Digital Leadership
Leipzig, Dezember 2023
Peter M. Wald
]]>Wie es um die digitalen Skills in Europa insgesamt steht, kann dem aktuellen „Index für digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) entnommen werden. Aktuelle Informationen dazu gibt es hier. Nach diesem Bericht der Europäischen Kommission fehlt es fast jedem zweiten EU-Bürger an digitalen Grundkenntnissen. Nur 54 Prozent der Europäerinnen und Europäer (im Alter zwischen 16 und 74) verfügen zumindest über grundlegende digitale Fähigkeiten. Diese „Spaltung“ zwischen digital „Kundigen“ und Menschen mit Defiziten bei den digitalen Fähigkeiten zeigt sich auch in der Analyse der D21-Initiative zum Digital Skills Gap und in den Studienergebnissen zum Digitaltag 2022. Hoffen lässt hier, dass jeder Zweite gern mehr an der digitalen Welt teilhaben möchte und 83% der Befragten Maßnahmen zur Förderung digitaler Medien- und Informationskompetenz wünschen.
Was ist nun unter digitalen Fähigkeiten oder Kompetenzen zu verstehen? In einem Papier des Stifterverbands und McKinsey werden die digitalen Grundfähigkeiten als Fähigkeiten beschrieben, „durch die Menschen in der Lage sind, sich in einer digitalisierten Umwelt zurechtzufinden und aktiv an ihr teilzunehmen. Diese Fähigkeiten werden im Berufsleben ebenso wie für gesellschaftliche Teilhabe (Digital Citizenship) in Zukunft benötigt und von Arbeitgebern bei ihren Mitarbeitern zunehmend vorausgesetzt. Dazu zählt die digitale Wissensgenerierung (digitales Lernen) und der informierte Umgang mit Daten im Netz (digital Literacy) ebenso wie die Fähigkeit zum kollaborativen Arbeiten“. Detaillierte Informationen zu dem hier beschriebenen Framework gibt es in diesem Papier.
Ein weiteres Konzept bildet das Kompetenzmodell des Europäische Referenzrahmens „DigComp 2.1“ mit den Kompetenzbereichen Informations- und Datenkompetenz, Kommunikations- und Kooperationskompetenz, Entwicklungs- und Gestaltungskompetenz, Sicherheitskompetenz, Problemlösekompetenz, Analyse- und Reflexionskompetenz. Diesen Basiskompetenzen sind 25 Einzelkompetenzen, auf jeweils vier Kompetenzstufen (Grundlegend, Anwendungssicher, Fortgeschritten, Spezialisiert) zugeordnet. Mit Hilfe dieses Referenzrahmens sind mittlerweile auch Kompetenzchecks möglich. Mittlerweile wurde dieser Referenzrahmen aktualisiert. Die Informationen zu DigComp 2.2 sind unter diesem Link abrufbar.
Fragen der digitalen Kompetenzen habe ich darüber hinaus auch hier in diesem Blog einige Male thematisiert so im Gespräch mit Simone Lis zur Notwendigkeit und den Besonderheiten von Digital Fluency („digitale Gewandtheit“)oder auch im Rahmen eines Interviews mit Shirley Sheffer zur Accenture Global Digital Fluency Study 2020.
In der zuletzt genannten Studie wird zwischen Digital Foundation (technische Voraussetzungen - Toolset), Digital Operations, Digital Leadership and Culture und dem mitarbeiterbezogenen Technologie Quotienten (TQ) differenziert. Mit dem TQ wird die oft erwähnte Kombination von Mindset und Skillset um die soziale Bedeutung digitaler Werkzeuge ergänzt. Dabei geht es vor allem um die Frage, was digitale Werkzeuge für die zu erfüllende Aufgabe und das Unternehmen bedeuten.
Von hoher Bedeutung dürfte es sein, die digitalen Skills nicht nur zu erklären, sondern auch zu messen. Hierzu gibt es bereits konkrete Vorschläge und Verfahren. In einem Folgepost werde ich mit dem Geschäftsführer von Cyquest - Joachim (Jo) Diercks - über den von ihm vorgelegten DigitalMatcher sprechen.
]]>Helge ist mit diesem neuen Format seit August 2020 am Start und hat mittlerweile eine überaus stattliche Anzahl von Beiträgen kommuniziert. Ich freue mich sehr, dass ich ihm heute einige Fragen zur Geschichte, Gegenwart und Zukunft seines „Babys“ stellen kann. Da Helge auch ein bekannter und breit vernetzter Experte auf dem Gebiet der HR-Kommunikation ist, liegt es auf der Hand, mit ihm auch über mögliche Trends in der HR-Kommunikation zu diskutieren.
Peter: Bereits vorab herzlichen Dank, dass ich Dir einige Fragen zum HRJournal und zu Fragen der Kommunikation im HR-Umfeld stellen kann. Wir kennen uns ja bereits geraume Zeit insbesondere aufgrund deines Interesses am HR Innovation Day, der nun Corona bedingt mehrere Mal ausfallen musste.
Helge:
Was ich sehr schade finde. Der HR Innovation Day war bisher bei mir immer ein fest gesetzter Termin. Es wird allerhöchste Zeit, dass wir uns alle wieder persönlich treffen, und zwar in Leipzig. Wie sehen denn Deine Pläne in dieser Hinsicht aus? Können wir hoffen?
Peter: Im Moment nähere ich mich dem Optimismus-Modus und überlege, ob und wie ich einen HR Innovation Day 2022 Anfang Juni 2022 evtl. auf die Beine stellen kann.
Peter: Du bist einer der Journalisten, die sich durch einen hohen Sachverstand zu Fragen des modernen Personalmanagements auszeichnen. Wie bist Du eigentlich in deinen Bereich gekommen?
Helge:
Durch ein Missverständnis. Ich komme aus der Kommunikation und habe lange als Berater gearbeitet. Vor rund zwölf Jahren habe ich mir die Prognosen zum Fachkräftemangel angeschaut und mich dann Schritt für Schritt HR angenähert. Durch Bloggen, Austausch auf Social Media und auf Veranstaltungen. Inhaltliche Berührungspunkte gab es vor allem durch Employer Branding - ein Thema, das ja auch heute noch oft von der Unternehmenskommunikation abgedeckt wird.
Meine Erwartung war, dass sich hier ein Markt auftun würde. Falsch gedacht. HR fand Employer Branding zwar immer irgendwie wichtig, aber erst jetzt, in 2022, steht dieses Thema wirklich flächendeckend oben auf der Agenda. Ich fand die HR-Welt aber so faszinierend, dass ich meinen beruflichen Schwerpunkt hierhin verlegt habe. Und ich bin von der Beratung in den Journalismus gewechselt. Beides waren richtige Entscheidungen.
Peter: Kannst Du meinen Lesern und Leserinnen etwas zur Entstehungsgeschichte des HR Journals sagen? Wie bist Du auf die Idee zu diesem Format gekommen?
Helge:
Da kam so einiges zusammen - und dann war auf einmal das HR Journal da. Gestartet bin ich im Frühjahr 2020. Da gab es den ersten Lockdown. Auf einmal hatte ich sehr viel Zeit, denn Aufträge gab es recht wenige. Ich habe letztlich dann aus dem Bauch heraus agiert und gesagt: Jetzt mache ich das, was ich schon lange tun wollte - und ich mache es spielerisch. Aufbauen war immer mein Ding, Netzwerken auch. In der Corona-Zeit war alles offen - und es erschien auch alles möglich.
Also: Einfach machen und die eigenen Vorstellungen verwirklichen. Allerdings fand ich damals auch, dass in der Welt der HR-Fachmedien durchaus noch Platz für ein neues Magazin ist. Vor allem online. Es hat geklappt. Mittlerweile schreiben für das HR Journal über 200 Gastautorinnen und -Autoren. Die monatlichen Besucherzahlen nähern sich den 25.000 an.
