglich Arbeitszeit und -ort und der differenzierten Beanspruchungsfolgen bei den Mitarbeitenden
- den Wechsel zwischen verschiedenen Arbeitsformen wie synchroner und asynchroner Zusammenarbeit sowie formeller und informeller Kommunikation
- den Einsatz klassischer und neuer datengestützter Entscheidungssysteme und -formen mit dem mehr oder minder umfangreichen Einsatz entsprechender IT-Systeme
- die Mitarbeitenden mit Wechselabsichten und jenen, die derzeit nicht über einen Wechsel des Arbeitgebers nachdenken.
All dies lässt erkennen, dass sich das Personalmanagement in einer zunehmend hybriden Situation befindet und hier auch eigenständige hybride Lösungen gefragt sind. Erschwert wird dies durch den sehr differenzierten Wissens- und Erfahrungsstand zu aktuellen Entwicklungen im Personalmanagement. So stoße ich immer wieder zukunftsweisende Best Practices von denen jedoch nur wenige innerhalb und außerhalb der Unternehmen wissen. Das Lernen voneinander - national wie auch international - dürfte in Zukunft weit stärker als bisher gefragt sein.
Neben dem Evergreen Digitalisierung und der laufenden Transformation vieler Personalbereiche existieren viele Einzelthemen, von denen einige im Jahr 2022 ganz oben auf der Agenda des Personalmanagements stehen werden. Dazu zähle ich deutlich zunehmende Recruiting-Anstrengungen, stärkere Berücksichtigung von Employee Experience, den wachsenden Einsatz datengestützter Lösungen bis hin zum Einsatz von Algorithmen und KI im Recruiting und in der Personalarbeit insgesamt. Sichtbar wird dies in vielfältigen Initiativen und Projekten, die mMn bald ihre Wirkung entfalten werden. Einige dieser trendsetzenden Initiativen will ich hier stellvertretend für viele andere nennen und verlinken.
- Das Wirken der „Recruiting Rebels“ zur dringend notwendigen Professionalisierung der Personalauswahl bzw. der Eignungsdiagnostik (leider immer noch keinen Webauftritt, deshalb hier ein Interview von Stefan Scheller)
- Die Initiative “Green Recruiting” von Young Targets. Hier geht es angesichts der aktuellen Situation um mehr Nachhaltigkeit im Recruiting und in HR insgesamt
- Die Aktion #MeinZiel22 für die „Bergführer des Lernens im Unternehmen" (Corporate Learning Professionals) von Karlheinz Pape
- Die (derzeit zum Teil sehr sparsamen) Aktivitäten des Ethikbeirates HRtech beim BPM und die „Richtlinien zum verantwortungsvollen Einsatz von KI in der Personalarbeit“
- Es braucht viel mehr Erfolge und Erfolgsgeschichten im Bereich Diversity und Inklusion. Dabei helfen kann die https://www.charta-der-vielfalt.de
- Die Fragen der Fairness bei Entscheidungen mit Personalbezug gewinnen an Bedeutung. Dies betrifft derzeit in erster Linie diskriminierungsfreie Entscheidungen im Recruiting aber auch bei der Personalentwicklung. Hierzu das Projekt FAIR (in Zusammenarbeit mit Case/Candidate Select).
- Zum Miteinander im Jahr 2022 gehört mMn auch die Initiative von Sabine und Alexander Kluge und dem Bundesverband der Personalmanager für ein unternehmensübergreifendes und selbstorganisiertes Programm zur Vernetzung und zum gemeinsamen Lernen mit dem Titel #WOL4HR (WorkingOutLoud für HR - Link zur Infoveranstaltung).
Alles in allem gibt es aktuell ein breites Nebeneinander von vielen interessanten Ideen, Überlegungen und bereits funktionierenden Lösungen. Künftig muss es aber, weit stärker als bisher, um den Bau von Brücken zwischen diesen Lösungen gehen. Hybridität bedeutet hier für das Personalmanagement den Einstieg in eine bewusste Bündelung der vielen Erkenntnisse und Erfahrungen, um auf dieser Basis neue Lösungen erarbeiten und einführen zu können. Dies klappt jedoch nur, wenn im Jahr 2022 aus dem häufigen Nebeneinander (endlich) ein stetes und wertschätzendes MITEINANDER wird.
]]>Wald: Lieber Herr Mollet, toll dass Sie Zeit für dieses Gespräch gefunden haben.
Mollet: Sehr gerne, ich habe mich sehr über Ihre Kontaktaufnahme gefreut!
Wald: Wie ist es Ihnen seit unserem Interview ergangen oder anders gefragt, was ist in den letzten Jahren bei Ihnen passiert?
Mollet: Seit unserem Treffen 2013 ist einiges passiert. 2016 hat XING unser Mitarbeiterempfehlungstool eqipia übernommen und in ihre Plattform integriert. Ich war danach noch bis Ende 2017 für XING tätig. Nach ein paar Monaten Auszeit habe ich 2018 begonnen, bei Great Place to Work Switzerland zu arbeiten. Ich bin bereits 2010 Mitinhaber und nun seit etwas mehr als 3 Jahren Teil des operativen Teams.
Wald: Wie sind Sie zu einem der Löwen geworden?
Mollet: Wie so vieles im Leben über das Netzwerk und Empfehlungen. Mein Mitgründer bei eqipia wurde vom Fernsehsender angefragt und hat mich dann als möglichen Löwen empfohlen.
Wald: Unsere Begegnungen in der Vergangenheit entstanden aus dem gemeinsamen HR-Background. Wie können Sie als „Löwe“ an diese HR-Erfahrungen anknüpfen?
Mollet: Ich hatte eigentlich immer zwei Hüte auf. Einerseits den des HR-Experten, andererseits den des Startup-Gründers und Investors. Mein HR-Knowhow hilft mir bei der Wahl meiner Investments nicht direkt. Aber natürlich lege ich sehr viel Wert auf das Team und versuche, nach einem Investment die "HR-Themen" zu forcieren.
Wald: Wie wird es mit Ihnen weitergehen? Ihr Themenbereich geht bekanntermaßen weit über die Tätigkeit als TV-Löwe hinaus. Können Sie uns etwas über Ihre Pläne berichten?
Mollet: Ich habe ehrlich gesagt schon lange aufgehört, wirkliche Pläne für meine Zukunft zu schmieden. Auch so eine Anfrage wie für die Höhle der Löwen hätte ich nicht planen können. Deshalb bin ich ebenso gespannt auf die nächsten Überraschungen, die das Leben für mich bereit hält.
Wald: Ganz herzlichen Dank für das Gespräch, lieber Herr Mollet. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, eine glückliche Hand bei den Investments und natürlich auch viele interessierte Zuschauerinnen und Zuschauer.
Mein Gesprächspartner, Patrick Mollet, ist seit mehr als 20 Jahren als Unternehmer und Investor tätig und hat in dieser Zeit mehrere Unternehmen gegründet. Der HR-Bereich und die Themen Recruiting und Employer Branding haben es ihm dabei besonders angetan. Zu diesen Themen hat er eine Vielzahl von Artikeln geschrieben, Vorträge gehalten und Interviews gegeben. "Future of Work" ist seine Leidenschaft. Patrick Mollet ist getrieben von der Frage, wie wir künftig arbeiten werden. Als Unternehmer experimentiert er laufend und sammelt dabei selber Erfahrungen mit neuen Formen der Arbeit. Diese publiziert er auf seinem YouTube-Kanal unter youtube.patrickmollet.ch.
]]>Peter: Bereits vorab herzlichen Dank an Dich, lieber Henryk, dass ich Dir einige Fragen zu den Entwicklungen der letzten Zeit und hier natürlich auch zu justappl.ai stellen kann.
Henryk: Herzlichen Dank zurück für die Gelegenheit, ein Update von uns und unseren Recruiting Lösungen zu geben.
Peter: Vornweg: Wie ist es Dir und LogOn in der Zeit nach dem WeihnachtsSpecial 2018 ergangen? Ich erinnere mich gut an den damals von Dir vorgestellten virtuellen Recruiter!
Henryk: Auch wir konnten uns Corona und deren Auswirkungen nicht entziehen. Wenn Krisen die Wirtschaft beeinflussen, leiden auch Recruiting sowie Lösungen und Dienstleister rund um das Recruiting unter den Auswirkungen. Dennoch haben wir die Zeit nicht nur gut überstanden, wir haben unsere Produkte auf das nächste Level gehoben und mit justappl.ai eine Lösung für den Bewerbungsprozess erfolgreich in den Markt gebracht, der Kandidat:in und Recruiter:in unterstützt, schnell und smart zusammenzufinden.
Peter: Bevor wir darüber sprechen. Seit unserer letzten Begegnung gab es einige interessante Entwicklungen im Bereich KI und Recruiting. Welche waren hier aus Deiner Sicht besonders relevant?
Henryk: Insbesondere die Prozesse für Suche, Finden und Bewerbung standen und stehen offensichtlich im Focus der KI-basierten Entwicklung. Es geht dabei besonders um die datenbasierte Unterstützung der Beteiligten im Recruiting Prozess - Bewerbende wie auch Recruiter:innen -, um beiden Seiten Handlungsempfehlungen für die genannten Prozessschritte zu geben. Ich vergleiche dies gern mit dem Navi-System im Auto: Hierbei gebe ich mein Zeil ein und das System gibt mir Handlungsempfehlungen, wie ich das Ziel schnell, direkt oder sparsam erreiche. Übersetzt auf unsere Technologie bedeutet es: Der Kandidat/die Knadidatin interagiert mit unserem dynamischen justappl.ai Bewerbungs-Chat und bekommt dabei Tipps, Handlungsempfehlungen und Feedback für eine bessere und erfolgreichere Bewerbung. Und das HR-Team bekommen alle Informationen für eine schnelle und gute Entscheidung.
Peter: Es ist zu beobachten, dass sich sowohl die Unternehmen als auch die einschlägig bekannten Jobportale derzeit mit KI-Lösungen „aufrüsten“.
Henryk: Ja, das stimmt. Diesen Trend der technologischen Aufrüstung beobachten wir schon länger. Es geht im Recruiting eben nicht mehr um vordergründige Reichweite und Klicks. Es geht vielmehr darum, wer technologieunterstützt die besten und geeignetsten Bewerber:innen liefert. Und genau diese Herangehensweise erfordert leistungsfähige, langjährig trainierte und natürlich auch transparente Algorithmen, die autonom auf Basis der vorliegenden Daten die richtigen Schlüsse und Handlungsempfehlungen zur Verfügung stellen. Der Mensch - Recruiter wie auch Kandidat - entscheidet dann auf Basis dieser Empfehlungen über die weitere Vorgehensweise. Eben wie ein Navi-System…
Peter: Bei Deinem Input in der erwähnten Lehrveranstaltung hast Du neben allgemeinen Aussagen zu Trends im Bereich KI und Recruiting insbesondere auf die hier bereits erwähnte Lösung justappl.ai verwiesen. Was steckt genau dahinter?
Henryk: justappl.ai ist unsere mobil optimierte Bewerbungs- (Web)App, die den Bewerbenden alle Möglichkeiten und Tools an einer Stelle bietet, sich leicht, schnell und erfolgreich zu bewerben. Mit justappl.ai bekommt unsere Kundschaft bessere Informationen zu den Bewerbenden für eine schnelle und richtige Vorauswahl und erhöhen damit auch die Performance ihrer Stellenanzeigen durch besseres Candidate Engagement und bessere Conversion Rate. Zu den innovativen Funktionalitäten gehören u.a. auch das direkte Feedback an den Kandidaten oder die Kandidatin schon während des Bewerbungsprozesses, dynamisch ausgespielte Tipps zur Bewerbung, ein CV Schnellcheck und der Matchüberblick mit Interviewfragen für die Personalentscheidenden.
Peter: Kannst Du bitte die Funktionsweise etwas genauer beschreiben.
Henryk: justappl.ai ermöglicht die Digitalisierung und Automatisierung des Bewerbungsprozesses. justappl.ai erstellt sich automatisch aus den Informationen der Stellenbeschreibung und steht den Kunden als digitale Bewerbungs- (Web)App zur Verfügung. justappl.ai kann einfach und nahtlos in alle Stellenanzeigen, Social Media Kampagnen, Landigpages oder auch Print-Anzeigen integriert werden. Neben der Verbesserung der Bewerber:innen Conversion sorgt justappl.ai durch die im Hintergrund (unauffällig und unaufdringlich) arbeitende KI gleichzeitig für eine bessere Informationsqualität und erleichtert beiden Seiten die Vorentscheidungen.
Peter: Wie kann ich mir dies aus Sicht eines Bewerbenden konkret vorstellen?
Henryk: Mit der Aktivierung des justappl.ai Links durch Anklicken in der Stellenausschreibung startet der Bewerbende seinen individuellen Bewerbungs-Chat, hat Zugriff auf alle Stelleninformationen, bekommt Tipps für eine bessere Bewerbung, kann Dokumente wie z.B. den Lebenslauf laden und kann somit eine optimale Bewerbung innerhalb von 2 Minuten zusammenstellen und absenden. Gleichzeitig bekommt der Bewerbende Feedback zu seiner Bewerbung und Fragen, die mit dem Unternehmen zu klären sind.
Peter: Welche Kunden spricht LogOn mit justappl.ai an?
Henryk: justappl.ai ist für alle Auftraggebenden geeignet, die einen schnellen, innovativen und hürdenfreien Bewerbungsprozess anbieten möchten. Ob Blue Collar oder White Collar, ob Social Media Kampagnen oder klassische Stellenanzeigen, justappl.ai kann universell eingesetzt werden und soll zukünftig einen Standard für einfache und erfolgreiche Bewerbung schaffen.
Peter: Wie wird es mit justappl.ai in Zukunft weitergehen?
Henryk: Wir sind seit dem Produktlauch Anfang September sehr erfolgreich in den Vertrieb gestartet und konnten Kunden über alle Branchen ansprechen und gewinnen. Für die folgenden Monate sind weitere integrierte Module in der Umsetzung, um u.a. das Suchen von Jobs oder das Empfehlen von Kandidaten und Kandidatinnen zu ermöglichen.
Peter: Lieber Henryk, herzlichen Dank für dieses Gespräch. Ich wünsche Dir und justappl.ai viel Erfolg und jederzeit zufriedene Kunden und freue mich auf ein Wiedersehen in Leipzig.
]]>In diesem Sinne hat mich die Kontaktaufnahme von Simone gefreut, denn ich denke, dass sie meinen Lesern und Leserinnen Einblicke in eine neue Art der Vermittlung digitaler Kompetenzen verschaffen kann. Mit ihrem Community-Ansatz geht sie dabei einen eher ungewöhnlichen aber mMn Erfolg versprechenden Weg. Ich freue mich sehr, dass ich Simone als Interviewgast im Leipziger HRM-Blog begrüßen kann.
Peter: Vielen Dank bereits an dieser Stelle dafür, dass ich Dir einige Fragen zu Deiner Sichtweise und Deinen Aktivitäten im Bereich der Vermittlung digitaler Kompetenzen stellen kann. In einem Interview mit Shirley Sheffer habe ich in diesem Zusammenhang erstmals den Begriff Digital Fluency benutzt und im Sinne digitaler Kompetenzen interpretiert. Wie ich verstanden habe, interpretierst Du Digital Fluency als Denkweise. Könntest Du hier bitte Dein Verständnis des Begriffes erläutern?
Simone: Ich war schon immer fasziniert von der treibenden Kraft neuer Technologien. Diese Faszination wurde noch stärker als ich vor über 10 Jahren mit einem Koffer und einer Idee in San Francisco gelandet bin. Dort war ich plötzlich von so vielen großartigen Innovatoren umgeben, wie beispielsweise den Gründern von Airbnb, die unsere Zukunft neu erfinden. Wenn Du jeden Tag von Menschen umgeben bist, die unsere Welt aktiv zum Besseren gestalten wollen, dann fängst du plötzlich auch an Technologien besser verstehen zu wollen und zu nutzen. Du siehst die großen Herausforderungen dieser Welt und versuchst mit kreativen Wegen eine Lösung für diese Probleme zu finden. Ich nenne das Digital Fluency, eine Denkweise die jeder erlernen kann. Mittlerweile muss man hierfür auch nicht mehr extra nach Silicon Valley reisen, sondern kann das bequem von Zuhause aus trainieren.
Peter: Bei der Vermittlung von Digital Fluency gehst Du einen neuen Weg. Wie bringst Du Digital Fluency und Community-Building zusammen? Was verbirgt sich hinter dem MatchlabN Approach?