Peter: Gibt es so etwas wie eine thematische Entwicklungslinie? Wie haben sich ggf. die thematischen Schwerpunkte seit der Gründung entwickelt?
Helge:
Ich hatte die inhaltlichen Schwerpunkte im Employer Branding, Recruiting und Personalmarketing gesehen. Das war meine Komfortzone. Sehr schnell habe ich festgestellt, dass die Pandemie für HR grundlegende Veränderungen bedeutet. Recruiting war in 2020 nur begrenzt relevant. Stattdessen war HR auf einmal im Driver Seat in den Unternehmen, musste agieren. Führung musste neu gedacht werden, liebevoll gehegte Glaubenssätze gingen dabei zügig über Bord. Etwa der, dass nur eine Präsenzkultur effektives Arbeiten ermöglicht.
Sprich: Im HR Journal dreht sich momentan sehr viel um Führung / Leadership. Das wird auch so bleiben, trotz der Entwicklung auf dem Stellenmarkt. Lediglich an Recruiting-Stellschrauben zu drehen, das wird grundlegende Personalprobleme in den Unternehmen nicht lösen.
Peter: Durch die Auswahl der Beiträge bestimmst Du ja diese Entwicklung auch mit. Nach welchen Kriterien wählst Du die Beiträge aus?
Helge:
Erkenntnisgewinn für die Leserinnen und Leser. Die Beiträge sollen zum Nachdenken und zur Diskussion anregen, oder auf ganz konkrete Problemstellungen eingehen. Sie sollen aktuelle Entwicklungen in HR begleiten und Fachdiskussionen bereichern. Im Idealfall tun sie das. Und: Was in 2020 thematisch als superaktuell galt, wird heute eventuell im HR Journal nicht mehr publiziert. Dafür sind die Entwicklungen in HR viel zu dynamisch. Journalistische Kriterien spielen auch eine Rolle, wie etwa verständlich geschriebene Texte, die weitgehend werbefrei sind.
Peter: Die Beiträge im HR Journal sind mMn auch Indikatoren für die Schwerpunkte der Personalarbeit. Welche Beiträge bzw. welche Themenfelder finden hier die größte Aufmerksamkeit?
Helge:
Das lässt sich nicht auf einen Themenbereich reduzieren. Beiträge, die sich explizit an Führungskräfte richten, laufen sehr gut. Auch Beiträge, die neue Aspekte aufgreifen oder eine kritische These formulieren. Über die Monate hat sich abgezeichnet, wer zur Stammleserschaft des HR Journal zählt. Es sind erfreulich viele HR-Expertinnen und -Experten, und zwar vornehmlich solche mit Berufserfahrung. Der größte Anteil sind Menschen mit Führungsverantwortung.
Peter: Wird es hier zu Veränderungen kommen? Oder anders gefragt. Was sind aus Deiner Sicht die wichtigsten Themen in den nächsten Monaten?
Helge:
Der zweite Lockdown im Herbst 2020 hat Veränderungen zementiert, die unumkehrbar sind. Auch die "Great Resignation" hatte sich bereits zu dieser Zeit abgezeichnet. Momentan sind die Unternehmen dabei, diese Veränderungen "abzuarbeiten". Ich denke, dass eine Lockerung der Einschränkungen der Corona-Zeit den Handlungsdruck erhöhen wird. Dies betrifft die digitale Transformation. Vor allem aber betrifft es Fragen der Führung, der Kommunikation in den Unternehmen (dazu gleich mehr), der Kollaboration.
Die Lage auf dem Arbeitsmarkt dürfte sich weiter verschärfen. Nicht zuletzt Talent Management und Employer Branding werden oben auf der Unternehmensagenda stehen. Stichwort Personalbindung: Jetzt müssen sich die Unternehmen damit konsequent befassen, nicht nur darüber reden.
Wirklich spannend finde ich, wie sich unsere Gesellschaft nach der Lockerung der Einschränkungen entwickeln wird. Für uns alle sind Dinge selbstverständlich geworden, die vor zwei Jahren undenkbar waren. Auf einmal eröffnen sich uns Möglichkeiten, die vorher undenkbar waren. Mit "uns" meine ich hier auch die Unternehmen. Jetzt ist die Zeit der kreativen Brainstormings, am besten an sonnigen Tagen in vorfrühlingshafter Stimmung. Es könnte eine Zeit des Aufbruchs werden.
Peter: HR lebt von einer erfolgreichen Kommunikation nicht nur beim Employer Branding und Recruiting, sondern zunehmend auch durch die verstärkte Kommunikation mit den vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich häufig im Homeoffice befinden oder mobil unterwegs sind. Wie kann hier Kommunikation für ein Gefühl der Zugehörigkeit und des Miteinanders sorgen?
Helge:
Kommunikation war schon immer wichtig, um das Gefühl der Zugehörigkeit zu fördern. Durch Social Media haben sich die Kanäle vervielfacht - und die Art der Kommunikation. Diese war nicht mehr eingleisig. Mitarbeitende konnten ohne großen Aufwand Feedback geben, in den Dialog treten. Die Pandemie hat die Anforderungen an Führungskräfte und HR drastisch erhöht. Hier wird es in diesem Jahr wirklich spannend, denn die bisherige Kommunikation der Unternehmen wird nicht mehr ausreichen, um die Teams motiviert und produktiv zu halten.
Führungskräfte und HR sind in der Pflicht, Transparenz zu schaffen. Das ist anspruchsvoll genug, ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die Kommunikation wird einerseits breit streuen, das ist das alte Modell. Andererseits wird sie aber höchst individuell die Bedürfnisse der Menschen bedienen müssen. Digitale Tools gibt es genug. Nur: Nicht alles kann in der Kommunikation digitalisiert werden, das hat die Corona-Zeit gezeigt. Der persönliche Kontakt zählt, das persönliche Treffen. Nicht nur innerhalb des Teams, sondern auch mit den Führungskräften.
Was kann HR tun? Führungskräfte sowie HR sollten sich in die Schuhe der im Homeoffice arbeitenden Menschen stellen und deren Situation mit ihren Augen sehen. Das sollte nicht allzu schwer fallen. Und: Die Top-Down-Zeiten sind vorbei. Mitarbeitende sollten ermuntert werden, ihre Wünsche an die Kommunikation zu äußern und diese mitzugestalten. Und schließlich kann HR im Verbund mit anderen Bereichen im Unternehmen vorgehen. Hier sehe ich unter anderem die Unternehmenskommunikation.
Peter: Offen gesagt, halte ich die kommunikativen Fähigkeiten der meisten Personaler für ausbaufähig. Hast Du vielleicht Tipps, auch für meine Studierenden, wie hier deutliche Verbesserungen erreicht werden können?
Helge:
Kommuniziert doch endlich! HR muss sich das oft anhören. Ich würde hier gerne den Druck herausnehmen. Es ist ja nicht so, dass Kommunikationsprofis immer den Weitblick in ihrem Metier haben - und mit Kommunikation tun auch sie sich gelegentlich recht schwer. Interne Kommunikation galt in der PR lange als nicht wirklich wichtig und ein Job dort als Karrierebremse. Das hat sich seit 2020 geändert. HR ist also nicht allein mit dem Umdenken. Was also liegt näher, als enger mit der Unternehmenskommunikation zusammen zu arbeiten? Beide müssen sich verändern. Und dann sich gegenseitig die Ideen zuspielen, neue Möglichkeiten der Kommunikation austesten. Jetzt ist die richtige Zeit für Experimente. Zuhören und den Menschen Fragen stellen, das finde ich in der Nach-Corona-Zeit besonders wichtig. So einige Unternehmen machen momentan genau das, sowohl die Führungsebene als auch HR. Also: Raus aus der Komfortzone, es gibt keine bessere Zeit dazu als jetzt.