Simone: In den letzten Jahren konnte ich verstärkt beobachtet, dass die Geschwindigkeit der Entwicklung und Einführung neuer Technologien extrem zugenommen hat und neben dem Silicon Valley viele weitere Startup-Hotspots in der ganzen Welt entstanden sind. Um wirklich zu verstehen, in welche Richtung sich unsere Welt in Sachen Technologien entwickelt, müsste man eigentlich kontinuierlich um die ganze Welt reisen. Dies ist natürlich aus Kosten-, Zeit- und Nachhaltigkeits-Gründen nicht möglich. Zudem denke ich sehr viel über Diversität, Inklusion und Gerechtigkeit am Arbeitsplatz nach. Ich hatte mich damals gefragt, ob der digitale Mindset im Unternehmen wirklich vorangetrieben werden kann, wenn nur das Top-Management Zugang zu meinen Leadership-Programmen in Silicon Valley hat. So ist bereits Ende 2019 die Idee eines community-getriebenen Konzeptes entstanden, das virtuell Mitglieder aus verschiedenen Hierarchieebenen und Unternehmen in einem Netzwerk zusammenbringt und mit Innovatoren aus der ganzen Welt verbindet. Das Ziel ist es, jeden Einzelnen in einen Innovations-Agenten zu transformieren. Durch kollektive Intelligenz entsteht praxisrelevanter Content, der tagesaktuell ist und mit der rasanten Geschwindigkeit der Technologien mithalten kann. Als die Pandemie uns allen über Nacht bewiesen hat, dass virtuelles Arbeiten funktioniert, war der perfekte Zeitpunkt gekommen, um MatchlabN zu launchen.
Peter: Mit diesem Ansatz soll auch die Kultur der Gleichberechtigung am Arbeitsplatz erreicht werden. Wie kann ich mir dies vorstellen?
Simone: Das Besondere an Digital Fluency ist, dass es nicht vom Alter oder einem Business-Titel abhängig ist. Ein Werkstudent*in kann durchaus ein höheres Level haben als seine Vorgesetzten. Zudem können diese Innovations-Agenten in allen Abteilungen zu finden sein. Führungskräfte und HR müssen daher neue Wege gehen, diese oftmals versteckten Talente im Unternehmen zu suchen und sie anschliessend zu fördern. Da Digital Fluency eine neue Denkweise ist, die neben der digitalen Gewandtheit auch einzigartige, menschliche Fähigkeiten wie Kreativität, kritisches Denken und emotionale Intelligenz miteinander verbindet, sehe ich vor allem bei Frauen, bereits nach kurzer Zeit tolle Erfolge. Die neu gewonnene digitale Kompetenz hilft nicht nur dabei kontinuierlich neue Ideen für den eigenen Arbeitsplatz zu entwickeln, sondern fördert auch die eigene Produktivität und den Aufbau eines weltweiten Netzwerkes. Dies führt bei den Frauen zu mehr Selbstbewusstsein, Sichtbarkeit und Wertschätzung im Unternehmen und oftmals zu einer Beförderung.
Peter: Du bist im Silicon Valley unterwegs. Wie steht es hier um Digital Fluency? Haben die Führungskräfte hier per se eine ausgeprägte digitale Kompetenz oder anders gefragt sind hier alle digital fluent?
Simone: Die meisten Menschen in Silicon Valley sind extrem technologieaffin und haben eine sehr ausgeprägte digitale Kompetenz, was aber nicht zwingend heißt, dass alle Menschen dort digital fluent sind. Digital Fluency ist mehr als nur digital kompetent zu sein. Ein Coder in Silicon Valley mag zum Beispiel eine sehr hohe digitale Kompetenz im Bereich Künstlicher Intelligenz haben, aber wenn es um den Einsatz der Technologie geht, dann fehlt dieser Person eventuell die Kreativität, Empathie oder die richtigen Kontakte, um das Produkt erfolgreich zu machen. Ich spreche in der Community von “Connecting the Dots” - das sind Menschen, die nicht nur Punkte um sich herum sehen, sondern auch außerhalb ihres Blickfeldes und diese anschließend verbinden können.
Peter: Du schreibst, dass die Entwicklung von Digital Fluency wie das Lernen einer Sprache ist. Könntest Du dies etwas näher erläutern?
Simone: Viele haben erkannt, dass Digital Fluency wichtig ist, aber wie kann man es trainieren? Es ist nicht ein Projekt mit einem Ziel, dass man irgendwann einmal erreicht und sich dann auf seinen Lorbeeren ausruhen kann. Es ist ein Mindset, das man ständig trainieren muss. Deswegen mag ich auch den Vergleich mit dem Erlernen einer Sprache, den Jennifer Sparrow, Deputy Chief Information Officer an der Penn State Universität in einem Interview getätigt hat. Um Lesen und Schreiben in einer neuen Sprache zu lernen muss man erstmal seine Vokabeln lernen bevor man diese dann zu Sätzen zusammenfügen kann. Wer diese Stufe erreicht hat, kann anfangen diese Wörter kreativ miteinander zu kombinieren und zu etwas Neuem zusammenzufügen, wie etwa zu einem Gedicht oder eine fliessenden Konversation. Ähnlich kann man dieses Beispiel auch auf Digital Fluency und Technologien übertragen. Zunächst muss man verstehen welche Technologien derzeit auf dem Markt sind, welche Merkmale sie aufweisen und wie sie in der Praxis eingesetzt werden. Hat man diese Stufe erreicht, dann sprechen wir von “Digital Literacy”. Menschen, die digital fluent sind, gehen dann noch einen Schritt weiter. Sie fangen an diese Technologien kreativ miteinander zu kombinieren, um einzigartige Lösungen für ihre Probleme zu finden.
Peter: Was sind aus Deiner Sicht die größten Unterschiede beim Umgang mit digitalen Kompetenzen zwischen Deutschland und den USA?
Simone: Ich beobachte vor allem hier in Kalifornien, dass der technologische Fortschritt als etwas Positives wahrgenommen wird und weniger Ablehnungshaltung vor allem bei der Generation ab 40 herrscht. Viele Ideen werden einfach mal ausprobiert und ständig angepasst. Selbst Schulen haben sich während der Pandemie wie Privatunternehmen innerhalb weniger Wochen zu digitalen Hybrid-Formaten transformiert. Dieser positive Umgang, den sowohl Lehrer als auch Eltern vorleben, hilft Kindern und Teenager bereits früh dabei sich zu "Digital Citizen" zu entwickeln, die einen authentischen und positiven digitalen Fußabdruck im Internet hinterlassen wollen.
Peter: Wie steht es in diesem Kontext um die Social Skills?
Simone: In der Pandemie ist uns schnell bewusst geworden wie wichtig Social Skills sind und wie schnell sie auch beim Remote Arbeiten vergessen werden können. Empathie, aktives Zuhören, Kollaboration und Kommunikation sind Fähigkeiten, die wie Digital Fluency ständig trainiert werden müssen. Hier in Kalifornien fängt das bereits im Kindergarten an. Mindfulness ist als Fach, neben Kreativität und problembasiertes Arbeiten in Teams, fest in den Stundenplan integriert. So werden Kinder gut auf die neuen Job-Anforderungen der Zukunft vorbereitet, denn Social Skills werden immer wichtiger werden. Diese einzigartigen menschlichen Fähigkeiten machen uns im Vergleich zu Robotern und Maschinen unersetzbar.
Peter: Eine Frage zu Deiner persönlichen Entwicklung. Wie bist Du zum Digital Fluency Pioneer geworden?
Simone: Seit über einem Jahrzehnt beschäftige ich mich mit dem Thema, wie Menschen digitaler werden können. Aus der Praxis heraus habe ich innovative Lernkonzepte für Unternehmen, Verbände und Universitäten entwickelt wie etwa den “Innovation Journey” in Silicon Valley. In den letzten Jahren ist zudem verstärkt der Digital Fluency Mindset-Gedanke hinzugekommen und auch die Erkenntnis, dass es vielmehr als Metakompetenz verstanden werden muss. Ich sehe mich selbst als eine "Pionierin", da ich ständig experimentiere, neue Dinge dazu lerne und mich mit anderen Gleichgesinnten austausche. Viele reden darüber, dass "Digital Fluency" der Skill der Zukunft ist, aber wenige beschäftigen sich damit, wie man diese Denkweise in der Praxis erlernen kann oder wie man den Erfolg misst. Zusammen mit der MatchlabN Community versuche ich Antworten auf diese Fragen zu bekommen, um noch mehr Menschen fit für unsere digitale Zukunft zu machen.
Peter: In meinem Umfeld erfahren derzeit die hybride Lösungen einen Hype. Kommt es dadurch zu geänderten Anforderungen an die digitalen Kompetenzen?
Simone: Hybride Lösungen sind mit Sicherheit auch in Zukunft weiter gefragt, denn sie verbinden die Vorteile aus beiden Welten, wenn man sie richtig aufsetzt. Während wir früher die IT-Abteilung angerufen oder Agenturen und Berater für digitale Projekte beauftragt haben, bleibt in Zukunft keine Zeit mehr. Erwartet wird, dass jeder selbst zum Innovations-Agenten in seinem Bereich wird. Neben digitalen Kenntnissen, werden Kommunikation, Kollaboration und emotionale Intelligenz mit Sicherheit an Wichtigkeit zunehmen. Die Herausforderung wird sein, wie man es schafft neben einem Full-Time Job auch noch oben auf der Technologie-Welle mitzuschwimmen.
Peter: Liebe Simone, ganz herzlichen Dank für dieses Gespräch. Ich wünsche Dir viele und anhaltende Erfolge und sende viele herzliche Grüße über den großen Teich.
Meine Gesprächspartnerin Simone Lis hat an der Universität Regensburg BWL mit Schwerpunkt Innovations- und Technologiemanagement studiert. Vor über 10 Jahren ist die gebürtige Schwäbin mit einem Koffer und einer Idee in San Francisco angekommen. Gegen den guten Rat ihrer Familie hat sie ihre sichere Karriere in Deutschland hinter sich gelassen und eine neue Existenz in Kalifornien aufgebaut. Simone bringt deutsche CEOs ins Silicon Valley, um sie dort mit innovativen Unternehmen und Start-ups zu vernetzen. In der Pandemie hat sie zusätzlich das community-getriebene Netzwerk MatchlabN aufgebaut, in dem sie - beginnend mit einer Masterclass - einzigartige, menschliche Fähigkeiten wie Kreativität, kritisches Denken, emotionale Intelligenz sowie digitale Gewandtheit entwickelt - oder wie sie es nennt: Digital Fluency. Derzeit skaliert sie weltweit und möchte vor allem Frauen in Unternehmen begeistern, mit ihr zusammen Digital Fluency gezielt zu entwickeln.
]]>Nicht zuletzt deshalb, weil das Thema Arbeitszeit für mich ein Evergreen betrieblicher Personalarbeit mit vielen ungelösten Fragen ist. Dies betrifft sowohl die mMn viel zu wenig genutzten Gestaltungsmöglichkeiten als auch die ständig wiederkehrenden Konfliktpotenziale in den Unternehmen und Organisationen. Dabei bin ich mir sicher, dass bislang - insbesondere bei gewerblichen Mitarbeitenden - nur ein kleiner Teil der Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Arbeitszeit genutzt werden. „Altbewährte“ Handlungsmuster stehen dabei oftmals einer spürbaren Flexibilisierung der Arbeitszeit im Weg. Ich freue mich, dass ich hier mit Guido Zander zum Buch aber auch zu den Potenzialen einer modernen Arbeitszeitgestaltung diskutieren kann.
Wald: Lieber Herr Zander, ich freue mich, dass ich mit Ihnen über die Fragen einer modernen Arbeitszeitgestaltung und Personaleinsatzplanung sprechen kann. Bereits vorab herzlichen Dank für dieses Gespräch.
Zander: Sehr gerne, ich freue mich hier zu sein!
Wald: Vornweg eine Frage, die mich seit geraumer Zeit bewegt. Wie sind Sie persönlich zum Thema Arbeitszeitmanagement gekommen?
Zander: Das war eher zufällig. Ich hatte Wirtschaftsinformatik studiert und suchte nach einem Job, bei dem ich mein Know-how aus IT und BWL gleichermaßen einbringen konnte. Und dann habe ich mich auf einen Job beworben, bei dem es darum ging, ein Zeiterfassung- und Personaleinsatzplanungssystem bei Kunden zu installieren, zu customizen und zu schulen. Das war der erste Kontakt zu Arbeitszeit. Später war ich dann Bereichsleiter des Beratungsbereichs und Mitglied des Managements dieses Softwarehauses und habe gemerkt, dass sich viele Unternehmen dem Thema Flexibilisierung über den Kauf einer Software genähert haben. Bei der Einführung war dann aber nichts klar. Keiner wusste, wie man planen möchte, oft gab es noch nicht mal eine Betriebsvereinbarung, die eine flexible Planung ermöglichte. Daraufhin hatten mein Kollege Dr. Burkhard Scherf und ich uns umgesehen und gemerkt, dass es außerhalb der Softwarebranche niemanden mit diesem spezifischen Know-how gab, der das unabhängig beraten kann. Das hat dann schließlich 2004 zur Gründung der SSZ Beratung geführt.
Wald: Ist das Thema Arbeitszeit auf Dauer nicht sehr aufreibend?
Zander: Ja, in der Tat, Projekte zur Veränderung von Arbeitszeit sind aus Change Management-Sicht Champions League, weil letztendlich jeder einzelne Mitarbeitende betroffen ist und sehr individuell auf das Thema blickt. Auf der anderen Seite bietet das Thema die Möglichkeit die Lebenssituation bzw. die Work-Life-Balance der Beschäftigten nachhaltig zu verbessern und gleichzeitig Unternehmen wettbewerbsfähiger zu machen. Mit welchem anderen Thema kann man das sonst noch erreichen? Und in letzter Zeit nimmt auch die Offenheit zu, neue Wege zu gehen. Das macht richtig Spaß.
Wald: Woran liegt es aus Ihrer Sicht, dass sich viele Unternehmen schwer damit tun, ein modernes Arbeitszeitmanagement zu praktizieren? Liegt es daran - wie es oft kolportiert wird - dass die Mitarbeitervertretungen hier nicht „mitspielen“?
Zander: Das wäre etwas zu einfach gegriffen. Letztendlich erleben wir zuweilen Blockaden von allen Stakeholdern. Vom Top-Management, das sich schwer tut von veralteten Führungs- und Menschenbildern abzurücken, den Führungskräften, die Angst vor Kontrollverlust haben und den Mitarbeitenden, die ihr gesamtes Privatleben um das aktuell existierende Arbeitszeitmodell organisiert haben und schon allein deshalb erst einmal keine Veränderung wünschen, selbst wenn das neue Modell viele andere Vorteile hätte. Und ja, natürlich gibt es dann auch Betriebsräte, die sehr am Status Quo hängen oder sich schwertun, neue Wege zu beschreiten. Es wäre aber falsch, das nur an den Betriebsräten festzumachen. Im Gegenteil mittlerweile kommen zunehmend Betriebsräte auf uns zu, weil sie sich modernere Arbeitszeitmodelle für ihr Unternehmen wünschen.
Wald: Wie können aus Ihrer Sicht, Führungskräfte zu einer höheren Akzeptanz moderner Lösungen zur Arbeitszeit bewegt werden?
Zander: Indem man die Lösungsansätze jenseits des Status Quo klar aufzeigt. In vielen Fällen kennen die Führungskräfte nur die vorherrschenden Modelle wie Gleitzeit oder simple Schichtpläne. Die aktuell weit verbreiteten Arbeitszeitmodelle haben einen großen Vorteil: sie sind einfach zu verwalten. Einen einfachen Schichtplan kann man in ein Zeiterfassungssystem hinterlegen oder per Excel administrieren. Und alle komplexeren Modelle werden erst gar nicht in Betracht gezogen, weil man die vermeintlich nicht administrieren kann. Die meisten wissen gar nicht, dass es mittlerweile Softwaresysteme für Personaleinsatzplanung gibt, die die Verwaltung komplexerer Modelle ermöglichen. Wenn man dann die Lösungs- und Umsetzungsmöglichkeiten zeigt, dann nimmt auch die Offenheit dafür zu. Hilfreich ist auch der Start mit einem Pilotbereich, in dem man zeigen kann, dass es wirklich funktioniert. Dann kommen in der Regel die anderen Bereiche und wollen das auch haben.
Wald: Jetzt haben wir bislang nur über das Thema Arbeitszeit gesprochen. Wie steht es um die Verbindung zur Personalplanung bzw. dem sogenannten Workforce Management.
Zander: Workforce Management besteht aus den Themen Personalbedarfsermittlung, Personaleinsatzplanung, Disposition, Zeitwirtschaft und Controlling. Man muss sich das als Kreislauf vorstellen. Man ermittelt und prognostiziert einen Bedarf. Gegen diesen Bedarf werden dann die Mitarbeitenden im Rahmen ihres Arbeitszeitmodells und der Qualifikation verplant. In der Disposition wird kurzfristig auf Änderungen wie z.B. kurzfristige Bedarfsschwankungen und Krankmeldungen reagiert. Das Ist wird dann in der Zeitwirtschaft erfasst und im Controlling wertet man aus, inwieweit die Bedarfsprognose und die Personaleinsatzplanung gut oder schlecht war, um daraus zu lernen und es in der Zukunft besser zu machen.
Wald: Im Buch beschreiben Sie das sogenannte New Workforce-Management? Was ist daran neu?
Zander: Klassisches Workforce Management hatte lange Zeit nur die Wirtschaftlichkeit im Blick, letztendlich ging es darum, die Mitarbeitenden möglichst effektiv einzusetzen, um Überstunden oder Leerzeiten zu reduzieren. Die Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeitenden spielten nur eine untergeordnete Rolle. Die wurden unter Wahrung bestimmter Regeln mehr oder weniger zentral verplant. NEW WORKforce Mangement ist eine Mischung aus New Work und Workforce Management. New Work allerdings nicht verstanden als Bällebad und alle können machen was sie wollen, sondern als das was Frithjof Bergmann gemeint hat: Eigenverantwortung, Selbstorganisation und Freiheit. In Bezug auf das Thema Arbeitszeit heißt das, dass Mitarbeitende mehr Einfluss auf die Gestaltung der eigenen Arbeitszeit bekommen sollen. Dies allerdings eingebettet in den betrieblichen Kontext des Workforce Management, bei dem die betriebliche Bedarfsdeckung, die Erfüllung der Kundenwünsche und die Einhaltung von Liefer- und Reaktionsfristen eine Rolle spielen. Bei NEW WORKforce Management geht es nicht mehr um das eine Arbeitszeitmodell, sondern um einen Werkzeugkasten, mit dem für die individuellen Bedürfnisse eines Unternehmens ein Arbeitszeitsystem aus unterschiedlichsten Arbeitszeitmodellen entwickelt wird. Bausteine sind unterschiedliche Arbeitszeitmodelle für Voll- und Teilzeit mit unterschiedlichen Flexibilitätsgraden, die je nach Lebensphase gewählt werden können, ergänzt ggf. um ein Lebensarbeitszeitkonto. Dazu kommen unterschiedliche Prozesse zur Personaleinsatzplanung, von der flexiblen Schichtplanung über Wunschdienstpläne bis hin zur Gruppenarbeit, in dem die Planung anhand vorgegebener Bedarfe weitgehend selbstorganisiert durch die Mitarbeitenden passiert. Und letztendlich spielt natürlich auch der Arbeitsort eine Rolle, d.h. inwieweit ist zur Erfüllung der einzelnen Tätigkeiten Präsenz notwendig. Dieser Ansatz ist im Übrigen sehr detailliert in unserem Buch beschrieben, das Sie vorhin erwähnt haben.
Wald: Eine wichtige Frage zum Abschluss. Was sollte ich meinen Studierenden zum Thema Arbeitszeit mitgeben? Welche Themen werden in Zukunft bedeutsam sein? Sind hier neue Entwicklungen absehbar
Zander: Wir werden erleben, dass auch hier die Digitalisierung in Form eines Enablers eine immer größere Rolle spielen wird. Durch BigData-Analysen wird es immer besser möglich Kundenverhalten und damit auch anfallende Bedarfe zu prognostizieren und mit steigender Prognosesicherheit kann man den Mitarbeitenden auch mehr Planungssicherheit in der Arbeitszeit geben. Über Apps und dezentrale Kommunikation wird die eigenverantwortliche Planung und damit der Einfluss auf die eigene Arbeitszeit immer besser möglich werden. D.h. zur Organisation muss man nicht in Präsenz gleichzeitig vor einem Board stehen, sondern man kann sich asynchron von zu Hause abstimmen. Und die Themen Planungssicherheit und Einfluss auf die eigene Arbeitszeit bzw. innovative Arbeitszeitmodelle werden zukünftig eine immer größere Rolle spielen, wenn es um Arbeitgeberattraktivität und das Halten bzw. Recruiting von Beschäftigten geht. Basis für attraktive Arbeitszeitsysteme ist aber auch, dass sich Unternehmenskulturen weg vom Misstrauen gegenüber den Mitarbeitenden hin zu mehr Vertrauen bewegen. Das ist in einigen Unternehmen noch ein weiter Weg.
Wald: Vielen Dank für unser Gespräch und für Ihre Geduld, meine teils sehr langen Fragen zu beantworten. Ich wünsche Ihnen weiterhin viele Erfolge und vor allem aufgeschlossene Klienten.
Zander: Vielen Dank für die guten Fragen, es war wie immer sehr angenehm.
Mein Gesprächspartner Guido Zander hat Wirtschaftsinformatik an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg studiert und ist seit 2005 geschäftsführender Partner der SSZ Beratung. Seit über zwei Jahrzehnten berät er gemeinsam mit Dr. Burkhard Scherf Unternehmen und Organisationen verschiedener Größen und Branchen zu Fragen des Umgangs mit Arbeitszeit und der Personalplanung. Er gilt deutschlandweit als einer der führenden Experten auf dem Gebiet Arbeitszeitmanagement. Sein Buch „NewWorkforce Management – Arbeitszeit human, wirtschaftlich und kundenorientiert gestalten“, das er gemeinsam mit Dr. Burkhard Scherf geschrieben hat, ist im April diesen Jahres erschienen und ist regelmäßig in den Top 100-Büchern des Personalmanagements zu finden. Auf Amazon wurde es in einer Rezension u.a. als „das beste Buch im deutschsprachigen Raum“ zum Thema Arbeitszeit bezeichnet.
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Peter: Vornweg ganz herzlichen Dank für die Möglichkeit mit Dir über den Leitfaden und natürlich auch über andere HR-Themen zu sprechen.
Stefan: Sehr gerne, lieber Peter. Ich freue mich immer total, wenn vertieftes Interesse an den von mir publizierten Themen besteht. Insofern gilt mein Dank Dir für diese Einladung auf Deinen Blog.
Peter: Gab es neben der Corona-Pandemie ggf. auch weitere Gründe, dass Du Dich mit dem Thema Homeoffice/mobiles Arbeiten in Form eines umfangreichen Leitfadens beschäftigt hast?
Stefan: Seit Anfang 2020 habe ich die Corona-Pandemie weitgehend konstant für über 75 Wochen im Homeoffice verbracht. Tag für Tag, zu Lockdown-Zeiten mit nur 45 Minuten pro Woche Einkaufszeit unter Menschen in 3D. Ansonsten in virtueller Isolation. Oder eben auch nicht. Je nach Sichtweise. Das hat mich doch sehr geprägt. Es war also nur ein kleiner Schritt zur Zusage, darüber ein Fachbuch zu schreiben. Unabhängig davon war mir aber klar, dass dieses Thema unter der Flagge New Work weiter medial an Gewicht erhalten wird.
Peter: Es ist hervorzuheben, dass im Leitfaden eine Klarstellung der Begriffe Telearbeit, Mobile Arbeit, Mobile Office und FlexWork erfolgt. Hier gibt es erfahrungsgemäß in vielen Unternehmen nach wie vor Unklarheiten. Woran liegt aus Deiner Sicht die Unsicherheit beim Umgang mit diesen Begriffen?
Stefan: Hier kann ich nur Vermutungen anstellen. Tendenziell leben wir in Deutschland in einer starken Präsenzkultur mit einer Zuspitzung bis hin zum „Präsenzfetisch“. Es gab in den meisten Unternehmen vergleichsweise wenige Menschen, die vor der Pandemie schon remote ans Unternehmen angebunden arbeiten konnten. Wenn man dann noch sieht, dass diese Möglichkeit vielfach als eine Art Benefit oder gar als Incentive betrachtet wurde und die Hürden bei der Verargumentation zur Notwendigkeit von mobiler Arbeit entsprechend hoch waren, wundert es mich nicht, wenn sich Personalverantwortliche vor Corona wenig mit den Begrifflichkeiten auseinandergesetzt haben.
Peter: Beim Lesen ist mir aufgefallen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen und Rechtsgrundlagen für das mobile Arbeiten im Leitfaden recht breiten Raum einnehmen. Auch die Ausführungen zu den kollektivrechtlichen Aspekten im letzten Kapitel sind wichtig und durchweg gelungen. Ich bewerte dies als sehr gut, weil erfahrungsgemäß oft die damit zusammenhängenden Details für anhaltende Diskussionen in den Unternehmen sorgen.
Stefan: Wir haben die rechtlichen Aspekte u.a. deswegen so betont, weil wir uns mit dem Praxisleitfaden auch an Steuerkanzleien, Rechtsanwaltskanzleien oder Wirtschaftsprüfungskanzleien wenden wollten. Zudem sind überdurchschnittlich häufig Jurist:innen in der Rolle als Personalleiter:in tätig. Dort wird tendentiell stark in Leitplanken und rechtlichen Rahmenbedingungen gedacht. Das merke ich an mir selbst auch. „Wünsch-Dir-was“-Szenarien im Rahmen von „New Work Romantik“ aufzubauen, die dann an den rechtlichen Rahmenbedingungen scheitern, kann sich heute aber kein Unternehmen leisten. Rechtliche Rahmenbedingungen lassen sich allenfalls wohlwollend auslegen und interpretieren, aber bei der professionellen Ausgestaltung von mobiler Arbeit keinesfalls ignorieren. Das Schöne: Auch wenn es anfänglich nicht so schien, ist professionelles mobiles Arbeiten auch unter den heutigen rechtlichen Gegebenheiten möglich.
Peter: Neben den rechtlichen Aspekten geht es im Leitfaden auch um die vielfältigen organisatorischen Themen wie Fragen der Arbeitszeit bei mobiler Arbeit. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an die sehr erfrisschende Diskussion mit Gunnar Sohn (Digital X) zum Thema Arbeitszeit im Homeoffice. Was empfiehlst Du Unternehmen, um hier rechtlich korrekt zu agieren?
Stefan: Da ich meine Rechtsanwaltszulassung vor einigen Jahren zurückgegeben habe, muss ich mich mit juristischen Empfehlungen etwas zurückhalten. Aber aus meiner Sicht hilft es, auf den jeweiligen Schutzzweck der einzelnen Rechtsvorschriften zu fokussieren. Arbeitszeitregelungen dienen in erster Linie dem Schutz der Beschäftigten vor Überarbeitung. Eine auch heute noch mehr als legitime und sinnvolle Zielsetzung. Allerdings lässt es sich vermutlich nicht an einer starren Zeitgrenze festmachen, ob eine solche „Überarbeitung“ nach 7:45 Stunden oder 8:12 Stunden eintritt. Ebenfalls dürfte eine dem Biorhythmus angepasste nachmittägliche Pause und ein kurzes abendliches Weiterarbeiten (innerhalb des rechtlichen Gesamtarbeitszeit-Rahmens) eher förderlich sein, bezogen auf den eben genannten Schutzzweck. Was ich damit sagen will: Ein überwachungsartiges minutengenaues, möglicherweise sogar digitales Tracking, das zusätzlich massiven Druck auf die Beschäftigten ausüben würde, kann nicht die Lösung sein. Selbstredend muss aber auch klar sein, dass diese Flexibilisierung nicht zu einer 24/7-Verfügbarkeit ausarten darf.
Im Übrigen sollten wir uns bewusstwerden, dass auch bei einer Arbeit im Unternehmen keine dauerhafte Produktivität möglich ist. Stichwort: Kaffeeautomat, Austausch auf dem Flur usw. Die Lösung liegt also in einem Einhalten gesetzlich unabdingbarer Rahmenbedingungen einerseits und dem, was man „gesunder Menschenverstand“ oder auch Verständnis für „New Work“ andererseits nennen würde.
Peter: Interessant ist auch das vierte Kapitel des Leitfadens mit Aussagen zu Führung und Kommunikation, den psychosozialen und physiologischen Implikationen sowie Informationen zu spezifischen Remote-Führungs-Situationen. Ich vermute, dass in diesem Kapitel viele persönliche Erfahrungen eingeflossen sind. Könntest Du hier vielleicht einige Aspekte hervorheben, die aus Deiner Sicht besonders wichtig sind?
Stefan: Definitiv! Das hat mir gefühlt beim Schreiben am meisten Spaß gemacht. Denn schon alleine mal im Recruiting die Blickrichtung zu wechseln und sich zu fragen, wie denn „die Neuen“ mit einem rein virtuellen Auswahlverfahren und Onboarding zurechtkommen, hat viel bewirkt. Denn es geht letztlich um deutlich mehr als um fachliche Einarbeitungspläne und Prozesskenntnis. Und beim Thema Konflikt wird remote Führung erst so richtig spannend. Denn aufgrund der rein virtuellen Situation ist es deutlich herausfordernder für Führungskräfte überhaupt zu erkennen, dass sich ein Konflikt anbahnt oder schon besteht. Es ist eben sehr leicht bei einer Videokonferenz zu schweigen, vielleicht sogar mit ausgeschalteter Kamera, und sich anschließend abseits des unmittelbaren Einflussbereichs von Kolleginnen und Kollegen so eigene Gedanken zu machen – bis hin zum parallelen Bewerben bei einem anderen Unternehmen. Hierfür brauchen Führungskräfte bisher vielleicht weniger gut eingespielte oder geschulte Kompetenzen, die viel mit Empathie zu tun haben.
Peter: Gelungen sind auch die Ausführungen zur „Abwesenheit von der Tastatur“. Hier empfiehlst Du bei virtuellen Konferenzen Chat-Nachrichten mit dem Kürzel „afk“ für „away from keybord“ oder auch Status-Infos im gemeinsamen Kalender „abwesend“ bzw. mittels Ampel-Systemen. Wird dies in Deinem Umfeld so praktiziert?
Stefan: Ja. Wir haben schon seit einigen Jahren ein solches System auf Basis von Skype for Business. Das System gibt in Form einer Ampel einen Status aus, ob wir beispielsweise in einem Termin sind oder „nicht stören“ eingestellt haben (rot), gerade inaktiv sind (gelb) oder verfügbar/frei (grün). Das System habe ich als sehr hilfreich erlebt, wenn man damit professionell umgeht. Will heißen: Ist eine Unternehmenskultur in Punkto Remote Arbeit noch ungeübt, mag insbesondere der Status gelb „inaktiv“ zu allerlei Vermutungen Anlass geben. Dabei kann es zum Beispiel sein, dass einfach ein ungeplanter Anruf eines HR-Dienstleisters reinkommt und ich via Smartphone geschäftlich telefoniere und somit natürlich nicht „inaktiv“ bin. Da helfen nur saubere Vereinbarungen (auch unter Einbezug der Betriebspartner) und ein entsprechendes Mindset der Führungskräfte, um nicht die Aussagen der Tools als Maß aller Dinge zu sehen. Es mag banal klingen, aber viel miteinander zu sprechen, hilft enorm beim gegenseitigen Verständnis. Insbesondere in Remote-Situationen.
Peter: Im Moment ziemlich en vogue sind die sogenannten hybriden Arbeitsformen, auf die Du kurz im Abschnitt 4.5 eingegangen bist. Was ist hier wichtig?
Stefan: Aus meiner Sicht ist es leicht gesagt, dass hybrides Arbeiten die Zukunft ist. Das funktioniert dann gut, wenn es bedeutet, dass mal alle nur virtuell kommunizieren und zu einer anderen Zeit alle Vor-Ort arbeiten. In der Mehrzahl der Fälle wird hybrid aber bedeuten, dass zusätzlich zu einer Vor-Ort-Kommunikation Menschen remote angebunden werden und somit lediglich digital teilnehmen. In der Praxis bedeutet das die nicht zu unterschätzende Herausforderung, diese virtuell angebundenen Kolleginnen und Kollegen genauso sichtbar und sprechfähig zu machen, wie die Teilnehmenden vor Ort. Das geht aber nur, wenn sich vor Ort jemand dieser Personen (und dem Device, auf dem das Bild dieser Personen ausgegeben wird) annimmt und beispielsweise Kameras stetig neu ausrichtet, überprüft, dass die Verbindung noch steht und gegebenenfalls Wortbeiträge, die aufgrund der Internetverbindung nur sehr leise ankommen, entsprechend aufnimmt und verstärkt. Ich glaube, dass es hierfür noch ganz schön viel Übung braucht. Und Durchhaltevermögen, weil pauschale Ansagen wie „alle kommen rein“ natürlich deutlich leichter und vor allem schneller umzusetzen sind. Und da haben wir vom Thema „Karriere im Homeoffice?“ noch gar nicht gesprochen.
Peter: In vielen der aktuellen Diskussionen werden neue Arbeitsformen wie Homeoffice und mobile Arbeit mit New Work gleichgesetzt. Wie ist Deine Einschätzung dazu?