Peter: Ganz herzlichen Dank für das Gespräch. Ich wünsche Dir und deinem Baby, dem HR-Journal“, weiterhin eine geneigte Leserschaft mit offenen Ohren.
Helge: Vielen Dank zurück für die guten Wünsche und die Gelegenheit zu Interview. Anregungen aus der Leserschaft sind beim HR Journal sehr willkommen. Uns allen wünsche ich, dass bald wieder der HR Innovation Day stattfindet.
Mein Gesprächspartner Helge Weinberg ist Journalist aus Hamburg. Er hat an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Politikwissenschaft, Geschichte und Strafrecht/Kriminologie studiert. Er war lange in der Kommunikation tätig, und hat in der Politik, in Beratungsunternehmen und NGOs sowie für internationale Organisationen gearbeitet. Vor etwa zehn Jahren wechselte er in den Journalismus. Zuletzt war er für den Human Resources Manager tätig. Seit 2020 verantwortet er das neue Medium HR Journal, mit dem er sich insbesondere an die HR-Community, aber auch an Führungspersonen wendet.
]]>Wald: Vornweg vielen Dank für die Möglichkeit, mit Ihnen über die Geschichte und die Möglichkeiten von Cobrainerzu sprechen.
Aderhold: Gerne, die Freude ist ganz meinerseits! Ich freue mich immer sehr von der Arbeit unseres Teams erzählen zu dürfen.
Wald: Wie ist Cobrainer eigentlich entstanden? Woher kam die Idee und wer war am Anfang dabei?
Aderhold: Die Geschichte von Cobrainer hat an der TU München ihren Lauf genommen. Während des Studiums mussten wir im Rahmen einzelner Projektarbeiten Studenten aus verschiedenen Fakultäten zusammenbringen. Es haben sich immer wieder die Fragen ergeben:„Welche Skills brauche ich für bestimmte Projekte? Und an welchen Fakultäten muss ich suchen?“ Das war damals die Inspiration für Cobrainer. 2019 haben wir uns von einem HR-Beratungsunternehmen mit Fokus aus Skillmanagement zu der heutigen SaaS-Lösung weiterentwickelt und sind seitdem mit unserer Skill-Plattform auf Erfolgskurs. Erst kürzlich konnten wir durch eine weitere Finanzierungsrunde 11 Millionen Euro von unseren Investoren gewinnen. Heute verwalten wir über 100.000 Mitarbeiterprofile und haben die größte Skill-Datenbank der Welt. Ich denke, darauf können wir zu Recht stolz sein!
Wald: Auf Ihrer Website steht die folgende Aussage: Cobrainer ist die weltweit führende KI-gesteuerte Skill-Plattform, die internes Recruiting, Up-Skilling, und Talentmanagement schnell & einfach macht – unvoreingenommen und basierend auf individuellen Skills. Ein mMn sehr selbstbewusstes Statement. Was macht Sie da so sicher?
Aderhold: Das Besondere an Cobrainer ist der einzigartige Skill-Graph, den wir entwickelt haben und der über 500.000 verschiedene Skills, also Fähigkeiten, enthält. Unsere Software extrahiert diese Daten zum Beispiel aus Lebensläufen oder Social Media Profilen. Außerdem durchforstet unsere künstliche Intelligenz unablässig das Internet nach neuen Skills und fügt sie unserem System hinzu – dadurch sind wir immer auf dem neuesten Stand. Eine weitere Besonderheit: Es findet eine Harmonisierung der Begriffe statt, sodass es keine Dopplungen gibt. Dieses Zusammenspiel ist unsere Kernkompetenz und hebt uns von unseren Mitbewerbern ab.
Wald: Da kann ich gleich meine nächste Frage zu einem Zitat anschließen. „Klassische HR funktioniert nicht mehr. Skills, nicht Lebensläufe, sind die Zukunft von HR.“ Dieser Aussage stimme ich zu, frage mich aber, wie steht es um das Potenzial der jeweiligen Talente für ein Upskilling. Bleibt dies nicht außen vor?
Aderhold: Ganz im Gegenteil, wir glauben, dass kontinuierliches Up-Skilling ein elementarer Baustein einer erfolgreichen HR-Strategie und glücklicher Karrieren ist. Heutzutage ist alles in Bewegung: In Unternehmen verändert sich der Bedarf an bestimmten Hard und Soft Skills ständig – neue Jobs entstehen, entwickeln sich weiter oder werden komplett abgelöst. Mitarbeitende und Unternehmen müssen daher so anpassungsfähig wie möglich bleiben. In den Unternehmen steigt aufgrund des Fachkräftemangels das Interesse, Talente innerhalb der eigenen Belegschaft zu finden und sie auf offene interne Stellen zu setzen, anstatt extern nach passenden Mitarbeitenden zu suchen. Die Mitarbeitenden benötigen nicht nur eine grundsätzliche Bereitschaft, Neues zu lernen, sondern auch Transparenz darüber, welche Kurse, Trainings und Weiterbildungen für sie persönlich sinnvoll und zielführend sind.
Cobrainer hilft beiden Seiten: Wir unterstützen Unternehmen und Mitarbeitende, den aktuellen Bedarf zu sondieren, sich an neue Anforderungen anzupassen und den Überblick über vorhandene und fehlende Fähigkeiten zu behalten. Kurz gesagt: Wir zeigen Chancen und Potenziale für Weiterentwicklung auf.
Wald: Wie ich sehen konnte, forcieren Sie richtigerweise die Transparenz der Skills. Gibt es hier im Vorfeld eine Bewertung oder schaffen die Mitarbeiter selbst diese Transparenz?
Aderhold: Transparenz ist der Schlüssel zu einem Karriereweg, der “wie für mich gemacht” ist. Nur wenn mein Arbeitgeber – aber auch ich selbst – weiß, was ich gut kann und welches Potenzial in mir steckt, lassen sich Möglichkeiten für Wachstum und Weiterentwicklung schaffen. Dabei räumt Cobrainer Mitarbeitenden das höchste Level an Information Governance ein: Sie selbst entscheiden, welche Informationen sie teilen und inwieweit sie zur Transparenz beitragen möchten.
Wald: Ein häufiger Diskussionspunkt bei Gesprächen in Unternehmen und auch bei der Ausbildung meiner Studierenden ist das Thema digitale Skills. Wie betrachten Sie digitale Skills? Und was gehört aus Ihrer Sicht zu den digitalen Skills? Wie können oder sollten diese entwickelt werden?
Aderhold: Auch wenn sich dieser Trend bereits früh abgezeichnet hat: Die letzten zwei Jahre haben nochmal deutlicher gezeigt, wie wichtig das Vorhandensein digitaler Skills ist. Im Rahmen der beschleunigten Digitalisierung in Unternehmen wurden zunehmend Tools und Plattformen entwickelt und implementiert, die besonders die Arbeit von zu Hause aus erleichtern und effizienter machen sollen. Viele Unternehmen wurden erstmalig mit einem solchen (spontanen) Umfang an Digitalisierung und folglich der Notwendigkeit digitaler Skills konfrontiert. Diese reichen vom Umgang mit Productivity Suites über kollaborative Workspaces, Tools und Kommunikationslösungen bis hin zu komplexeren Prozessen und Anwendungen in der Cloud. Zum Beispiel, sind in den letzten Jahren virtuelle Präsentationsskills immer relevanter geworden, sowohl für Studierende aber auch für Arbeitnehmer und natürlich Lehrpersonal. Fehlen diese Skills, sinkt nicht nur die Produktivität im Tagesgeschäft, sondern auch die Moral unter den Mitarbeitenden. Das bedeutet: schnell handeln und der Belegschaft Möglichkeiten einräumen, fehlende Skills zu erwerben und sich weiterzuentwickeln. Dafür müssen sowohl Unternehmen als auch Mitarbeitende nachvollziehen können, an welchen Ecken und Enden Nachholbedarf besteht und vor allem müssen beide Seite bei der Fülle an verschiedenen digitalen Skills den Überblick behalten. Auch hier schafft Cobrainer Abhilfe.
Wald: Stichwort kollaboratives Lernen: Was kann hier Cobrainer beitragen?
Aderhold: Die Skill-Transparenz, die durch Cobrainer erreicht wird, lässt sich tatsächlich auch im Hinblick auf das kollaborative Lernen beobachten, da sich durch unsere Plattform Mitarbeiter mit ähnlichen Skill-Profilen gegenseitig finden und austauschen können, sofern sie das möchten. Desweiteren kann ich auch in Hinblick auf selbst gesetzte Lernziele sehr einfach Kollegen in meinem Unternehmen identifizieren, die diese Lernziele bereits erreicht haben oder sich gerade im aktiven Training befinden. Diese Referenzen sehen zu können hilft in vielerlei Hinsicht dabei, Angst oder Bedenken vor der Belegung eines Kurses oder der Kommunikation eines Lernziels zu nehmen.
Wald: Wie bewerkstelligen Sie die Verbindung zwischen Skill Management und Karriereplanung?
Aderhold:Wer ein Profil auf unserer Plattform hat, erhält nicht nur volle Transparenz über die eigenen Skills und darauf basierende Jobempfehlungen, sondern kann sich auch eigene Lernziele setzen und sich somit für den nächsten Schritt auf der Karriereleiter vorbereiten. Auf Basis dieser Ziele geben wir Empfehlungen für Kurse und Weiterbildungen, mit denen die Mitarbeitenden die gewünschten Skills erwerben können. Jeder einzelne hat so seine Karriere selbst in der Hand und kann selbstbestimmter handeln.
Wald: Wie kann Cobrainer in das Personalmanagement moderner Unternehmen integriert werden? Führt dies ggf. zu Konsequenzen für HR bzw. die Personalarbeit allgemein?
Aderhold: Die Cobrainer Plattform lässt sich nathlos und intelligent in bestehende HR-Management- und Learning-Management-Systeme einbinden. Dort sammelt sie die eingespeisten Daten, wertet sie aus und gibt der Personalabteilung einen Einblick in das im Unternehmen vorhandene Skillset sowie Entwicklungsmöglichkeiten. Cobrainer fungiert daher als positive Erweiterung bzw. als Unterstützung für die Personalarbeit, denn dort kann man dank der Lösung mit weit mehr Informationen als zuvor arbeiten und somit fundiertere Personalentscheidungen fällen. Unsere Plattform spart dank der künstlichen Intelligenz zudem viel Zeit, die stattdessen in andere wichtige Tätigkeiten investiert werden kann.
Wald: In vielen Unternehmen gibt es nach wie vor Defizite bei den Skills für die Anwendung digitaler Werkzeuge. Vieles ist hier gerade im Zuge der Pandemie im „Do it yourself-Modus“ erfolgt. Kann hier der Cobrainer helfen, systematischer zu agieren?
Aderhold: Da stimme ich zu. Der Umgang mit digitalen Tools ist in den letzten Jahren immer wichtiger geworden, doch viele kommen mit dem Erlernen dieser neuen Fähigkeiten nicht hinterher. Oft ist ja nicht mal innerhalb des Unternehmens bekannt, welche Tools zur Verfügung stehen und Mitarbeitende sind sich dieser Lücken gar nicht wirklich bewusst. Cobrainer kann dabei helfen, mögliche Defizite in Sachen digitaler Skills systematisch aufzudecken. Dafür pflegen die Mitarbeiter lediglich ihre Informationen zu ihren Hard Skills in die Plattform ein. Das intelligente System ist dann in der Lage, ihnen hilfreiche Trainings- und Fortbildungsmöglichkeiten zu empfehlen, mit denen sie Skill-technisch aufholen können.
Wald: Da drängt sich auch die folgende Frage auf! Oft erkenne ich ein „Digital Divide“ in den Unternehmen – zwischen den Mitarbeitern, die digital arbeiten können und bei denen dies nicht möglich ist. Wie kann hier ggf. Cobrainer helfen?
Aderhold: Es ist wichtig, dass Unternehmen diesen „Digital Divide“ erkennen und eine Schließung der Lücken anstreben, indem sie ihren Mitarbeitern Weiterbildungs- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten bieten. Somit wirken sie dem Entstehen einer „digitalen Zweiklassenbelegschaft“ entgegen. Cobrainer kann nicht nur den Mitarbeitenden allgemein Skill-Lücken aufzeigen, sondern Unternehmen auf eine entstehende oder sich vergrößernde Kluft hinweisen, woraufhin sie entsprechend eingreifen können.
Wald: Ganz herzlichen Dank für dieses informative Gespräch. Für die Zukunft wünsche ich Ihnen und Cobrainer weiterhin viele Erfolge sowie immer zufriedene Kunden und Partner.
Aderhold: Vielen Dank, es war mir eine Freude und ich hoffe, ich konnte Ihnen und Ihren Lesern einige hilfreiche Einblicke verschaffen und das Thema Skills näher bringen!
Einige Angaben zu meinem Gesprächspartner. Hanns Aderhold wuchs in den USA, Deutschland und China auf. Er studierte Architektur an der Technischen Universität München, leitete Engineering Projekte sowohl in der EMEA- als auch in der APAC-Region und arbeitete als Analyst im Bereich Venture Capital. Hanns Aderhold ist der Mitgründer und Geschäftsführer von Cobrainer.
Diese und weitere Initiativen halte ich für sehr wichtig, um notwendige Diskussionen und das Voneinander-Lernen zu forcieren. Ich freue mich sehr auf Hinweise zu weiteren Initiativen und Ideen, die das Miteinander in HR und auch darüber hinaus stärken helfen.
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Worum geht es mir beim Rückblick auf das Jahr 2021?
Das laufende Jahr stand genau wie 2020 ganz im Zeichen der Corona-Pandemie. Dabei wurde erneut deutlich, was mit Hilfe digitaler Technologien möglich und was dafür auch nötig ist. Vielen Unternehmen und mMn auch den Personalbereichen hat dieser hohe Digitalisierungsdruck gut getan. In vielen Fällen konnte HR nachdrücklich zeigen, dass es "Krise kann" und bei der Einführung neuer Arbeitsformen wie mobiler Arbeit eine Schlüsselfunktion besitzt.
Es ist jedoch anzunehmen, dass von mir am 10. Dezember 2021 mehr als nur ein Rückblick erwartet wird, ich habe mir deshalb auch Gedanken zu den künftig wichtigen Entwicklungen im HR-Management gemacht.
Vornweg: Sehr viele der relevanten Entwicklungen lassen sich recht gut mit dem Wort HYBRID beschreiben. Für mich ist dies mehr als eine Überschrift oder ein neues Buzzword, weil ich hybrid vor allem als Adjektiv verstehe, das sich auf etwas „Gebündeltes“ oder auch „Vermischtes“ bezieht. Dies kann einerseits Stärke bedeuten verweist aber andererseits auch auf mögliche Widersprüche. Erstmals aufgefallen ist mir der Begriff Hybride in einem Interview mit dem Personal-Professor Manfred Becker, der sich aus guten Gründen selbst als Hybriden bezeichnet hat. „Hybride deshalb, weil (er) sowohl über langjährige Erfahrungen in der Praxis als auch in Wissenschaft und akademischer Lehre verfüg(t).