Stefan: Hier wiederhole ich mich bewusst immer wieder: Corona-bedingt am heimischen Küchentisch mobil ans Unternehmen angebunden zu arbeiten, hat nichts mit New Work zu tun. Ich überspitze hier bewusst, weil sich aufgrund dieser Gleichsetzung der letztlich deutlich höhere Anspruch an New Work buzzwordartig abnutzt. In Wahrheit muss man New Work natürlich deutlich ganzheitlicher denken und umsetzen. Dazu gehören neben Arbeitszeit und Ort beispielsweise auch das Mindset, Führungsmethoden (Stichwort: Enabling oder transformationale Führung hinzu), die Arbeitsausstattung, eine Anpassung der Unternehmenskultur, der Karrieremodelle, New Pay, persönliche Freiheiten und Spaß und vieles mehr. Insofern ist professionelles Arbeiten von unterwegs oder von Zuhause allenfalls ein Baustein. Vielleicht an dieser Stelle auch nochmal: Wir sollten diesen hohen Anspruch und die radikal andere Denkweise des New Work Ansatzes ebenfalls nicht für aller Arten von Jobs gleichermaßen als „must have“ postulieren. Mitarbeitende in Akkordarbeit an Fließbändern werden mit einer Vielzahl der oben genannten Themen nur schwerlich Anknüpfungspunkte finden. Ich plädiere also auch hier für einen stimmigen und sorgsameren Umgang mit dem Begriff und der Haltung zu New Work.
Peter: In den letzten Jahren ist das Angebot unter dem Label „Persoblogger“ ständig ausgebaut worden. Was hast Du in der Zukunft vor? Gibt es Dinge, die Du bereits heute ankündigen willst oder kannst?
Stefan: Das siehst Du richtig Peter. Seit 2020 ist PERSONALBLOGGER.DE mit dem Anspruch eines HR-Portals unterwegs. Einerseits bringt das viele Vorteile für die Nutzerinnen und Nutzer meiner Seite, weil sie dort umfassend informiert werden, dazu Studien und Infografiken herunterladen können, Weiterbildungen und HR-Events finden oder auch mal ihren neuen Job. Andererseits ist der Aufwand, den ich ja neben meinen fachlichen Führungsaufgaben bei der DATEV betreibe, damit auch größer oder zumindest komplexer. Vor allem was die zeitliche Koordination angeht. Manchmal bin ich schon geneigt, mich auf meine Kernleistungen, das Schreiben hochwertiger Artikel in einem Rhythmus von 1-3 Wochen, zu beschränken. Aber dann erreicht mich wieder so wunderbar motivierendes Feedback, dass ich weitermache und angespornt werde. Um es kurz zu machen: Ideen habe ich viele. Aber wie in meinem Buch beschrieben, gehört Selbstmanagement und Selbstfürsorge in der heutigen Zeit als wichtige Kompetenz ins Portfolio der Führungskräfte. Insofern lasst Euch gerne überraschen, was da noch alles kommen mag.
Peter: Dies klingt spannend! Ganz herzlichen Dank für das tolle Gespräch. Ich wünsche Dir bzw. damit dem Persoblogger weiterhin so viele Erfolge und eine anhaltend positive Resonanz in der HR-Community.
Stefan: Herzlichen Dank für Dein Interesse und danke auch an alle, die bis hierhin gelesen haben!
Zu meinem Gesprächspartner: Stefan ist Gründer von PERSOBLOGGER.DE, einem der bekanntesten deutschsprachigen Online-Portale für HR-Praktiker. Die Plattform bietet aktuelle Fachinformationen, Studien und Infografiken zum Download, einen Eventkalender sowie eine Jobbörse. Hinzu kommen Übersichten rund um die HR-Szene (Blogs, Podcasts) sowie die Präsentation spannende HR-Startups. Im Hauptberuf ist Stefan Scheller verantwortlich für die Arbeitgeberkommunikation der DATEV eG in Nürnberg und gestaltet dadurch die Unternehmenskultur aktiv mit. Er ist mehrfacher Buchautor, HR-Influencer und Keynote Speaker.
]]>Vornweg: Auch in diesem Jahr hat das HR BarCamp wieder unverzichtbare Einblicke in das innovative HR-Geschehen und die relevanten Trends geliefert, die ich keinesfalls missen möchte. Diese Impulse sind umso wichtiger, weil bestimmt nicht nur mir nach weit über einem Jahr digitaler Kommunikation die "analoge" Decke etwas auf den Kopf fällt.
Und: Dieser Rückblick ist auch eine gute Gelegenheit, einen kleinen Vergleich zwischen digitalen und den klassischen f2f-Events zu wagen. Vielleicht macht dies den Blick frei auf die derzeit so heftig diskutierten hybriden Formate.
Was habe ich inhaltlich mitgenommen? In diesem Jahr habe ich versucht, die Recruiting-Brille beiseite zu legen, was beim HR BarCamp nicht ganz einfach, aber durchaus möglich ist. Interessant fand ich die Session zum digitalen Lernen (by lingua). Hier wurden konkrete Erfahrungen beim Umgang mit digitalen Lernformaten anschaulich dargestellt.
Und: Es wurden hier auch Einblicke in die digitale Lernpraxis von Blue Collars ermöglicht. Interessant war es zu erfahren, dass es Unternehmen gibt, die ihren Mitarbeitenden Lernzeiten ermöglichen (hier 2x15 min/Tag).
Und an dieser Stelle auch gleich ein großer Nachteil digitaler Events - Multitasking! Gerade an den Sessions zu Remote Leadership, die mich ganz besonders interessiert haben, konnte ich aufgrund eines Lehrauftrags an der Uni Regensburg nicht teilnehmen. Vielleicht klappt es in der Sommerpause mit einem Interview mit der Session-Geberin.
Interessant war es auch, die umfangreichen Diskussionen zum Einstieg in das Diversity Recruiting zu verfolgen. Ute Neher hat hier darauf verwiesen, dass inklusives Recruiting nur der Anfang ist. Es muss immer darum gehen, Menschen einzubinden, und nicht „in Quoten zu denken!" Wichtig ist letztlich die im Unternehmen gelebte Kultur. Dies zu vermitteln und zu leben, bedeutet jede Menge Hausaufgaben für das Recruiting und HR.
Am zweiten BarCamp-Tag kam es nach Session mit einem interessanten Input zum Thema Kompetenzmodelle (Marcus Reif) in einer weiteren Session zu einer sehr lebhaften Diskussion zum Thema „Gendern“, mit einem tollen Statement von Jannis Tsalsikis, der hier die auch mMn nötige Gelassenheit angemahnt hat, „da wir uns inmitten einer Transition befinden ... das Thema braucht (aus seiner Sicht) einfach Zeit - in Gesellschaft und Unternehmen“. In der Praxis der Unternehmen scheint es aber noch ein weiter Weg bis zur Akzeptanz des Genderns zu sein.
Der große Themenbereich Recruiting und Diversity (hier auch der Umgang mit unbewusstem Bias) hat auch am zweiten Tag breiten Raum in weiteren Sessions und Diskussionen eingenommen. Die Frage, wie Diversity konkret und kreativ im Recruiting umgesetzt werden kann, bewegt offensichtlich viele Recruiter. Dabei lebt das Recruiting immer auch von Widersprüchen und Reibungen (Jan Kirchner). Die vielfältigen Einblicke in konkrete Erfahrungen haben gezeigt, dass der Einsatz von Instrumenten wie Personas und Scorecards durchaus zielführend sein kann.
Was habe ich vermisst? Die persönlichen Begegnungen. Und: Leider war auch ich im Multitasking-Modus. So bedaure ich sehr, dass ich nicht an Sessions mit Jo Diercks teilnehmen konnte. Bei ihm gibt es immer viel Recruiting- und HR-Brainfood. Auch auf die beliebten Recall-Sessions musste ich diesmal leider verzichten.
Wie sieht es nun mit einem knappen Vergleich zwischen analogen und digitalen Events aus?
- Kontakte knüpfen klappt digital außerordentlich gut (dank der wunderbaren Chat-Roulette-Funktion von hop.in - und dem gezielten Einsatz von wonder.me beim Abendprogramm). Hier können digitale Werkzeuge durchaus Vorteile bieten, sind aber letztlich doch kein voller Ersatz für intensive, längere und kontroverse Pausengespräche.
- Bei digitalen Events gibt es offensichtlich mehr Ablenkung und Multitasking durch das (nicht unterbrochene, d.h. laufende) Tagegeschäft. Einige Teilnehmende waren deshalb auch nach eigener Aussage nicht immer ganz bei der Sache.
- Bei der BarCamp-üblichen digitalen Kommunikation kam es zu sichtbaren Veränderungen. Twitter kam diesmal überhaupt nicht zum Glühen. Es scheint, dass gerade die digitalen Veranstaltungsformate die Neigung digital zu kommunizieren negativ beeinflussen. Eigentlich schade!
Mein Fazit zum HR BarCamp 2021
Auch digital ist das HR BarCamp unverzichtbar. Und "klappt" auch als virtuelles in einzelnen Elementen ganz gut, in anderen Teilen weniger. Es kann deshalb ein analoges Event auch nicht voll ersetzen.
Mein verspäteter, aber nicht minder herzlicher, Dank geht an Christoph und Jannis, die Väter der HR BarCamps, denen es mit großem Erfolg gelungen ist, das HR BarCamp-Format in die virtuelle Welt zu übertragen. Auf ein analoges Wiedersehen in 2022!
]]>Peter: Hello Florian, could you be so kind and introduce yourself?
Florian: Of course, I'm Florian Martens the founder of Partwell HR. After dedicating the thirst half of my life to playing Basketball for various professional sports clubs in Germany I studied engineering at RWTH Aachen and TU Berlin. I began my working career at Deutsche Bahn, digitalizing core infrastructure.
As you can see, my path to HR tech wasn't exactly straight!
At Partwell, we're helping organizations implement and manage strategic offboarding programs.
Peter: How did the idea for Partwell come about?
Florian: The idea for Partwell originated from my personal experience of leaving Deutsche Bahn. During my notice period, I made a pretty extensive offboarding plan. I wanted to make sure all my projects were handed over and everyone understood my reasons for leaving. On my last day, however, I realized I hadn't executed my plan at all. In total, my offboarding was pretty messy and the next person taking over would have a hard time getting started because of it. As I looked back on the situation, I noticed that I started my job the same way. On my first day, I was handed a project that the person before me hadn't properly documented nor handed over. A vicious circle! I began researching the problem and found that 9 out of 10 employees claim that their organization has no or an insufficient offboarding process. After this realization, I set out to build an exit interview platform and grew the idea from there. Today, we're building a holistic offboarding platform that helps organizations analyze attrition, retain knowledge, and rehire strategically..
Peter: What experiences have you had with clients using your services? Many HR managers often talk about offboarding but do not have a structured process in place. This can cause problems when using an external service.
Florian: Absolutely, many organizations are just now starting to realize the effect that employee offboarding has on their day-to-day operations. This newfound attention is fueled by recent publications from e. g. the Harvard Business Review and research done by various universities. Today, research can show that companies with strong offboarding programs have advantages in human & social capital, brand awareness, access to talent, recruiting costs & culture. For many organizations, investments in retention have reached a point of diminishing returns while advantages related to offboarding are low-hanging fruits. It should come as no surprise that many new economy category-leaders such as Zalando, Google, Facebook, or McKinsey & Company have short average tenues and great exit cultures. Our current clients have subscribed to this vision and share our long-term goals. Strategic offboarding is a long-term strategy and we are very intentional about communicating it as such.
Peter: How can I envision working with Partwell in offboarding of an employee? How does the coordination between client and service provider work in this sensitive process?
Florian: Partwell is first and foremost a technology platform that allows HR teams to run a highly automated offboarding program with minimal administrative effort. As soon as an employee communicates his or her decision to leave, our platform assists the employee on their offboarding journey. This journey can include a formal stay interview, knowledge transfer, handover of responsibilities, exit interviews, etc. For this, we invite three stakeholders to the process: the leaving employee, the direct manager, and the HR team. Moreover, we have completely redesigned the way organizations engage with alumni. We allow organizations to create custom alumni experiences that increase the number of boomerang employees and alumni referrals. We help organizations think more circular about the way they hire and capitalize on what they have already built: their networks. Partwell provides the infrastructure and HR administrators can add their personal touch where it matters most.
Peter: I have seen that you also offer extensive analyses in the context of offboarding. Could you briefly describe the spectrum of these services?
Florian: Absolutely, a common shortcoming of exit interview programs is that they fail to produce meaningful action. This is why we've built a tool that makes it easy to analyze and share exit interview data. Additionally, we go over and beyond to identify meaningful KPIs for offboarding processes that inspire action. For example, not many organizations know how many projects were stopped because of departing employees or how many employees leave the organization with critical knowledge. All this and much more becomes simple with Partwell. More importantly, we've built a platform that not only collects and analyzes data but allows organizations to do something with the data. We're all about action! For example, the exit interview data is used for the rehiring automation. The platform will use the data it collects. We want to make sure our clients see results, not just data.
Peter: I am particularly interested in the topics of knowledge transfer and strategic rehiring? How do you organize these demanding tasks? Are there any interesting experiences here?
Florian: Let's start with knowledge transfer since this is my favorite topic! Today most organizations claim that knowledge is their most relevant asset. Yet, hardly any organization has a process in place to manage knowledge transfer. This is not only true for employee exits but it's a much bigger problem that Partwell can't solve alone. We mainly add the element of accountability to the knowledge transfer process. We ensure that leavers with critical knowledge perform a structured knowledge transfer and offer to coach them through simple and easy-to-use methods. Partwell is not the place where the "knowledge" is stored. In the case of running a rehiring program, we're trying to introduce a paradigm shift to the HR industry. For this, I'd like to start with what we know from institutional and academic research. We know that around 30% of leavers stay in touch with their former organizations after departure. We know that 15% of new hires are already boomerang hires or referrals by alumni. We also know that 40% of leavers would consider reapplying to a previous employer. Lastly, we also know that rehiring is far less risky compared to hiring from scratch. As you can see, the case for rehiring programs is pretty strong and you'll easily find many organizations already rehiring between 10-20% of leavers. For many HR professionals, this is counterintuitive. They wouldn't expect a leaver to come back to a job they previously gave up. The truth of the matter is that there are plenty of reasons to change jobs and the grass isn't always greener on the other side. Often, leavers simply regret their decision to leave - very rarely companies capitalize on these opportunities. Google is a fantastic example. For software developers in the U. S. Google will schedule a check-in 6 months after departure. An outbound team will actively re-recruit good leavers. The 6-month check-in is also one of our strategies to increase the rate of boomerang hires with Partwell.
Peter: What do you recommend to HR managers who are planning to introduce your service? How should they prepare?
Florian: Working with us generally doesn't require any special preparation. Depending on what you want to achieve with your strategic offboarding program it can be helpful to understand your current situation very well. If your main objective is to build a strong rehiring funnel you can look at how many boomerang hires you currently generate organically (by doing nothing). If you see 4-10% of leavers boomeranging organically, you can expect very strong results by using Partwell. If you hardly see any organic rehires you might not be a place leavers like to return to. Actively recruiting leavers may not be the right strategy for you. In this case, Partwell can still help you find out, what leavers think about your organization and retain knowledge before departure. HR teams can also try many of the strategies we automate before automating and optimizing them with Partwell: Have you tried offering stay interviews to your leavers?
Peter: What's next for Partwell? What are your plans for the near future?
Florian: We plan to become the leading provider for both offboarding and corporate alumni management. We will continue to drive meaningful results for our customers to celebrate.
Peter: Thank you very much today for this insightful interview and your kind support of my blog. I look forward to seeing the further development and success of your startup.
My Interviewee Florian Martens studied Engineering at the RWTH Aachen and TU Berlin. He worked for Deutsche Bahn AG as a Technology Strategist & Program Coordinator.
]]>Wald: Schön, dass es mit diesem Gespräch klappt und dass ich damit zumindest gedanklich wieder an meiner alten Hochschule verweilen kann.
Titze: Wir freuen uns auch und sind sehr dankbar über den Austausch mit Ihnen als bekannter Influencer des HR-Managements.
Wald: Meine Leser*innen wollen natürlich auch wissen, wer hinter „OpenVendor“ steht. Könnten Sie sich und Ihren Mitgründer kurz vorstellen?
Maurer: Sehr gern. Wie schon erwähnt, bin ich – Otto Maurer – einer der beiden Gründer und Geschäftsführer von OpenVendor. Nach einem abgebrochenen BWL-Studium und einem klassischen Angestelltenverhältnis habe ich über mehrere Jahre die Höhen und Tiefen der Selbstständigkeit genossen, bevor ich über Umwege bei einem Personaldienstleister Fuß gefasst habe. Angefangen als HR-Assistent habe ich mich immer weiter in die Thematik eingearbeitet und Stück für Stück mehr Verantwortung übernommen. Am Ende hatte ich die Möglichkeit, einen neuen Standort in München mit aufzubauen und anschließend als Senior Sales Manager neue Unternehmen zu akquirieren. Über die Jahre bin ich immer wieder über Hürden im Recruiting gestolpert, für die es in anderen Branchen bereits etablierte digitale Lösungen gibt. Die Affinität, mich selbst zu verwirklichen hat jedoch nie nachgelassen, sodass sich mein “Gedankenrad” immer wieder angefangen hat zu drehen und mir neue Ideen in den Sinn kamen. Als ich Stefan als Werkstudent kennenlernte, merkte ich sofort, dass er ebenfalls jemand war, der in der Lage ist, bestehende Prozesse zu hinterfragen und nach Lösungen zu suchen. Aus den daraus folgenden Gesprächen entstand eine Idee, die wir jetzt mit Vollgas umsetzen.