Warum gerade mit Blick auf 2022 diese Fokussierung auf hybrid? Ich denke, dass sich hybride Situationen zunehmend häufiger finden lassen. Damit meine ich nicht nur hybride Arbeit als Wechsel zwischen der Arbeit im Büro oder Zuhause (hier geht es zu einem Wakelet mit Links zu hybrider Arbeit), sondern auch hybrides Onboarding, hybride Führung, hybride Personalarbeit bis hin zu hybriden Arbeitsmodellen und hybrider Arbeitswelt. Mittlerweile finden sich hybride Elemente in nahezu allen Prozessen des modernen Personalmanagements.
Für mich reicht Hybridität jedoch weit über diesen Kontext hinaus und betrifft auch
- das Verhältnis zwischen hybrid tätigen Wissensarbeitern und denen, die aufgrund ihrer Tätigkeit nicht hybrid arbeiten können
- eine Vielzahl von mehr oder minder flexibilisierten Arbeitsformen v.a. bezüglich Arbeitszeit und -ort und der differenzierten Beanspruchungsfolgen bei den Mitarbeitenden
- den Wechsel zwischen verschiedenen Arbeitsformen wie synchroner und asynchroner Zusammenarbeit sowie formeller und informeller Kommunikation
- den Einsatz klassischer und neuer datengestützter Entscheidungssysteme und -formen mit dem mehr oder minder umfangreichen Einsatz entsprechender IT-Systeme
- die Mitarbeitenden mit Wechselabsichten und jenen, die derzeit nicht über einen Wechsel des Arbeitgebers nachdenken.
All dies lässt erkennen, dass sich das Personalmanagement in einer zunehmend hybriden Situation befindet und hier auch eigenständige hybride Lösungen gefragt sind. Erschwert wird dies durch den sehr differenzierten Wissens- und Erfahrungsstand zu aktuellen Entwicklungen im Personalmanagement. So stoße ich immer wieder zukunftsweisende Best Practices von denen jedoch nur wenige innerhalb und außerhalb der Unternehmen wissen. Das Lernen voneinander - national wie auch international - dürfte in Zukunft weit stärker als bisher gefragt sein.
Neben dem Evergreen Digitalisierung und der laufenden Transformation vieler Personalbereiche existieren viele Einzelthemen, von denen einige im Jahr 2022 ganz oben auf der Agenda des Personalmanagements stehen werden. Dazu zähle ich deutlich zunehmende Recruiting-Anstrengungen, stärkere Berücksichtigung von Employee Experience, den wachsenden Einsatz datengestützter Lösungen bis hin zum Einsatz von Algorithmen und KI im Recruiting und in der Personalarbeit insgesamt. Sichtbar wird dies in vielfältigen Initiativen und Projekten, die mMn bald ihre Wirkung entfalten werden. Einige dieser trendsetzenden Initiativen will ich hier stellvertretend für viele andere nennen und verlinken.
- Das Wirken der „Recruiting Rebels“ zur dringend notwendigen Professionalisierung der Personalauswahl bzw. der Eignungsdiagnostik (leider immer noch keinen Webauftritt, deshalb hier ein Interview von Stefan Scheller)
- Die Initiative “Green Recruiting” von Young Targets. Hier geht es angesichts der aktuellen Situation um mehr Nachhaltigkeit im Recruiting und in HR insgesamt
- Die Aktion #MeinZiel22 für die „Bergführer des Lernens im Unternehmen" (Corporate Learning Professionals) von Karlheinz Pape
- Die (derzeit zum Teil sehr sparsamen) Aktivitäten des Ethikbeirates HRtech beim BPM und die „Richtlinien zum verantwortungsvollen Einsatz von KI in der Personalarbeit“
- Es braucht viel mehr Erfolge und Erfolgsgeschichten im Bereich Diversity und Inklusion. Dabei helfen kann die https://www.charta-der-vielfalt.de
- Die Fragen der Fairness bei Entscheidungen mit Personalbezug gewinnen an Bedeutung. Dies betrifft derzeit in erster Linie diskriminierungsfreie Entscheidungen im Recruiting aber auch bei der Personalentwicklung. Hierzu das Projekt FAIR (in Zusammenarbeit mit Case/Candidate Select).
- Zum Miteinander im Jahr 2022 gehört mMn auch die Initiative von Sabine und Alexander Kluge und dem Bundesverband der Personalmanager für ein unternehmensübergreifendes und selbstorganisiertes Programm zur Vernetzung und zum gemeinsamen Lernen mit dem Titel #WOL4HR (WorkingOutLoud für HR - Link zur Infoveranstaltung).
Alles in allem gibt es aktuell ein breites Nebeneinander von vielen interessanten Ideen, Überlegungen und bereits funktionierenden Lösungen. Künftig muss es aber, weit stärker als bisher, um den Bau von Brücken zwischen diesen Lösungen gehen. Hybridität bedeutet hier für das Personalmanagement den Einstieg in eine bewusste Bündelung der vielen Erkenntnisse und Erfahrungen, um auf dieser Basis neue Lösungen erarbeiten und einführen zu können. Dies klappt jedoch nur, wenn im Jahr 2022 aus dem häufigen Nebeneinander (endlich) ein stetes und wertschätzendes MITEINANDER wird.
]]>In diesem Sinne hat mich die Kontaktaufnahme von Simone gefreut, denn ich denke, dass sie meinen Lesern und Leserinnen Einblicke in eine neue Art der Vermittlung digitaler Kompetenzen verschaffen kann. Mit ihrem Community-Ansatz geht sie dabei einen eher ungewöhnlichen aber mMn Erfolg versprechenden Weg. Ich freue mich sehr, dass ich Simone als Interviewgast im Leipziger HRM-Blog begrüßen kann.
Peter: Vielen Dank bereits an dieser Stelle dafür, dass ich Dir einige Fragen zu Deiner Sichtweise und Deinen Aktivitäten im Bereich der Vermittlung digitaler Kompetenzen stellen kann. In einem Interview mit Shirley Sheffer habe ich in diesem Zusammenhang erstmals den Begriff Digital Fluency benutzt und im Sinne digitaler Kompetenzen interpretiert. Wie ich verstanden habe, interpretierst Du Digital Fluency als Denkweise. Könntest Du hier bitte Dein Verständnis des Begriffes erläutern?
Simone: Ich war schon immer fasziniert von der treibenden Kraft neuer Technologien. Diese Faszination wurde noch stärker als ich vor über 10 Jahren mit einem Koffer und einer Idee in San Francisco gelandet bin. Dort war ich plötzlich von so vielen großartigen Innovatoren umgeben, wie beispielsweise den Gründern von Airbnb, die unsere Zukunft neu erfinden. Wenn Du jeden Tag von Menschen umgeben bist, die unsere Welt aktiv zum Besseren gestalten wollen, dann fängst du plötzlich auch an Technologien besser verstehen zu wollen und zu nutzen. Du siehst die großen Herausforderungen dieser Welt und versuchst mit kreativen Wegen eine Lösung für diese Probleme zu finden. Ich nenne das Digital Fluency, eine Denkweise die jeder erlernen kann. Mittlerweile muss man hierfür auch nicht mehr extra nach Silicon Valley reisen, sondern kann das bequem von Zuhause aus trainieren.
Peter: Bei der Vermittlung von Digital Fluency gehst Du einen neuen Weg. Wie bringst Du Digital Fluency und Community-Building zusammen? Was verbirgt sich hinter dem MatchlabN Approach?
Simone: In den letzten Jahren konnte ich verstärkt beobachtet, dass die Geschwindigkeit der Entwicklung und Einführung neuer Technologien extrem zugenommen hat und neben dem Silicon Valley viele weitere Startup-Hotspots in der ganzen Welt entstanden sind. Um wirklich zu verstehen, in welche Richtung sich unsere Welt in Sachen Technologien entwickelt, müsste man eigentlich kontinuierlich um die ganze Welt reisen. Dies ist natürlich aus Kosten-, Zeit- und Nachhaltigkeits-Gründen nicht möglich. Zudem denke ich sehr viel über Diversität, Inklusion und Gerechtigkeit am Arbeitsplatz nach. Ich hatte mich damals gefragt, ob der digitale Mindset im Unternehmen wirklich vorangetrieben werden kann, wenn nur das Top-Management Zugang zu meinen Leadership-Programmen in Silicon Valley hat. So ist bereits Ende 2019 die Idee eines community-getriebenen Konzeptes entstanden, das virtuell Mitglieder aus verschiedenen Hierarchieebenen und Unternehmen in einem Netzwerk zusammenbringt und mit Innovatoren aus der ganzen Welt verbindet. Das Ziel ist es, jeden Einzelnen in einen Innovations-Agenten zu transformieren. Durch kollektive Intelligenz entsteht praxisrelevanter Content, der tagesaktuell ist und mit der rasanten Geschwindigkeit der Technologien mithalten kann. Als die Pandemie uns allen über Nacht bewiesen hat, dass virtuelles Arbeiten funktioniert, war der perfekte Zeitpunkt gekommen, um MatchlabN zu launchen.
Peter: Mit diesem Ansatz soll auch die Kultur der Gleichberechtigung am Arbeitsplatz erreicht werden. Wie kann ich mir dies vorstellen?
Simone: Das Besondere an Digital Fluency ist, dass es nicht vom Alter oder einem Business-Titel abhängig ist. Ein Werkstudent*in kann durchaus ein höheres Level haben als seine Vorgesetzten. Zudem können diese Innovations-Agenten in allen Abteilungen zu finden sein. Führungskräfte und HR müssen daher neue Wege gehen, diese oftmals versteckten Talente im Unternehmen zu suchen und sie anschliessend zu fördern. Da Digital Fluency eine neue Denkweise ist, die neben der digitalen Gewandtheit auch einzigartige, menschliche Fähigkeiten wie Kreativität, kritisches Denken und emotionale Intelligenz miteinander verbindet, sehe ich vor allem bei Frauen, bereits nach kurzer Zeit tolle Erfolge. Die neu gewonnene digitale Kompetenz hilft nicht nur dabei kontinuierlich neue Ideen für den eigenen Arbeitsplatz zu entwickeln, sondern fördert auch die eigene Produktivität und den Aufbau eines weltweiten Netzwerkes. Dies führt bei den Frauen zu mehr Selbstbewusstsein, Sichtbarkeit und Wertschätzung im Unternehmen und oftmals zu einer Beförderung.
Peter: Du bist im Silicon Valley unterwegs. Wie steht es hier um Digital Fluency? Haben die Führungskräfte hier per se eine ausgeprägte digitale Kompetenz oder anders gefragt sind hier alle digital fluent?
Simone: Die meisten Menschen in Silicon Valley sind extrem technologieaffin und haben eine sehr ausgeprägte digitale Kompetenz, was aber nicht zwingend heißt, dass alle Menschen dort digital fluent sind. Digital Fluency ist mehr als nur digital kompetent zu sein. Ein Coder in Silicon Valley mag zum Beispiel eine sehr hohe digitale Kompetenz im Bereich Künstlicher Intelligenz haben, aber wenn es um den Einsatz der Technologie geht, dann fehlt dieser Person eventuell die Kreativität, Empathie oder die richtigen Kontakte, um das Produkt erfolgreich zu machen. Ich spreche in der Community von “Connecting the Dots” - das sind Menschen, die nicht nur Punkte um sich herum sehen, sondern auch außerhalb ihres Blickfeldes und diese anschließend verbinden können.
Peter: Du schreibst, dass die Entwicklung von Digital Fluency wie das Lernen einer Sprache ist. Könntest Du dies etwas näher erläutern?
Simone: Viele haben erkannt, dass Digital Fluency wichtig ist, aber wie kann man es trainieren? Es ist nicht ein Projekt mit einem Ziel, dass man irgendwann einmal erreicht und sich dann auf seinen Lorbeeren ausruhen kann. Es ist ein Mindset, das man ständig trainieren muss. Deswegen mag ich auch den Vergleich mit dem Erlernen einer Sprache, den Jennifer Sparrow, Deputy Chief Information Officer an der Penn State Universität in einem Interview getätigt hat. Um Lesen und Schreiben in einer neuen Sprache zu lernen muss man erstmal seine Vokabeln lernen bevor man diese dann zu Sätzen zusammenfügen kann. Wer diese Stufe erreicht hat, kann anfangen diese Wörter kreativ miteinander zu kombinieren und zu etwas Neuem zusammenzufügen, wie etwa zu einem Gedicht oder eine fliessenden Konversation. Ähnlich kann man dieses Beispiel auch auf Digital Fluency und Technologien übertragen. Zunächst muss man verstehen welche Technologien derzeit auf dem Markt sind, welche Merkmale sie aufweisen und wie sie in der Praxis eingesetzt werden. Hat man diese Stufe erreicht, dann sprechen wir von “Digital Literacy”. Menschen, die digital fluent sind, gehen dann noch einen Schritt weiter. Sie fangen an diese Technologien kreativ miteinander zu kombinieren, um einzigartige Lösungen für ihre Probleme zu finden.
Peter: Was sind aus Deiner Sicht die größten Unterschiede beim Umgang mit digitalen Kompetenzen zwischen Deutschland und den USA?
Simone: Ich beobachte vor allem hier in Kalifornien, dass der technologische Fortschritt als etwas Positives wahrgenommen wird und weniger Ablehnungshaltung vor allem bei der Generation ab 40 herrscht. Viele Ideen werden einfach mal ausprobiert und ständig angepasst. Selbst Schulen haben sich während der Pandemie wie Privatunternehmen innerhalb weniger Wochen zu digitalen Hybrid-Formaten transformiert. Dieser positive Umgang, den sowohl Lehrer als auch Eltern vorleben, hilft Kindern und Teenager bereits früh dabei sich zu "Digital Citizen" zu entwickeln, die einen authentischen und positiven digitalen Fußabdruck im Internet hinterlassen wollen.
Peter: Wie steht es in diesem Kontext um die Social Skills?
Simone: In der Pandemie ist uns schnell bewusst geworden wie wichtig Social Skills sind und wie schnell sie auch beim Remote Arbeiten vergessen werden können. Empathie, aktives Zuhören, Kollaboration und Kommunikation sind Fähigkeiten, die wie Digital Fluency ständig trainiert werden müssen. Hier in Kalifornien fängt das bereits im Kindergarten an. Mindfulness ist als Fach, neben Kreativität und problembasiertes Arbeiten in Teams, fest in den Stundenplan integriert. So werden Kinder gut auf die neuen Job-Anforderungen der Zukunft vorbereitet, denn Social Skills werden immer wichtiger werden. Diese einzigartigen menschlichen Fähigkeiten machen uns im Vergleich zu Robotern und Maschinen unersetzbar.
Peter: Eine Frage zu Deiner persönlichen Entwicklung. Wie bist Du zum Digital Fluency Pioneer geworden?