Titze: Ich bin Stefan, 31 Jahre alt und Ich komme ursprünglich aus Weimar in Thüringen. Nach meiner Ausbildung zum Fluggerätmechaniker habe ich mich bewusst gegen die Werkbank und Triebwerksrotoren und für ein Wirtschaftsingenieur-Studium an der HTW Dresden entschieden. Im Studium habe ich relativ schnell meine Begeisterung für kreative und innovative Ansätze gefunden. Brainstorming wurde in nahezu jeder Entscheidungsfindung mit hinzugezogen. In meinem Auslandssemester spezialisierte ich mich daher auch auf die Module „Innovation Management“ und „Entrepreneurship“. Schlussendlich schrieb ich bei dem Personaldienstleister ARTS meine Masterthesis über die Möglichkeiten des „Lean Process Management“ im HR. Dabei lernte ich Otto kennen, mit dem (natürlich ganz klassisch über Brainstorming) die Geschäftsidee entstand. Zwei Jahre später haben wir OpenVendor in Dresden gegründet und sitzen nun im Interview mit Ihnen. ☺
Wald: Ich teile Ihre Einschätzung, dass der Stand der Digitalisierung in den Personalbereichen noch „ausbaufähig“ ist. Wie können Sie hier mit Ihren Leistungen für Veränderung sorgen?
Maurer: In meiner täglichen Arbeit als Sales Manager ist mir besonders aufgefallen, dass die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Personaldienstleister für beide Seiten immer noch sehr aufwendig, langsam und intransparent ist. Es werden unnötig viele Ressourcen in Form von Zeit und Geld verschwendet, was mit den technischen Möglichkeiten im Jahre 2021 nicht mehr sein muss und darf
Titze: HR-Manager haben zudem in der Praxis viele verschiedene Aufgaben abzuarbeiten, die sie sehr oft noch analog erledigen. Nicht wenige Unternehmen verwalten ihre Bewerbungen noch mit selbst erstellen Excel-Tabellen und führen Personalakten im klassischen Leitz-Ordner. Die Entscheidung, ein Bewerbermanagement-Tool zu nutzen, wird oft durch die Fülle an Angeboten auf dem Markt erschwert, was letztendlich die Umsetzung und Implementierung sehr komplex und teuer macht. Natürlich existieren bereits diverse Lösungen zur Digitalisierung, aber davon kommen nicht automatisch mehr Kandidaten in den Pool. Das Modell “Post & Pray”, also eine Stelle bei Stepstone & Co für viel Geld zu schalten und dann abzuwarten, bis Bewerbungen reinflattern, funktioniert nur noch in den seltensten Fällen. Active Sourcing ist eine mögliche Alternative, um offen Stellen doch noch zu besetzen. Hier handelt es sich jedoch um einen völlig andere Kompetenz, die erst umfangreich erlernt werden sollte (gutes Active Sourcing will gelernt sein). ☺
Bei dieser Problematik setzen wir mit OpenVendor an, indem wir die Nachfrage und das bestehende Angebot zusammenbringen und es Unternehmen und Personaldienstleistern auf einfachstem Wege ermöglichen, ihre externe Personalbeschaffungen bzw. -vermittlungen auf einer Plattform zu zentralisieren und abzuwickeln.
Wald: Sie stellen dar, dass OpenVendor die erste digitale HR-Lösung ist, die Personaldienstleister und Unternehmen auf einer gemeinsamen Plattform bündelt und gleichzeitig deren Kommunikation und Prozesse vereinfacht abbildet. Wie ist dies zu verstehen? Könnten Sie dies bitte etwas näher erläutern?
Maurer: Während HR-Manager erfolgreich darin sind, die richtigen Kandidaten genau passend für ihr Unternehmen herauszustellen, haben Personaldienstleister und Headhunter ihre Expertise darin, eine Vielzahl an potenziellen Kandidaten über ihr Netzwerk zu erreichen. Wir haben uns mit OpenVendor zur Aufgabe gemacht, die Kommunikationslücke für eine einfache und effiziente Zusammenarbeit zwischen beiden Parteien zu schließen. Dafür haben wir den Personalbeschaffungsprozess zwischen Unternehmen und Personaldienstleister digital abgebildet und so viele Prozessschritte wie möglich automatisiert (und das sind einige). Dazu zählen die Streuung der Stellenausschreibungen an alle Personaldienstleister und Headhunter, die Analyse und das Matching eingehender Bewerber, das transparente Tracking der Kandidaten als auch die abschließende Vertrags- und Provisionsabwicklung. Am Ende stand ein schlanker Prozess, der die zentralen Aufwände vereinfacht.
Wald: Sie schreiben, dass die folgenden Tools bei Ihnen angewandt werden: Plattform-Crowdsourcing, Lean Process Management, Matching Algorithmus, Data Analytics, virtuelles ATS und Web-Konferenzen. Dies klingt sehr umfassend. Mich interessiert hier vor allem das Plattform-Crowdsourcing und der Matching Algorithmus. Wie kann ich mir hier die Umsetzung vorstellen?
Titze: Plattform-Crowdsourcing ermöglicht es, zwei Interessensgruppen zentralisiert auf einer digitalen Plattform zu bündeln und somit über die Reichweite ein vielseitiges Angebot bieten zu können. Bestes Beispiele ist hier Amazon, AirBnB oder Uber. Im B2B-Recruiting bedeutet das, dass Unternehmen unkompliziert ihre offenen Vakanzen einer Vielzahl an Dienstleistern aufzeigen können und sich nicht mehr nur auf maximal zwei bis drei festlegen müssen. Personaldienstleister haben andererseits nicht mehr die Notwendigkeit der lästigen Kaltakquise, um Neukunden zu gewinnen sondern haben gebündelt alle offenen Stellen, auf die sie ohne Aufwand ihre passenden Kandidaten vorschlagen können.
Maurer: Gerade im B2B-Recruiting können wir den Effekt des Crowdsourcings ausreizen, da wir nicht nur die zwei Interessengruppen an einem Ort bündeln, sondern jeder Dienstleister auch noch sein eigenes Netzwerk an potenziellen Kandidaten mitbringt. Das heißt, mit einer Stellenausschreibung kann ein Großteil der aktiv suchenden Kandidaten am Markt erreicht werden, was die Wahrscheinlichkeit einer passgenauen Stellenbesetzung deutlich erhöht.
Wald: Trotzdem bleibt das Problem, dass von einer Vielzahl an Dienstleistern potenzielle Kandidaten empfohlen werden und einem die Anzahl an Bewerbungen allein in der Vorauswahl zeitlich erschlägt.
Titze: Richtig! Und genau hier kommt unser Matching-Algorithmus ins Spiel. Im Vergleich zu vielen anderen Anbietern nutzen wir KI nicht nur als Buzzword und Worthülse, sondern nutzen tatsächlich funktionierende und intelligente Algorithmen unseres Kooperationspartners. Diese wurden bereits in den letzten Jahren durch die Analyse von Millionen Stellen- und Bewerberdaten angelernt. Dabei wird von jedem Kandidaten anhand der Informationen aus dem Lebenslauf ein umfangreiches Kompetenzprofil erstellt und dies mit den Stellenanforderungen abgeglichen. Und das alles innerhalb kürzester Zeit. Die Ergebnisse erhält der HR-Manager grafisch aufbereitet, um die errechnete Passgenauigkeit zu begründen. Fehlen bestimmte Informationen im Lebenslauf, werden diese Lücken vom Algorithmus nicht einfach übergangen, sondern in Form von Fragen für das Bewerbungsgespräch zur Verfügung gestellt.
Maurer: Ich möchte hier aber noch einmal betonen, dass es uns mit dem Einsatz der Matching-Algorithmen nicht darum geht, Recruiter-Entscheidungen komplett abzunehmen. Wir möchten unseren Nutzern eine Art Empfehlungsmanagement in der Kandidatenvorauswahl an die Hand geben, welches die Bewerbungen innerhalb weniger Sekunden völlig neutral und vorurteilsfrei bewertet und als digitaler Berater unterstützt.
Wald: Dies klingt interessant. Aber trotzdem nochmals gefragt. Was ist das Besondere an OpenVendor? Warum sollten Personalabteilungen und Personaldienstleister letztlich mit Ihnen zusammenarbeiten?
Titze: Bisher nutzen Unternehmen nur einzelne Personaldienstleister oder Headhunter, da der administrative Aufwand exponentiell steigt, je mehr externe Dienstleister gleichzeitig beauftragt werden. Dies ändert sich jetzt. Mit wenigen Klicks werden die offenen Vakanzen auf der Plattform veröffentlicht und schon haben Unternehmen die Möglichkeit, einen Großteil der aktiven Kandidaten am Markt über Vielzahl an Dienstleistern zu erreichen. Das Matching nimmt den ansonsten nicht händelbaren Aufwand, aus der Menge an Bewerbern die passenden Kandidaten zu erhalten.
Maurer: Personaldienstleister haben den großen Vorteil, dass sie schnell und unkompliziert ihre Bewerber vorschlagen können und immer genau wissen, wo sie sich im Bewerbungsprozess befinden. Für die nötige Transparenz sorgt ein Kanban Board, dass die Stellen und Kandidaten trackt und in jedem einzelnen Prozessschritt übersichtlich abbildet. Aus unserer Erfahrung können wir sagen, dass beide Seiten froh darüber sind, nicht ständig den Telefonhörer in die Hand nehmen zu müssen.
Wald: Unter OpenVendor kann ich also eine offene Plattform für Personalvermittlung verstehen. Somit ist die Lösung uninteressant für Unternehmen, die in der Zusammenarbeit mit ihren Dienstleistern zufrieden sind und nur mit denen kooperieren wollen?
Maurer: Den Gedankengang hatten wir zunächst auch, sind dann aber schnell zum Entschluss gekommen, dass wir OpenVendor auch gleichermaßen als internes Kommunikations-Tool anbieten können. Die Vorteile in der vereinfachten Kommunikation und Koordination können schließlich auch mit bestehenden Dienstleistern genutzt werden, ohne erneut in Verhandlungen gehen zu müssen. Anstelle der standardisierten Vermittlungsprovision in Höhe von 25 Prozent werden, falls gewünscht, die bestehenden Rahmenvertragsbedingungen und vereinbarten Konditionen im System hinterlegt. Im Gegenzug erlassen wir den Dienstleistern die Vermittlungsgebühr, die bei erfolgreichem Placement eines Kandidaten an OpenVendor zu entrichten ist.
Titze: Nichtsdestotrotz haben alle Dienstleister in unserer OpenVendor-Community die Chance, Kandidaten auf die Stelle vorzuschlagen. Eine Art “Backup” für die Unternehmen, falls bei den bestehenden Dienstleistern kein passender Kandidat vorgeschlagen werden kann. Der Fokus liegt weiter auf der Passgenauigkeit des Kandidaten. Die Entscheidung, welche Bewerber im Interview kennengelernt und eingestellt werden, liegt schlussendlich beim Unternehmen.
Wald: Dies klingt alles sehr interessant und ambitioniert. Wie werden Sie in den nächsten Monaten die Kunden von Ihren Leistungen überzeugen?
Titze: Wir agieren im B2B-Umfeld und setzen neben dem Direktvertrieb, auf die Reichweite von Online-Kanälen. Dafür werden wir LinkedIn (und XING) als aktives Netzwerk zur Kundengewinnung nutzen. Als weiteres wichtiges Standbein sehen wir Kooperationen mit Business- & HR-Netzwerken, um potenzielle Nutzer unserer Lösung zu erreichen. Auch wenn wir durch die bestehenden Netzwerke der Personaldienstleister kein (für Plattformen typisches) „Henne-Ei-Problem“ lösen müssen, so wollen wir trotzdem schnell in der Userzahl wachsen, um die Geschwindigkeit und Qualität in der Stellenbesetzung weiter zu erhöhen.
Maurer: Wir sind derzeit in der Beta-Phase und planen im April den Markteintritt. Dabei ist es uns sehr wichtig, gemeinsam mit unseren Kunden die Plattform stetig weiterzuentwickeln. So können wir unseren Service kundenorientiert weiterentwickeln, die Usability optimieren und uns langfristig in der Branche als Lösungsanbieter zu etablieren. Hierfür sind auf der Suche nach kreativer Unterstützung im UX/UI. (Haben Sie ggf. einen kreativen UX/UI Designer in Ihrem Netzwerk?☺)
Wald: Ganz herzlichen Dank für die interessanten Einblicke.
Maurer/Titze: Wir haben auch zu Danken! Für das Gespräch und für den tollen Support, den Sie jungen Startups wie uns bieten und mit Ihrer Plattform zur Verfügung stellen!
Zu meinen Gesprächspartnern: Stefan Titze ist Absolvent des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen an der HTW Dresden und Otto Mauer bringt mehrjährige Branchenerfahrung aus dem HR- und Recruiting Bereich mit. Beide stammen aus Dresden.
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Ich bin sehr froh, dass mir Shirley Sheffer – Managing Director bei Accenture und verantwortlich für den Themenbereich Talent & Organization - für ein Gespräch zu den Ergebnissen dieser Studie zur Verfügung steht.
Wald: Herzlichen Glückwunsch zur vorliegenden Studie! Ich freue mich, dass ich Ihnen einige Fragen zu dieser interessanten und aktuellen Studie stellen darf.
Sheffer: Vielen Dank Herr Wald, ich freue mich auf den Austausch mit Ihnen!
Wald: Viele Leser werden sich fragen, warum schon wieder eine Studie zum Thema „Digitale Transformation“. Wie ist Ihr Verständnis von Digitaler Transformation? Und vornweg gefragt: Was macht Ihre Studie einzigartig?
Sheffer: Für mich ist die Digitale Transformation die Zukunft, welche wir heute schon gestalten können. Die digitale Transformation stand schon länger auf der Agenda von Unternehmen, aber in den letzten 12 Monaten wurde sie zur überlebenswichtigen Notwendigkeit. Unsere Forschung hat ergeben, dass digitale Organisationen starke Effizienzen in den Bereichen Innovation, Mitarbeitererfahrung und Kundenwert erzielen.Die Accenture Global Digital Fluency Study 2020 hat vier digitale Personas entwickelt, die für unterschiedliche Typen digitaler Mitarbeiter stehen. Sich mit eben diesen Personas auseinanderzusetzen, ermöglicht es Führungskräften, diese in ihrer eigenen Belegschaft zu identifizieren und Qualifikationslücken zu schließen. Dieser auf Mitarbeitende zugeschnittene Ansatz macht unsere Studie nicht nur vor dem Hintergrund der Pandemie relevant, sondern zeigt darüber hinaus den Stellenwert von digitaler Transformation für den Einzelnen.
Wald: Für ein überaus interessantes Ergebnis der Studie halte ich das hier vorgestellte Konzept der digitalen Kompetenz ("Becoming digitally fluent: A framework"). Hier werden die verschiedenen Aspekte digitaler Kompetenz sehr eindrucksvoll und nachvollziehbar zusammengefasst. Können Sie etwas zur Entstehung und zum Aufbau dieses Konzeptes sagen?
Sheffer: Das Konzept basiert auf unserer jahrelangen Erfahrung in der Zusammenarbeit mit den führenden und größten Unternehmen. Wir arbeiten heute oftmals in sogenannten „Co-creations“ mit unseren Kunden zusammen. Wir erarbeiten also schrittweise und iterativ gemeinsam Konzepte. Das Framework basiert auf verschiedenen Elementen, die für uns wesentlich sind, wenn es darum geht, „digitally fluent“ zu sein.
Wald: In der Studie wird herausgearbeitet, dass Mitarbeitende nicht nur Zugriff auf digitale Werkzeuge und entsprechendes Training, sondern auch Führung und kulturelle Unterstützung benötigen, um Ihr volles Potenzial entfalten zu können. Dies werden viele ähnlich sehen, was verstehen Sie hier konkret unter kultureller Unterstützung?
Sheffer: Kulturelle Unterstützung ist für uns die Basis, der Nährboden, welcher es jedem einzelnen Mitarbeitenden ermöglicht, seine Unternehmenswerte zu leben. In einem Umfeld, welches die Unternehmenskultur wohlwollend fördert und hierfür Raum und Zeit erlaubt und einräumt, können Mitarbeitende voller Vertrauen innovativ denken, neue Möglichkeiten schaffen und ihr Potenzial heben. Das sind alles essenzielle Aspekte von digitaler Transformation. Kultur unterstützt Mitarbeitende wie Führungskräfte auf diesem Weg. Es geht dabei weniger um Fähigkeiten, welcher jeder Einzelne erlernen kann, sondern viel mehr um den Mindset, die Einstellung und das Miteinander.