Simone: Seit über einem Jahrzehnt beschäftige ich mich mit dem Thema, wie Menschen digitaler werden können. Aus der Praxis heraus habe ich innovative Lernkonzepte für Unternehmen, Verbände und Universitäten entwickelt wie etwa den “Innovation Journey” in Silicon Valley. In den letzten Jahren ist zudem verstärkt der Digital Fluency Mindset-Gedanke hinzugekommen und auch die Erkenntnis, dass es vielmehr als Metakompetenz verstanden werden muss. Ich sehe mich selbst als eine "Pionierin", da ich ständig experimentiere, neue Dinge dazu lerne und mich mit anderen Gleichgesinnten austausche. Viele reden darüber, dass "Digital Fluency" der Skill der Zukunft ist, aber wenige beschäftigen sich damit, wie man diese Denkweise in der Praxis erlernen kann oder wie man den Erfolg misst. Zusammen mit der MatchlabN Community versuche ich Antworten auf diese Fragen zu bekommen, um noch mehr Menschen fit für unsere digitale Zukunft zu machen.
Peter: In meinem Umfeld erfahren derzeit die hybride Lösungen einen Hype. Kommt es dadurch zu geänderten Anforderungen an die digitalen Kompetenzen?
Simone: Hybride Lösungen sind mit Sicherheit auch in Zukunft weiter gefragt, denn sie verbinden die Vorteile aus beiden Welten, wenn man sie richtig aufsetzt. Während wir früher die IT-Abteilung angerufen oder Agenturen und Berater für digitale Projekte beauftragt haben, bleibt in Zukunft keine Zeit mehr. Erwartet wird, dass jeder selbst zum Innovations-Agenten in seinem Bereich wird. Neben digitalen Kenntnissen, werden Kommunikation, Kollaboration und emotionale Intelligenz mit Sicherheit an Wichtigkeit zunehmen. Die Herausforderung wird sein, wie man es schafft neben einem Full-Time Job auch noch oben auf der Technologie-Welle mitzuschwimmen.
Peter: Liebe Simone, ganz herzlichen Dank für dieses Gespräch. Ich wünsche Dir viele und anhaltende Erfolge und sende viele herzliche Grüße über den großen Teich.
Meine Gesprächspartnerin Simone Lis hat an der Universität Regensburg BWL mit Schwerpunkt Innovations- und Technologiemanagement studiert. Vor über 10 Jahren ist die gebürtige Schwäbin mit einem Koffer und einer Idee in San Francisco angekommen. Gegen den guten Rat ihrer Familie hat sie ihre sichere Karriere in Deutschland hinter sich gelassen und eine neue Existenz in Kalifornien aufgebaut. Simone bringt deutsche CEOs ins Silicon Valley, um sie dort mit innovativen Unternehmen und Start-ups zu vernetzen. In der Pandemie hat sie zusätzlich das community-getriebene Netzwerk MatchlabN aufgebaut, in dem sie - beginnend mit einer Masterclass - einzigartige, menschliche Fähigkeiten wie Kreativität, kritisches Denken, emotionale Intelligenz sowie digitale Gewandtheit entwickelt - oder wie sie es nennt: Digital Fluency. Derzeit skaliert sie weltweit und möchte vor allem Frauen in Unternehmen begeistern, mit ihr zusammen Digital Fluency gezielt zu entwickeln.
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Peter: Vornweg ganz herzlichen Dank für die Möglichkeit mit Dir über den Leitfaden und natürlich auch über andere HR-Themen zu sprechen.
Stefan: Sehr gerne, lieber Peter. Ich freue mich immer total, wenn vertieftes Interesse an den von mir publizierten Themen besteht. Insofern gilt mein Dank Dir für diese Einladung auf Deinen Blog.
Peter: Gab es neben der Corona-Pandemie ggf. auch weitere Gründe, dass Du Dich mit dem Thema Homeoffice/mobiles Arbeiten in Form eines umfangreichen Leitfadens beschäftigt hast?
Stefan: Seit Anfang 2020 habe ich die Corona-Pandemie weitgehend konstant für über 75 Wochen im Homeoffice verbracht. Tag für Tag, zu Lockdown-Zeiten mit nur 45 Minuten pro Woche Einkaufszeit unter Menschen in 3D. Ansonsten in virtueller Isolation. Oder eben auch nicht. Je nach Sichtweise. Das hat mich doch sehr geprägt. Es war also nur ein kleiner Schritt zur Zusage, darüber ein Fachbuch zu schreiben. Unabhängig davon war mir aber klar, dass dieses Thema unter der Flagge New Work weiter medial an Gewicht erhalten wird.
Peter: Es ist hervorzuheben, dass im Leitfaden eine Klarstellung der Begriffe Telearbeit, Mobile Arbeit, Mobile Office und FlexWork erfolgt. Hier gibt es erfahrungsgemäß in vielen Unternehmen nach wie vor Unklarheiten. Woran liegt aus Deiner Sicht die Unsicherheit beim Umgang mit diesen Begriffen?
Stefan: Hier kann ich nur Vermutungen anstellen. Tendenziell leben wir in Deutschland in einer starken Präsenzkultur mit einer Zuspitzung bis hin zum „Präsenzfetisch“. Es gab in den meisten Unternehmen vergleichsweise wenige Menschen, die vor der Pandemie schon remote ans Unternehmen angebunden arbeiten konnten. Wenn man dann noch sieht, dass diese Möglichkeit vielfach als eine Art Benefit oder gar als Incentive betrachtet wurde und die Hürden bei der Verargumentation zur Notwendigkeit von mobiler Arbeit entsprechend hoch waren, wundert es mich nicht, wenn sich Personalverantwortliche vor Corona wenig mit den Begrifflichkeiten auseinandergesetzt haben.
Peter: Beim Lesen ist mir aufgefallen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen und Rechtsgrundlagen für das mobile Arbeiten im Leitfaden recht breiten Raum einnehmen. Auch die Ausführungen zu den kollektivrechtlichen Aspekten im letzten Kapitel sind wichtig und durchweg gelungen. Ich bewerte dies als sehr gut, weil erfahrungsgemäß oft die damit zusammenhängenden Details für anhaltende Diskussionen in den Unternehmen sorgen.
Stefan: Wir haben die rechtlichen Aspekte u.a. deswegen so betont, weil wir uns mit dem Praxisleitfaden auch an Steuerkanzleien, Rechtsanwaltskanzleien oder Wirtschaftsprüfungskanzleien wenden wollten. Zudem sind überdurchschnittlich häufig Jurist:innen in der Rolle als Personalleiter:in tätig. Dort wird tendentiell stark in Leitplanken und rechtlichen Rahmenbedingungen gedacht. Das merke ich an mir selbst auch. „Wünsch-Dir-was“-Szenarien im Rahmen von „New Work Romantik“ aufzubauen, die dann an den rechtlichen Rahmenbedingungen scheitern, kann sich heute aber kein Unternehmen leisten. Rechtliche Rahmenbedingungen lassen sich allenfalls wohlwollend auslegen und interpretieren, aber bei der professionellen Ausgestaltung von mobiler Arbeit keinesfalls ignorieren. Das Schöne: Auch wenn es anfänglich nicht so schien, ist professionelles mobiles Arbeiten auch unter den heutigen rechtlichen Gegebenheiten möglich.
Peter: Neben den rechtlichen Aspekten geht es im Leitfaden auch um die vielfältigen organisatorischen Themen wie Fragen der Arbeitszeit bei mobiler Arbeit. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an die sehr erfrisschende Diskussion mit Gunnar Sohn (Digital X) zum Thema Arbeitszeit im Homeoffice. Was empfiehlst Du Unternehmen, um hier rechtlich korrekt zu agieren?