Wald: In vielen Unternehmen gibt es nach wie vor Defizite beim Training für die Anwendung digitaler Werkzeuge. Vieles ist hier gerade im Zuge der Pandemie im „Do it yourself-Modus“ erfolgt. Was halten Sie davon? Sollte hier nicht nachgebessert werden?
Sheffer: Auf der einen Seite ist es großartig zu sehen, was wir alles erreichen können, wenn wir nur müssen. Die Pandemie hat uns gezeigt, was alles im Sinne von „New Work“ möglich ist, und war ein Katalysator für die Trends, welche wir schon lange auf dem Markt gesehen haben. Dennoch ist es wichtig, genau jetzt gezielt nachzuvollziehen, was Unternehmen brauchen um „digitally fluent“ zu sein, und diese Aspekte koordiniert anzugehen. Ein Beispiel: Einige der Collaboration-Tools werden nur für Audio- und Video-Calls genutzt, stellen aber in Wirklichkeit sehr viel mehr Funktionalitäten zur Verfügung, welche gemeinsames Arbeiten auf ein nächstes Level heben könnten. Hier bedarf es also intensiverer Nachbesserung, was Wissen und Fähigkeiten der Anwender angeht. Es ist ein großer Unterschied, ob Kollaboration beispielsweise über Calls definiert wird oder ob Chats wichtiger als die Inbox werden – dann ändern sich wirklich die „ways of working“ und hier müsste man jetzt genauer nachschärfen: Welches Verhalten wird erwünscht, soll verstärkt werden und wie können digitale Tools helfen.
Wald: In der vorliegenden Studie haben Sie 4 spezifische Arten von digitalen Mitarbeitenden identifiziert. Können Sie Remote Collaborator, Disciplined Achiever, Adaptive Team Player und Relentless Innovator entwas näher erläutern?
Sheffer: Sehr gerne. Der Remote Collaborator ist sehr motiviert und empfindet ein starkes Zugehörigkeitsgefühl für sein Unternehmen. Er ist jedoch auch neu in der digitalen Arbeitswelt und wünscht sich daher intensive Unterstützung von seinen Führungskräften und möchte die Vorteile technologischer Lösungen verstehen und erlernen. Der Disciplined Achiever fühlt sich ebenfalls stark seiner Arbeit verbunden, wünscht sich jedoch von seinem Arbeitgeber vor allem klare Strukturen und Verantwortlichkeiten. Um „digitally fluent“ zu werden, benötigt er vor allem einen genauen Lernpfad und Ziele, um die benötigten Fähigkeiten zu aufzubauen. Zu den Adaptive Team Playern zählen meist jüngere Mitarbeitende und Berufseinsteiger, die es nicht gewohnt sind, tagtäglich von Zuhause zu arbeiten und die persönliche Interaktion mit Kollegen vermissen. Diese Persona wünscht sich ein kollegiales Umfeld und stetigen Austausch mit Kollegen und Vorgesetzten. Lern-Module sind in diesem Fall geeignete Werkzeuge, um gemeinsam mit anderen neue Technologien zu erlernen. Fehlt noch der Relentless Innovator, meist eine gut ausgebildete Führungsperson, stark motiviert und ambitioniert, welche durch eine Führungsrolle die digitale Welt erkunden möchte.
Wald: Interessant finde ich auch den in der Studie verwendeten mitarbeiterbezogenen Technologie Quotienten (TQ). Die erwähnte Kombination von Einstellung, Fähigkeiten und sozialer Relevanz korrespondiert mit der oft zitierten Formel von Mindset, Skillset und Toolset erweitert diese jedoch um die soziale Bedeutung. Könnten Sie kurz Ihr Verständnis der sozialen Relevanz erläutern?
Sheffer: Das soziale Umfeld spielt eine bedeutende Rolle für den Technologie Quotienten (TQ), da sowohl unser Leben als auch unsere Arbeit von sozialen Abhängigkeiten und Geflechten geprägt ist. Die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen, kommunizieren, und eben auch voneinander lernen, hängt stark von unseren sozialen Beziehungen ab.
Wald: Wie sollten Unternehmen mit diesen digitalen Mitarbeitenden umgehen? Welche Konsequenzen für HR bzw. die Personalarbeit lassen sich hier ableiten?
Sheffer: Für Unternehmen hat das zur Folge, dass sie die digitale Transformation vorantreiben müssen, um ihre Mitarbeitenden im Unternehmen zu halten, neue Perspektiven zu schaffen und wiederum talentierte Mitarbeitende anzuziehen. Durch das Angebot von Lern- und Weiterbildungsmöglichkeiten erlernt die Belegschaft Mindset, Skillset und Toolset und gestaltet so den Kulturwandel im Unternehmen aktiv mit.
Wald: Viele sprechen mittlerweile von einem „Digital Divide“ in den Unternehmen – zwischen den Mitarbeitern, die digitale Werkzeuge benutzen und bei denen dies nicht der Fall ist. Wie kann digitale Kompetenz auch bei den letztgenannten Mitarbeitern vermittelt werden?
Sheffer: Hier spielen die Unternehmenskultur und Wissensmanagement entscheidende Rollen. Grundsätzlich ist eine diverse und inklusive Unternehmenskultur hilfreich, damit Mitarbeitende mit unterschiedlichem Kenntnisstand voneinander lernen können. Führungskräfte als Vorbilder und das Incentivieren der Mitarbeitenden im Alltag spielt hier eine große Rolle. Will man Verhaltensänderungen herbeiführen, dann muss man hierfür natürlich motivieren und auch Konsequenz zeigen. Der Mensch an und für sich verändert sich ja nicht so gerne.
Wald: Hier vertrete ich eine ähnliche Meinung. Ich danke Ihnen herzlich für dieses informative und offene Gespräch. Für die Zukunft wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und noch zahlreiche so interessante Studien
Sheffer: Vielen Dank, Herr Wald!
]]>Sie spricht hier das wichtige Thema Zeit für das Lernen an und thematisiert damit die Besonderheiten des Lernens aus einer zeitlichen Perspektive. Damit geht sie auf wichtige Fragen ein, die sich mMn auch auf Verhältnis von Arbeits- und Lernzeit und die Notwendigkeit eines zeitlich unbefristeten lebenslangen Lernen beziehen.
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang auch an viele Diskussionen in der HR-Praxis, die sich auf die Anrechnung bzw. Berücksichtigung von Lernzeiten im Verhältnis zu Arbeitszeiten bezogen. Sabine Prohaska erwähnt, dass Mitarbeiter oft diese Lernzeiten erkämpfen müssen. Aus meiner Sicht kommt hinzu, dass es zunehmend wichtiger sein dürfte, freie Zeiten zum gezielten Lernen zu nutzen. Ich freue mich sehr, dass ich zu den Themen Zeit und Lernen einige Fragen an Sabine Prohaska stellen darf.
Wald: Herzlichen Dank bereits vorab für dieses Interview. Gern starte ich mit der Frage mit welchen Hoffnungen Sie in das Jahr 2021 gehen.
Prohaska: Wie wahrscheinlich fast alle hoffe ich, dass wir die Pandemie in den Griff bekommen und viele Dinge beziehungsweise Freiheiten wieder zurückbekommen.
Wald: Gibt es einen Anlass oder einen Grund, dass Sie sich mit dem Thema Zeit beschäftigt haben?
Prohaska: In meinem Beruf habe ich ständig mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun. In den letzten Jahren hat die Diskussion über Zeitthemen stetig zugenommen. In unzähligen Seminaren haben die Teilnehmenden über die Zunahme der Schnelligkeit im Berufsleben, die ständige Erreichbarkeit oder die Vermischung von beruflicher und privater Zeit gesprochen. Aber auch seit ich mich verstärkt mit dem Thema Lernen und Digitalisierung auseinandersetze, habe ich eine Veränderung in meinem Verhältnis zur Zeit beobachtet. Das Thema Zeit wurde in vielen Facetten auf einmal ein ständiger Begleiter. Zum Beispiel ist eine der häufigsten Fragen bei der Umstellung auf digitale Lernprozesse mit der Kombination von synchronen und asynchronen Phasen die Frage nach der optimalen zeitlichen Taktung und optimalen Dauer von Lerneinheiten. Und letztlich habe ich erkennen müssen, dass mein eigenes Zeitmanagement, welches über 20 Jahre sehr gut funktioniert hatte, plötzlich ins Wanken kam. Ich merkte, dass durch die Kleinteiligkeit der Aufgaben, die es im Zusammenhang mit digitalem Lernen braucht, ein anderes Zeitmanagement notwendig wird.
Wald: In Ihrem Statement verwenden Sie den Begriff Lernkultur. Wie verstehen Sie dies und wie können Unternehmen ihre Lernkultur ändern?
Prohaska: Mein Fokus bei Lernkultur richtet sich auf das Thema Lernen am Arbeitsplatz. Es braucht meiner Meinung nach neue Anforderungen an das Lehren und Lernen und ein neues Verständnis davon, wie Lernen zu organisieren ist. Arbeitsinhalte werden komplexer und verändern sich rasch, dadurch kommt dem Thema Lebenslanges Lernen nochmal mehr Bedeutung zu. Auch hier ein interessantes Zeitphänomen: Die Halbwertszeit von Wissen nimmt dramatisch ab. Vor einem Jahrhundert noch dauerte es rund 35 Jahre, bis die Hälfte des Wissens eines Ingenieurs an der Hochschule „ersetzt“ wurde. In den 1960er Jahren betrug diese Zeitspanne schon nur mehr ein Jahrzehnt. Nach neuesten Schätzungen liegt sie heute zwischen 2,5 und 5 Jahren! ( Jane Hart, 2019).
Folgende Ansatzpunkte sehe ich für Unternehmen.
- Weg vom Lernen auf Vorrat
Sehr viel effektiver ist es, neue Informationen und neues Wissen im Sinne eines sofortigen Transfers zum Zeitpunkt der Notwendigkeit, also punktgenau und „on Demand“ bereitzustellen. Das erfordert einerseits eine flexible, also agile, Personalentwicklung, andererseits eine offene Unternehmenskultur, die daran gewöhnt ist, über den eigenen Lernbedarf zu reflektieren. Aber auch eine bewusste und lebendige Fehlerkultur ist dafür notwendig.
- Ressourcen, wie z.B. Zeit müssen zur Verfügung gestellt werden.
Lernen wird in Zukunft kontinuierlich am Arbeitsplatz stattfinden und nicht nur, wie bisher, gelegentlich in einem Seminarraum. Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, müssen im Vorhinein entsprechende Lernzeitkontingente von den Mitarbeitern und/oder Führungskräften eingeplant werden. Bisher waren Mitarbeitende, die für ein Seminar eingeteilt waren, zumeist an einem externen Seminarort und deshalb an diesen Tagen nicht greifbar. Diese externe Lernzeit wurde allgemein als Arbeitszeit anerkannt. Leider wird in vielen Unternehmen Lernzeit (z.B. das Absolvieren eines E-Learnings) als unproduktive Zeit wahrgenommen und die Lernaktivität muss zu Gunsten anderer Aufgaben oder Unterbrechungen am Arbeitsplatz in den Hintergrund treten. Der Mitarbeitende muss sich also seine Lernzeit erkämpfen.
- Organisation von Lernen verändert sich
Bisher waren wir zumeist gewohnt, dass berufliche Weiterbildung top-down organisiert war. Der neue Weg des Lernens verläuft in die entgegengesetzte Richtung: sehr autonom, selbstorganisiert, individuell. Es wird in Zukunft vermehrt beim Lernenden liegen zu erkennen, wie er oder sie am besten lernt und sich innerhalb des Lernprozesses organisieren möchte. Dadurch sind die didaktischen Konzepte und das Rollenverständnis von Lehrenden und Lernenden in einem Wandel begriffen.
Wald: Sie heben auch den zeit- und ortsunabhängigen Zugriff auf Lernressourcen hervor. Wann kann eigentlich neben dem Zugriff auf diese Ressourcen wirklich von Lernen gesprochen werden? Kann dies wirklich gemessen werden?
Prohaska: Der zeit- und ortsunabhängige Zugriff auf Lernressourcen verspricht höhere Effektivität bzw. eine kürzere Lernzeit, alles wichtige Kategorien in unserer Arbeitswelt. Deshalb werden auch Lernzeiten berechnet und gemessen sowie Bildungsprozesse diesbezüglich optimiert. Dabei wird leider oft vergessen, dass sich Lernen nicht so einfach messen lässt und seine Zeit braucht.
Bei der Frage nach der Meßbarkeit von Lernen geht es darum zu definieren, was wir unter Lernerfolg verstehen. Grundsätzlich wird ein Zuwachs an Kompetenzen als Lernerfolg gesehen. Doch dieser Lernerfolg zeigt sich erst in konkreten Anwendungssituationen und ist oft am Ende eines Lernprozesses noch nicht vollständig erkennbar. Die Transferforschung hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt und bietet interessante Konzepte.
Wald: Und ganz wichtig: Sollte die Lernzeit genau erfasst werden? Geht es nicht eher darum, Lernerfolge zu evaluieren?
Prohaska: Genau. Die Bearbeitungszeit darf nicht mit dem wirklichen Lernen verwechselt werden. Jeder Mensch hat seine individuelle Art und sein eigenes Tempo zu lernen. Das sagt nichts über den Lernerfolg aus. Lernen braucht Qualitäten wie sich Zeit lassen, Innehalten, Reflektieren.
Trotzdem sind Angaben zu geschätzten Lernzeiten, man müsste sie korrekterweise Bearbeitungszeiten nennen, relevante Größen für Organisationen. Damit Lernen am Arbeitsplatz funktioniert, müssen im Vorhinein entsprechende Lern-Zeitkontingente durch die betroffenen Mitarbeiter und/oder Führungskräfte eingeplant werden. In der Praxis stelle ich leider immer wieder fest, dass Lernerfolge geringer werden und absinken, weil die eigentlichen Lernaktivitäten zu Gunsten anderer Aufgaben oder durch oftmalige Unterbrechungen in den Hintergrund treten. Um das zu verhindern hilft es, zumindest die geschätzte Bearbeitungszeit eines E-Learnings oder einer Vorbereitungsphase anzugeben.
Wald: Sie schreiben, dass veränderte Zeitstrukturen die didaktische Gestaltung von Lernprozessen beeinflussen und derzeit auch flexible Lernarrangements entstehen. Ersetzen oder ergänzen diese das bisherige Lernen?
Prohaska: Kurze Lerneinheiten zwischen drei und 15 Minuten, Micro-Learnings oder Learning Nuggets genannt, stehen auf der Hitliste des Online-Lernens ganz oben. Hierbei handelt es sich um kurze Lernvideos, Podcasts, Quizzes oder Texte. Sie fügen sich flexibel in die kleinen Freiräume unseres (Arbeits-)Lebens ein und sind gehirngerecht. Diese virtuellen Bildungsangebote sorgen für deutlich größere zeitliche und räumliche Flexibilität. Lernende sind nicht von fixen Seminarzeiten abhängig und können sich somit die Lernphasen selbstständig einteilen und dem persönlichen Tagesablauf anpassen. Außerdem hat jeder Mensch seine individuell bevorzugte Art zu lernen –eine Individualisierung des Lernens ist somit möglich. Die Länge der einzelnen Lernphasen kann an die Wünsche der Lernenden angepasst werden und auch die Anzahl der Wiederholungen ist frei wählbar. Es ist möglich, sich viele Stunden durchgehend einer Materie zu widmen oder dieselbe Materie in mehreren kleineren zeitlichen Einheiten zu konsumieren. Am effektivsten beim Gestalten von Lernarrangements ist es, nicht nur auf singuläre Lernevents wie ein Seminar oder einen Online-Workshop zu fokussieren, sondern den Lernprozess umfassender zu denken. Für das Lernen ist das die beste Grundvoraussetzung, denn es vollzieht sich in Lernschleifen aus Vermittlung, Anwendung und Reflexion.
Wald: Welche Erfahrungen konnten Sie bislang mit digitalen Lernarrangements machen?
Prohaska: Im Zuge all der neuen Lernprojekte, die ich in den letzten Jahren betreuen durfte, hat sich eines ganz klar gezeigt: Ob moderne Lern-Arrangements funktionieren, hängt wesentlich auch davon ab, wo die Teilnehmenden stehen. Auch wenn Programme in einer Firma noch so großartig aussehen und dort funktionieren, heißt das nicht, dass sie auch in einer anderen Firma gut laufen werden. Lernarrangements müssen punktgenau und stimmig zum Bedarf, der Zielgruppe und auch zur Unternehmenskultur passen! Unternehmen müssen im Rahmen ihres E-Learning Prozesses vermehrt darauf achten, ihre Mitarbeiter an Bord zu holen. Sie müssen sich zum Beispiel fragen, ob ihre Lerner überhaupt die Selbstkompetenz haben, um mit Digitalisierung und dem daraus resultierenden Lernen wirkungsvoll umgehen zu können. Es müssen die gewohnten Muster und Lernbiografien berücksichtigt werden. Der schon lange geforderte Lernkultur-Wandel im Sinne von mehr Eigenverantwortung der Lernenden braucht nun einmal Zeit. Was in der Theorie so einfach und schön klingt, ist für viele Menschen, die eine andere Schulbildung durchlaufen haben, völlig ungewohnt. Bisher gaben in der Schule der Lehrer und später im Betrieb die Führungskraft oder der Trainer den Umfang und Inhalt des Lernens vor. In den modernen Lernprozessen sollen die Lernenden sich plötzlich die Lernzeiten selbst einteilen und dabei auch noch selbst für ihre Motivation sorgen. Das sind Prozesse, mit denen manche Menschen noch keine Erfahrungen gemacht haben und daher auch keine entsprechenden Strategien entwickeln konnten. Zudem gilt es darauf zu achten, dass angesichts der Nutzung von schnelleren Technologien, das menschliche Hirn eventuell nicht immer in der adäquaten Geschwindigkeit folgen kann. Es hat sich zwar die Art und Weise, wie Dinge vermittelt bzw. gelernt werden, drastisch verändert, nicht aber die Funktionsweise des menschlichen Gehirns. Lernen brauch nach wie vor ausreichend Zeit und Reflexionsmöglichkeiten. Die dafür notwendigen Zeitstrukturen müssen in den Unternehmen geschaffen werden. Ohne ausreichendes Zeitbudget lassen sich die Lernaufgaben nicht in der entsprechenden Tiefe erledigen. Hier kommen wir wieder zum vorher schon besprochenen Thema der Lernkultur.
Wald: Digitale Lernangebote ermöglichen größtenteils eine präzise Zeiterfassung der Lernprozesse. Sollte für die Optimierung von Lernprozessen stärker auf diese Zeitinformationen zurückgegriffen werden?
Prohaska: Diese Informationen können uns wichtige Hinweise für die Optimierung von Lernprozessen liefern. Wir dürfen allerdings auf keinen Fall die Individualisierung des Lernens vergessen. Denn die Geschwindigkeit beim Lernen sagt nichts über die Qualität aus. Jeder Mensch hat seine eigene Art und Geschwindigkeit beim Lernen. Ihn dabei optimal zu unterstützen sollte unser Ziel sein.
Wald: Wohin wird letztlich die Reise gehen? Werden wir nicht nur was das Lernen angeht, letztlich doch aus zeitlicher Sicht komplett vermessen?
Prohaska: Die Zukunft gehört dem Smart Learning. Darunter versteht man intelligente und hybride Lern- und Arbeitsumgebungen. Die Technik unterstützt die lernende Person, indem die Smart Learning Environments alle Vorgänge in ihrer Umgebung digitalisieren und vernetzen. Somit lassen sich analoges und digitales Lernen optimal verbinden. Damit eine Lern- und Arbeitsumgebung intelligent wird, ist es erforderlich Lernprofile, Lernhistorien, Lernvorlieben, Lernpfade usw. im Rahmen von Learning Analytics in das Smart Learning Environment zu integrieren. Durch diese Verbindung von Technik und Lernen fallen im Vergleich zum bisherigen Lernen eine Unmenge an Daten, weit über die zeitliche Vermessung des Einzelnen hinaus, an und die Frage wird sein, wie wir mit diesen Daten umgehen. Datenschutz und Ethik werden auch im Zusammenhang mit Lernen zu diskutieren sein.
Wald: Ganz herzlichen Dank für dieses offene Gespräch. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg.
Meine Gesprächspartnerin Sabine Prohaska ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunter- nehmens seminar consult prohaska, Wien, das unter anderem Trainer und Coachs ausbildet. Die Wirtschaftspsychologin und erfahrene Management-Trainerin gilt als Expertin für das Thema angewandte Psychologie im Businessalltag und zählt zu den etabliertesten Trainer- und Coach-Ausbildern im deutschsprachigen Raum. Sie hat langjährige Erfahrung in der Beratung und Begleitung von E-Learning Projekten und unterstützt Organisationen dabei, professionelle (Online-)Trainingskonzepte zu erstellen und umzusetzen. Dabei ist ihr die Humanisierung von Lernwelten ein besonderes Anliegen. Daneben ist sie auch als Autorin zahlreicher Bücher bekannt. Ihr neuestes Buch "Lernen im digitalen Wandel. Der E-Learning-Kompass für erfolgreiche Schulungskonzepte" erscheint im April 2021 im Junfermann Verlag.
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Wald: Vornweg herzlichen Dank für die Möglichkeit einige Fragen zu diesem interessanten Projekt an Sie stellen zu können.
Stavrinos: Sehr gerne! Ich freue mich darauf und hoffe, dass unsere Erfahrungen dem einen oder anderen Leser bei ähnlichen Vorhaben weiterhelfen können.
Wald: Können Sie kurz das konkrete Projekt bei Carglass beschreiben?
Stavrinos: Im Bereich Digital Workplace laufen mehrere Projekte rund um digitale Tools, die unsere Kommunikation und Zusammenarbeit verbessern können. Und natürlich auch mit dem Mind- und Skillset, die mit der immer größer werdenden Bedeutung solcher Tools oftmals gefordert werden.
Bei den konkreten Projekten, die im Rahmen des IOM-Summits vorgestellt wurde, ging es um die Einführung von diversen Applikationen aus dem Office365-Kontext für die Mitarbeiter unserer operativen Feldstruktur und das über alle Hierarchie-Ebenen hinweg. So lag unser Fokus sowohl auf Führungskräfte wie z.B. unsere Regionalmanager als auch auf Service-Monteure, die unser Pendant zu Blue Collar bzw. Firstline-Worker sind.
Wald: Sie haben im Vortrag auch das Thema Vorurteile angesprochen. Können Sie dies kurz erläutern?
Stavrinos: Da der Begriff Vorurteile einen negativen Beigeschmack haben kann, spreche ich in dem Kontext lieber von Annahmen. Diese machen wir oftmals bewusst oder unbewusst zu Beginn eines Projekts, um die Komplexität zu reduzieren. Im späteren Verlauf müssen wir dann aber auch überprüfen, ob unsere Annahmen korrekt sind oder verworfen werden müssen. Bei meinen vergangenen Berufsstationen wurde oft die Annahme gemacht, dass sich Blue Collar-Mitarbeiter grundsätzlich schwerer mit digitalen Tools tun. Deshalb sollten sie erst in einer späteren Rollout-Phase berücksichtigt werden. In solchen Fällen beginnt man mit dem Fokus auf Wissensmitarbeiter (was durchaus sinnvoll sein kann…), merkt allerdings nach dem Launch der ersten Tools, dass es hier auch Mitarbeitergruppen gibt, die sich bei der Adoption schwertun. Dann legt man den Fokus der anschließenden Projekte auf dieser Zielgruppe. Und anschließend kommt wieder ein neues Tool, was ausgerollt werden muss…
In solchen Fällen kann ein Teufelskreis entstehen und es eine Weile dauern, bis die Blue-Collar "drankommen". Und das nur, weil zu Beginn eine falsche Annahme getroffen wurde.
Wald: Wo sehen Sie Besonderheiten im Vergleich zu anderen Projekten?
Stavrinos: Schon von Anfang an lag bei uns der Fokus auf der gesamten operativen Feldstruktur inkl. unserer Service-Monteure. Die Kollegen sind letztendlich auch der größte Anteil in unserer Mitarbeiterstruktur und generieren mit deren Leistungen unseren Umsatz. Bei den ersten Schritten merkten wir im Projektteam schnell, dass ein großer Teil der Kollegen wesentlich affiner beim Umgang mit digitalen Tools ist, als wir es zu Beginn angenommen haben. In unseren Workshops begegneten wir kaum Bedenken zu einer möglichen "Überforderung" und die Ideen über praktische Einsatzmöglichkeiten solcher digitalen Tools wurden von den Kollegen ohne Schwierigkeiten selbst entwickelt. Bei der späteren Nutzung spielte dann vor allem das konkrete Verhalten der Führungskräfte eine große Vorbildrolle und diente als Orientierung.
Wald: Woran liegt es, dass sich das Mitarbeiterverhalten so stark am Verhalten der Führungskräfte ausrichtet und weniger am Verhalten der Kollegen? Sind die Führungskräfte etwa digital affiner?
Stavrinos: Nein, Führungskräfte sind nicht per se digital affiner. Diese Annahme bzw. dieses Vorurteil kann ich zumindest bei uns dementieren. Unter unseren Service-Monteuren sind Kollegen dabei, von denen ich selbst auch vieles im Bereich IT lernen konnte. Die Ursachen für die starke Orientierung der Service-Monteure am Führungskräfte-Verhalten können wir schwer ermitteln, ich habe aber einige Hypothesen, die wir uns in den kommenden Jahren näher anschauen möchten:
- Unser Leadership-Model (=Legitimate Leadership) wird tatsächlich in der Praxis stark gelebt und trägt Früchte. So werden viele unserer Führungskräfte von deren Mitarbeitern als natürliche Vorbilder bei neuen Themen anerkannt.
- Da diese "neue Art von Arbeit" mit digitalen Kommunikations- und Kollaborationstools nicht zum Kerngeschäft gehört, gibt es ggf. manchmal noch Unsicherheit zu dem Ausmaß und der Art der Nutzung. "Ist es wirklich ok, wenn ich mich jetzt damit auseinandersetze oder werde ich dann als unproduktiv eingestuft?" ist eine Angst, die durchaus im (Unter-)Bewusstsein entstehen kann. In solchen Fällen kann das Verhalten der Führungskraft als Orientierung dienen.
Wald: Welche Rolle spielten Vorkenntnisse bei der Nutzung digitaler Hilfsmittel im privaten Bereich?
Stavrinos: Ich glaube, dass Vorkenntnisse nicht zwingend notwendig sind. Andererseits wird aber die Adoption digitaler Hilfsmittel wesentlich einfacher, wenn im privaten Bereich bereits positive Erfahrungen damit gemacht wurden. Letztendlich werden inzwischen die meisten solcher digitalen Tools zusammen mit Usability-Experten entwickelt, so dass die Einstiegsbarrieren für deren Zielgruppe nicht so hoch sind. Ausnahmen bestätigen natürlich immer die Regel. Links finden Sie eine Sport-Tracking-App, die für eine globale Wohltätigkeits-Challenge von ca. 7.000 Kollegen genutzt wurde (ein gutes Beispiel für Apps, die privat genutzt werden und dann "plötzlich" in einen beruflichen Kontext rücken).
Durch die Corona-Pandemie mussten bei uns z.B. viele Kollegen zu MS-Teams schnell "switchen". Und obwohl das entsprechende Support-Angebot zu Beginn nicht besonders umfangreich war, haben sich die meisten selbständig "reingefuchst". Gleichzeitig merkten wir in den ersten Monaten der Pandemie, dass ähnliche Tools auch Einzug ins Private gefunden haben und dadurch eine "Transferleistung" in beiden Richtungen stattgefunden hat. Ein Produkt-Feauture wie die "Breakout-Rooms" in Zoom, die einige Kollegen privat nutzten, wurde dann plötzlich auch für die Teams-Meetings mit den Kollegen angefordert. Sowohl die Adoption als auch die Ansprüche sind also stark gestiegen.
Wald: Sie haben im Vortrag die besondere Rolle des Customer Contact Centers (CCC) hervorgehoben? Woran liegt das?
Stavrinos: Eines der Zukunftsthemen bei Carglass ist der potentielle Einsatz von Voice Bots im Bereich des telefonischen Supports für unsere Kunden. Und genau dieses innovative Thema wird von den Kollegen im CCC getrieben. Statt dem digitalen Wandel mit Skepsis und Angst vor potentiellen Jobverlusten zu begegnen, setzt man sich als Unternehmensbereich aktiv damit auseinander.
Denn bei einer Entlastung unserer CCC-Agenten durch die automatisierte Bearbeitung einfacher Anfragen entsteht ein großes Potential, um Kunden mit komplexeren Bedürfnissen besser betreuen zu können. Oder auch um neue Aufgaben zu übernehmen, wie z.B. das systematische Bündeln von Kunden-Insights.
Diese positive Haltung und das proaktive Handeln bei den Kollegen unseres CCC finde ich sehr beachtenswert und ein gutes Beispiel, wie man die Chancen einer digitalen Transformation besser für sich nutzen kann.
Wald: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Learnings?
Stavrinos: Schon bei unseren ersten Pilot-Projekten merkte ich, dass meine tägliche Arbeit meilenweit von dieser eines Service-Monteurs entfernt ist. Es war also wichtig, mehr eine Coach-Haltung anzunehmen und weniger als "Spezialist für digitale Tools" aufzutreten. Das fiel mir nicht immer leicht, v.a. bei direkten Fragen zu meiner "Experten-Meinung"… Das selbständige Erarbeiten der Lösungen von Personen, die das tägliche Doing verstehen, ist aber mMn. einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren bei solchen Vorhaben. Ansonsten bin ich sehr froh, dass wir bei allen Projekten größtenteils iterativ vorgegangen sind. Wir haben vor der Einführung neuer Tools immer Pilotprojekte durchgeführt und die daraus resultierenden Learnings für die weiteren Schritte genutzt. So konnten wir früh unsere Annahmen überprüfen und regelmäßig neue Erkenntnisse gewinnen. Und ein ganz positiver Nebeneffekt: die positiven Erlebnisse aus den Pilotregionen haben sich sehr schnell herumgesprochen und eine natürliche Nachfrage für diese Tools erzeugt.
Wald: Wie könnten diese Learnings bei Folgeprojekten berücksichtigt werden?
Stavrinos: Das Ziel unseres Bereichs ist es, alle Projekte im Employee-Experience-Kontext künftig nach einem vordefinierten Design Thinking-ähnlichen Prozess abzuwickeln. Dabei wollen wir schnell unsere Zielgruppen verstehen und "kleinere" Lösungen mit Nutzern erproben. Aus diesem Grund soll bei künftigen Folgeprojekten weiterhin stark mit Pilot-Regionen zusammengearbeitet werden. Parallel dazu versuchen wir, unsere Insights/Learnings aus den einzelnen Projekten besser zu bündeln und diese auch anderen Kollegen zur Verfügung zu stellen, um künftig bessere Entscheidungsgrundlagen (z.B. für die Priorisierung von Projekten) zu haben.
Wald: Ganz herzlichen Dank für die interessanten Einblicke.
Stavrinos: Vielen Dank auch meinerseits für Ihr Interesse und die vielen spannenden Fragen!
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Wald: Bereits an dieser Stelle herzlichen Dank, dass ich Ihnen Fragen zu pludoni und Empfehlungsbund stellen kann. Vornweg aber die Frage, mit welchen Hoffnungen gehen Sie in das Jahr 2021?
Klukas: Ich bin zuversichtlich, dass wir die aktuelle Corona Situation lösen werden und bald wieder betriebliche Normalität herrscht. Und ich denke, Corona hat uns auch zum Umdenken gebracht, ob die ganzen Geschäftsreisen wirklich sein müssen. Meiner Meinung nach waren die meisten überflüssig und schadeten der Umwelt. Mir ist es wichtig, dass das Personalmanagement nachhaltiger wird. Viel zu oft werden Ressourcen einfach verschwendet.
Wald: Dies klingt interessant. Könnten Sie Ihr Unternehmen, die pludoni GmbH, und den Empfehlungsbund etwas näher vorstellen?
Klukas: Wir stärken mit Empfehlungsbund regionale und überregionale Kreisläufe. Am Ende eines jeden Personalgewinnungsprozesses gibt es zwei Ausgänge: Eingestellte oder Botschafter. Jeden Kandidaten, der nicht einstellt wird, muss aus dem Unternehmen raus gehen und sagen „Schade, dass das nicht geklappt hat, das ist ein klasse Unternehmen." 2008 war ich noch ein Leiter Personal in einem großen IT-Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern. Einige Geschäftsführer und Personaler klopften bei mir an und fragten, ob ich meine Absagen an sie weiterleiten könnte. Ich war etwas verdutzt, da ich mich fragte „Was wollen die mit meinem Absagen?“. Ich musste erkennen, dass auch bei uns – trotz aller Mühe die Gütekriterien in der Personalauswahl einzuhalten – Kandidaten vom Tellerrand runterkrümeln. Umso erstaunter war ich, wie viele das sind. Ca. 10% der Absagen sind gute Kandidaten! Bei 100 Bewerbungseingängen, von denen 10 eingestellt werden, sind immer noch 9 gute Kandidaten dabei. Wenn die vor der richtigen Firmentür stehen würden, wäre vielen Firmen geholfen. Außerdem würde man jemanden einstellen, der über das Marketing-Budget einer anderen Firma kommt.
Auf diese Weise schöpfen wir das ausgegebene Marketing-Budget sinnvoller aus. Wir haben im Jahr 2009 mit 17 Firmen angefangen, uns diese Kandidaten zuzuleiten - natürlich ohne Kandidatendatenbank und Datenschutzproblematiken. Heute sind im Empfehlungsbund über 400 Unternehmen aus IT, Maschinenbau, Elektrotechnik, BWL/VWL und Gesundheitsbranche (Pfleger und Ärzte) dabei. Wir haben uns seit der Gründung über 14.000 Kandidaten gegenseitig vermittelt – ohne dass irgendeiner eine Provision dafür zahlen musste. Unsere Ergebnisse machen wir ganz transparent auf www.empfehlungsbund.de/mediadaten.
Wald: Worauf ist aus Ihrer Sicht der Erfolg der Plattform Empfehlungsbund zurückzuführen. Oder anders gefragt, worin besteht das Erfolgsgeheimnis?
Klukas: Das Geheimnis ist, Nachhaltigkeit im Recruiting zu realisieren. Da gibt es verschiedene Gründe, warum das Personalmanagement hier Nachholbedarf hat: Vermeintliche Rankings der besten Marketing-Kanäle führen in die Irre, da diese den wissenschaftlichen Gütekriterien nicht standhalten. Die Personalauswahl ist voller Fehler, weil A die Anforderungen unklar sind, B die dazugehörige Art der Messung in Interviews und Tests (Operationalisierung) nicht funktionieren, sowie C die Kandidaten nicht dahingehend analysiert werden, ob sie woanders Wertschöpfung erreichen. Auf der anderen Seite ist der Stellenmarkt für Jobsuchende so komplex geworden, dass es beinahe eine eigene Weiterbildung braucht, um sich hierin noch zurecht zu finden. Die größte Herausforderung ist, dass wir Unternehmen für uns finden, denen soziales Engagement und Nachhaltigkeit im Recruiting wichtig sind und diese immer wieder zu motivieren, sich richtig für die Community zu engagieren. Wir funktionieren nicht für jedes Unternehmen. Empfehlungsbund ist nur sinnvoll, wenn man eine attraktive Arbeitgebermarke entwickeln will und das an allen Touchpoints mit Kandidaten. Unternehmen, die erkannt haben, dass abgesagte Bewerber sich mit 3-7 Personen im Freundeskreis über ihre Bewerbungserfahrung unterhalten und damit den Arbeitgeber empfehlen oder ruftechnisch vernichten. Bewerber an andere zu empfehlen bedeutet nicht nur, diesem Bewerber wichtige Orientierung im Stellenmarkt zu geben, sondern man kann fest damit rechnen, dass diese Kandidaten Werbung für das Unternehmen machen werden. Empfehlungsbund ist in jeder Hinsicht eine Mitmach-Community. So empfehlen wir uns nicht nur gute Bewerber, sondern auch Azubis/Studenten, die wir nicht übernehmen können, und Mitarbeiter, die wir betriebsbedingt entlassen müssen. Außerdem teilen wir arbeitsmarktrelevante Informationen miteinander.
Wald: Mittlerweile gibt es neben dem Empfehlungsbund noch weitere Plattformen mit Services für Personaler. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang auch an die von Ihnen angebotenen Studien (z.B. kanaleo), um mit Hilfe besonderer Informationen Personaler bei wichtigen Entscheidungen zu unterstützen. Können Sie diese etwas näher vorstellen?
Klukas: Alle Services, die wir entwickeln, stimmen wir Empfehlungsbund-Community-Workshops (EBCW) drei Mal jährlich mit allen Mitgliedern ab. Die Mitglieder geben uns wichtige Impulse, wie wir das Netzwerk optimieren können. Mit 86% Verlängerungsquote sind die meisten Mitglieder sehr lange dabei. Auf diese Weise wurden die Funktionalitäten systematisch erweitert. Es wurden in den letzten 10 Jahren 14 Services entwickelt, die alle den Mitgliedern kostenlos zu Verfügung stehen und die alle per Design zum Community-Gedanken beitragen. So wurde z.B. kanaleo.de entwickelt, welches alle Bewerbungseingänge systematisch nach deren Verhaltensweisen befragt, wie diese zum neuen Arbeitgeber finden. So wissen alle Mitglieder aus mittlerweile 100.000 Bewerberfeedbacks, wie man ganz spezifische regionale Zielgruppen gewinnen kann. Die Einführung von jobwert.info ermöglichte es tatsächlich gezahlte Gehälter zwischen den Mitgliedern anonym zu vergleichen. Mit Faire-Karriere.de bieten wir ein Bewertungsportal, das auf strukturierte Feedbackkultur und Solidarität setzt. Mit Cowork.de ermöglichen wir gezielte Mitarbeiter-werben-Mitarbeiter Programme über soziale Medien. Über Mittlr.de greifen die Partner auf die Kandidaten-Pools ihrer Lieblingspersonaldienstleister zu. Und mit CandiSearch durchsuchen sie das ganze Web nach passenden Kandidaten zu Ihren Stellenanzeigen. Unser komplexester Service ist das EBMS – ein integriertes vollständiges Bewerbermanagementsystem von Anzeigenoptimierung bis zum On-Boarding. Alles ist in einem Produkt in einer Mitgliedschaft enthalten. Wir führen mit jedem Neumitglied drei Einarbeitungsworkshop durch und in jedem Jahr ein 3-4-stündiges Review. Wichtig ist hier: Es reicht nicht, dass die Mitglieder sehen, dass Empfehlungsbund eine der Hauptzugriffsquellen auf Ihre Karrierewebseite wird – das schaffen wir immer, sondern dass es auch gute Bewerbungen gibt. Und deshalb müssen wir uns den ganzen Prozess anschauen, da die guten Bewerber sehr wählerisch sind!
Wald: Gibt es für die nächste Zeit Pläne für weitere Plattformen oder Änderungen der Leistungsangebote?
Klukas: Ohja, unsere Mitglieder sind sehr fleißig mit Feedback geben und neuen Ideen. Unsere Pipes für Weiterentwicklungen sind sehr voll. Doch wir entscheiden intern sehr hart, was tatsächlich einen Mehrwert bringt. Es müssen sich immer so ca. 10 Mitglieder finden, die ein neues Feature wollen und es rege mitentwickeln in verschiedenen Workshops. Wenn hier keine Resonanz kommt, bleibt das Thema liegen, bis es wieder Liebe bekommt. Manchmal kommen wir auch nicht weiter und lassen das Thema ruhen, bis dann doch mal wieder ein Mitglied kommt und das Ganze mit einem neuen Impuls zum Leben erweckt. Die Services entwickeln sich so ständig weiter, manche davon verändern sich auch komplett, da sie wie ursprünglich geplant nicht mehr funktionieren. So haben wir ein Tool joblytics.de entwickelt, mit dem jeder Personaler seine Stellenanzeigen auf Effizienz messen kann. Wir versuchen zurzeit ein Modell zu entwickeln, dass für jede Stellenanzeige vorhersagt, wie viele Klicks und Bewerbungen es generieren wird. Hier stecken wir aber noch in den Kinderschuhen, auch wenn man es schon jetzt testen kann – live ist es ja in einer Basisvariante. Aber wir sammeln so schnell Feedback.
Wald: Derzeit wird auch zunehmend über intelligente Matching-Technologien aber auch über Themen wie cultural fit gesprochen. Können Sie Ihren Partnern diese oder ähnliche Leistungen anbieten?
Klukas: Davon halte ich nicht viel. Da ich nun auf dem Gebiet der KI mit neuralen Netzwerken und Case-based Reasoning promoviert habe, weiß ich, dass das meiste, was als KI in den Personal-IT-Systemen verkauft wird, nichts mit KI zu tun hat. Das Hauptproblem sind dabei nicht die Algorithmen, sondern die Datenlage. Woran messen wir das Wesen einer Person und woran das Wesen eines Teams? Lebensläufe und Stellenanzeigen scheiden hier aus – die sind beide sehr schlechte Datenquellen. In der Stellenanzeige steht „Sie haben starke kommunikative Fähigkeiten". Was soll das bedeuten? Hier kommt es ganz auf den Arbeitskontext an. In einem Lebenslauf stehen leider so gut wie nie Ergebnisse drin, sondern nur wann, wo man was war. Das sagt gar nichts. „10 Jahre lang Java-Entwickler" kann auch nur bedeuten, er war 10 Jahre lang anwesend. Arbeitszeugnisse sind gefakt, bringen auch nichts. Selbst der Begriff „cultural fit" ist mir zu einseitig. Soll es bedeuten, dass jemand genauso zu sein hat wie die anderen? Oder sollten wir nicht gerade nach Leuten Ausschau halten, die wie ein ergänzendes Puzzleteil passen? Beides hat seine Vor- und Nachteile. Ich glaube man muss anders ran gehen: Wie kann ich mit dieser Person jetzt oder später bei mir oder woanders Geschäft machen? Natürlich gibt es noch Unternehmen, die auf die ein oder andere Stellen ganz viele Bewerbungen erhalten, und richtig sieben müssen. Aber doch nicht mit wirtschaftspsychogisch fragwürdigen Methoden!Hier muss man objektive K.O. Kriterien definieren, welche ganz klar manifest messbar sind. Das können Zertifikate sein, Anzahl Vorträge auf Messen, die Größe eines geführten Teams, Anzahl vertriebsrelevanter Kontakte, Anzahl Neukunden, Umsatz, Prozessreifegrade, Größe des XING-Netzwerkes, Führerschein, etc. Das Subjektive (menschliches Miteinander) ist sehr, sehr wichtig und muss durch intensive Kontakte zwischen Belegschaft und Kandidaten während des Auswahlprozesses und während der STRUKTURIERTEN Probezeit gefunden werden.
Wald: Mit dem Blick auf Ihre Erfahrungen: Wo liegt die Zukunft im Markt der Dienstleistungen im Bereich Personalbeschaffung? Wo sehen Sie Schwerpunkte?
Klukas: Hier würde ich gern zwei Unterscheidungen machen: Die Dienstleister, welche IT-Systeme für das Personalmanagement entwickeln, und die Personalvermittler. Wenn es mit den in einigen Bereichen vorhandenen Fachkräftemangel so weiter geht, werden die internen Recruiter zu Headhuntern für das hoffentlich eigene Unternehmen. Hier ist die Gefahr, wenn der Recruiter das Unternehmen verlässt und zum Headhunter geworden ist, nimmt er ggf. die Kandidaten mit. Die Personalvermittlerbranche wird immer unübersichtlicher, was zu einer großen Herausforderung für den Einkaufsbereich wird. Hier braucht es noch neue Lösungen, wo sich bereits einige Startups damit beschäftigen. Bzgl. IT-Dienstleister wird es sehr bunt – da hier gerade neue Services wie Pilze aus dem Boden schießen. Jeder wittert Geschäft in der Personalbeschaffung. Man sieht das gut an XING – die nun New Work heißen. Die Digitalisierung des Personalwesens hat nicht nur etwas mit vielen Vorgängen im Sinne der Rationalisierung und Automatisierung zu tun, sondern auch für Bequemlichkeit der Mitarbeiter. Die Mitarbeiter werden für alles eine App auf Ihrem Handy erwarten. Samsung nannte sein Smartphone Life-Companion, so übertragen werden die Geräte zu Work-Companions werden. Dabei geht es nicht nur um die ständige Verfügbarkeit und somit die Erhöhung des Belastungspegels, sondern gerade andersherum, dass Mitarbeiter durch Deaktivierung einer App durch sich selbst oder von Seiten des Arbeitgebers! für eine Pause sorgen.
Wald: Ganz herzlichen Dank für dieses offene Gespräch. Ich wünsche Ihnen und Ihrem Team weiterhin viele Erfolge.
Klukas: Sehr gerne. Ich wünsche Ihnen auch weiterhin so viel Erfolg und weitere spannende Themen in Ihrem Blog!
Mein Gesprächspartner Professor Jörg Klukas hat an der Universität TU-Dresden und College des Ingenieures Paris studiert und verfügt über eine lange Berufserfahrung im Personalumfeld - davon ca. 8 Jahre als Leiter Human Resources und Business Excellence bei der T-Systems Multimedia Solutions, jetzt ca. 11 Jahre als Geschäftsführer der pludoni GmbH mit www.Empfehlungsbund.de zur qualifizierten Fachkräfteempfehlung und seit etwa 5 Jahren hauptberuflicher Professor der Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Personalmanagement an der FOM Leipzig.
]]>Today I talk to Kate Udalova – Co-founder of 7taps Inc. – a Florida based Startup which offers a state of the art tool to generate microlearning courses easily. I met Kate first via Twitter and ask her for this interview. I would like to start by thanking her and would ask her to shortly introduce herself, before I start the interview.
Kate: Thanks for having me, Peter! I've been working in the L&D industry since 2014. I started my career at the Consulting company in Belarus, where I was responsible for building and scaling L&D products. Also, I worked closely with clients as an L&D consultant. The lessons I learned from clients inspired 7taps — the startup we've founded at the beginning of the lockdown and successfully launched three months ago.
Peter: Thank you very much for your brief introduction. Could you describe 7taps Inc. the company you have founded?
Kate: 7taps is the way to create, share, and track engaging Instagram-style courses. It's a web-based SaaS platform created by an Instructional Designer, with the structure being intentionally engineered for the optimum microlearning experience. Our mission is to enable anyone to engage and grow their talents with courses created in minutes, making eLearning 100% accessible. Even a non-specialist can use 7taps, as it's wonderfully simple. Recently, a client texted me that she had created a course in just 15 minutes. It's exactly the feedback I've been waiting and working hard for!
Peter: 7taps promises higher engagement rates of learners. How can you achieve this?
Kate: On the fundamental level, employees need to have at least a basic interest in a subject to be engaged by the course. 7taps is not a magic bullet. However, it helps to deliver learning content in a way that resonates with today's learners, thus improving engagement and course completion rates. Here is the background for that:
- 7taps provides the smoothest learner experience ever. No passwords, no downloads, no sign-ins are required; courses are mobile-first but can be accessed from any device. I know from experience that when you need to train, say, 1,000 couriers, up to 10 percent may fail to download the mobile app. Just imagine: you have 100 employees with no idea how to communicate with the customer. That's why we've removed all the barriers to learning.
- 7taps employs the principle of microlearning. According to Omer Jomah, "The methods of microlearning are in line with the way that the learner's brain naturally takes in information so that the body does not get stressed-out" — and I couldn’t agree more. 7taps doesn't allow you to go "macro", there are built-in content limits. The courses are to be consumed in no more than 10 minutes.
- 7taps is backed up with the digital habits of modern learners. We look to the best tool digital media have thus far developed: Stories. It's a media format that's won over all social platforms. Even LinkedIn announced Stories to provide their users "a more human way of sharing". 7taps leverages this to achieve higher engagement rates.
Peter: What do you mean by Stories-based eLearning? Could you give some examples?
Kate: 7taps courses look like Instagram Stories with GIFs, micro-podcasts, and quizzes. They are easy to create yet provide enough functionality such that the resulting creations are neat and compelling.
7taps demo course: 7 steps to becoming happier
But Stories - as a visual part of a product - is just the tip of the iceberg. The product is designed to meet today's L&D needs and has a well-grounded product vision behind it. And it will get way better; we are adding new features as we go and have big plans for 2021.
Peter: We know the low attention span of the generation Z? How could your offering handle this problem?
Kate: The attention to different tasks depends on what we bring to that situation, no matter how old we are. And while the internet is replete with articles supporting the idea that GenZ's attention spans are no longer than 15 mins, Neil A. Bradbury, Professor of Physiology and Biophysics, found no credible proof for this statement. By all means, instead of speculating, I’d suggest getting in sync with your GenZ learners, exploring new outreach channels, going digital. My cousin is 22 years old, and the comparisons she is making are not to other learning content but to other media. She is likely to ignore tedious and poorly designed PowerPoint slides training and hour-long recorded webinars.
Peter: Could you give us an example of a successful microlearning opportunity?
Kate: Microlearning is always a successful opportunity when applied reasonably. It should not be blindly used for every organizational challenge. For example, 7taps wasn't built to replace other LMS platforms but rather to expand your reach and improve engagement with this mobile-friendly tool. It can be used as a stand-alone tool to meet a specific need, but it's not a one-size-fits-all solution. We've recently worked with a pharmaceutical company that faced difficulty in providing their sales rep team with lightweight and digestible learning content. Due to the lockdown, the team got overwhelmed with traditional e-courses. So, the L&D manager was looking for a solution easy to deploy and capable of delivering outcomes fast. Given the NDA, I can only share with you that course completion rates skyrocketed. And here's the feedback we got from the client: "What is most valuable for us is that 7taps really grabs attention. I didn't even think the learning experience could be like this!"
Peter: How will microlearning evolve? What will be the future of microlearning?
Kate: I see both macrolearning and microlearning co-exist. Though, despite being heavily popularized, microlearning is still immature. I've seen dozens of the so-called "microlearning solutions" that provide learners with 30-mins explainer videos and excel spreadsheet screenshots; let alone splicing traditional macro-courses into numerous shorter nuggets. So I hope the microlearning heyday is yet to come, and I'll do my best to contribute to it.
Peter: Thank you very much Kate for your contribution. I wish you continued success, many friendly partners, and disruptive ideas at all times.
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