Stefan: Da ich meine Rechtsanwaltszulassung vor einigen Jahren zurückgegeben habe, muss ich mich mit juristischen Empfehlungen etwas zurückhalten. Aber aus meiner Sicht hilft es, auf den jeweiligen Schutzzweck der einzelnen Rechtsvorschriften zu fokussieren. Arbeitszeitregelungen dienen in erster Linie dem Schutz der Beschäftigten vor Überarbeitung. Eine auch heute noch mehr als legitime und sinnvolle Zielsetzung. Allerdings lässt es sich vermutlich nicht an einer starren Zeitgrenze festmachen, ob eine solche „Überarbeitung“ nach 7:45 Stunden oder 8:12 Stunden eintritt. Ebenfalls dürfte eine dem Biorhythmus angepasste nachmittägliche Pause und ein kurzes abendliches Weiterarbeiten (innerhalb des rechtlichen Gesamtarbeitszeit-Rahmens) eher förderlich sein, bezogen auf den eben genannten Schutzzweck. Was ich damit sagen will: Ein überwachungsartiges minutengenaues, möglicherweise sogar digitales Tracking, das zusätzlich massiven Druck auf die Beschäftigten ausüben würde, kann nicht die Lösung sein. Selbstredend muss aber auch klar sein, dass diese Flexibilisierung nicht zu einer 24/7-Verfügbarkeit ausarten darf.
Im Übrigen sollten wir uns bewusstwerden, dass auch bei einer Arbeit im Unternehmen keine dauerhafte Produktivität möglich ist. Stichwort: Kaffeeautomat, Austausch auf dem Flur usw. Die Lösung liegt also in einem Einhalten gesetzlich unabdingbarer Rahmenbedingungen einerseits und dem, was man „gesunder Menschenverstand“ oder auch Verständnis für „New Work“ andererseits nennen würde.
Peter: Interessant ist auch das vierte Kapitel des Leitfadens mit Aussagen zu Führung und Kommunikation, den psychosozialen und physiologischen Implikationen sowie Informationen zu spezifischen Remote-Führungs-Situationen. Ich vermute, dass in diesem Kapitel viele persönliche Erfahrungen eingeflossen sind. Könntest Du hier vielleicht einige Aspekte hervorheben, die aus Deiner Sicht besonders wichtig sind?
Stefan: Definitiv! Das hat mir gefühlt beim Schreiben am meisten Spaß gemacht. Denn schon alleine mal im Recruiting die Blickrichtung zu wechseln und sich zu fragen, wie denn „die Neuen“ mit einem rein virtuellen Auswahlverfahren und Onboarding zurechtkommen, hat viel bewirkt. Denn es geht letztlich um deutlich mehr als um fachliche Einarbeitungspläne und Prozesskenntnis. Und beim Thema Konflikt wird remote Führung erst so richtig spannend. Denn aufgrund der rein virtuellen Situation ist es deutlich herausfordernder für Führungskräfte überhaupt zu erkennen, dass sich ein Konflikt anbahnt oder schon besteht. Es ist eben sehr leicht bei einer Videokonferenz zu schweigen, vielleicht sogar mit ausgeschalteter Kamera, und sich anschließend abseits des unmittelbaren Einflussbereichs von Kolleginnen und Kollegen so eigene Gedanken zu machen – bis hin zum parallelen Bewerben bei einem anderen Unternehmen. Hierfür brauchen Führungskräfte bisher vielleicht weniger gut eingespielte oder geschulte Kompetenzen, die viel mit Empathie zu tun haben.
Peter: Gelungen sind auch die Ausführungen zur „Abwesenheit von der Tastatur“. Hier empfiehlst Du bei virtuellen Konferenzen Chat-Nachrichten mit dem Kürzel „afk“ für „away from keybord“ oder auch Status-Infos im gemeinsamen Kalender „abwesend“ bzw. mittels Ampel-Systemen. Wird dies in Deinem Umfeld so praktiziert?
Stefan: Ja. Wir haben schon seit einigen Jahren ein solches System auf Basis von Skype for Business. Das System gibt in Form einer Ampel einen Status aus, ob wir beispielsweise in einem Termin sind oder „nicht stören“ eingestellt haben (rot), gerade inaktiv sind (gelb) oder verfügbar/frei (grün). Das System habe ich als sehr hilfreich erlebt, wenn man damit professionell umgeht. Will heißen: Ist eine Unternehmenskultur in Punkto Remote Arbeit noch ungeübt, mag insbesondere der Status gelb „inaktiv“ zu allerlei Vermutungen Anlass geben. Dabei kann es zum Beispiel sein, dass einfach ein ungeplanter Anruf eines HR-Dienstleisters reinkommt und ich via Smartphone geschäftlich telefoniere und somit natürlich nicht „inaktiv“ bin. Da helfen nur saubere Vereinbarungen (auch unter Einbezug der Betriebspartner) und ein entsprechendes Mindset der Führungskräfte, um nicht die Aussagen der Tools als Maß aller Dinge zu sehen. Es mag banal klingen, aber viel miteinander zu sprechen, hilft enorm beim gegenseitigen Verständnis. Insbesondere in Remote-Situationen.
Peter: Im Moment ziemlich en vogue sind die sogenannten hybriden Arbeitsformen, auf die Du kurz im Abschnitt 4.5 eingegangen bist. Was ist hier wichtig?
Stefan: Aus meiner Sicht ist es leicht gesagt, dass hybrides Arbeiten die Zukunft ist. Das funktioniert dann gut, wenn es bedeutet, dass mal alle nur virtuell kommunizieren und zu einer anderen Zeit alle Vor-Ort arbeiten. In der Mehrzahl der Fälle wird hybrid aber bedeuten, dass zusätzlich zu einer Vor-Ort-Kommunikation Menschen remote angebunden werden und somit lediglich digital teilnehmen. In der Praxis bedeutet das die nicht zu unterschätzende Herausforderung, diese virtuell angebundenen Kolleginnen und Kollegen genauso sichtbar und sprechfähig zu machen, wie die Teilnehmenden vor Ort. Das geht aber nur, wenn sich vor Ort jemand dieser Personen (und dem Device, auf dem das Bild dieser Personen ausgegeben wird) annimmt und beispielsweise Kameras stetig neu ausrichtet, überprüft, dass die Verbindung noch steht und gegebenenfalls Wortbeiträge, die aufgrund der Internetverbindung nur sehr leise ankommen, entsprechend aufnimmt und verstärkt. Ich glaube, dass es hierfür noch ganz schön viel Übung braucht. Und Durchhaltevermögen, weil pauschale Ansagen wie „alle kommen rein“ natürlich deutlich leichter und vor allem schneller umzusetzen sind. Und da haben wir vom Thema „Karriere im Homeoffice?“ noch gar nicht gesprochen.
Peter: In vielen der aktuellen Diskussionen werden neue Arbeitsformen wie Homeoffice und mobile Arbeit mit New Work gleichgesetzt. Wie ist Deine Einschätzung dazu?
Stefan: Hier wiederhole ich mich bewusst immer wieder: Corona-bedingt am heimischen Küchentisch mobil ans Unternehmen angebunden zu arbeiten, hat nichts mit New Work zu tun. Ich überspitze hier bewusst, weil sich aufgrund dieser Gleichsetzung der letztlich deutlich höhere Anspruch an New Work buzzwordartig abnutzt. In Wahrheit muss man New Work natürlich deutlich ganzheitlicher denken und umsetzen. Dazu gehören neben Arbeitszeit und Ort beispielsweise auch das Mindset, Führungsmethoden (Stichwort: Enabling oder transformationale Führung hinzu), die Arbeitsausstattung, eine Anpassung der Unternehmenskultur, der Karrieremodelle, New Pay, persönliche Freiheiten und Spaß und vieles mehr. Insofern ist professionelles Arbeiten von unterwegs oder von Zuhause allenfalls ein Baustein. Vielleicht an dieser Stelle auch nochmal: Wir sollten diesen hohen Anspruch und die radikal andere Denkweise des New Work Ansatzes ebenfalls nicht für aller Arten von Jobs gleichermaßen als „must have“ postulieren. Mitarbeitende in Akkordarbeit an Fließbändern werden mit einer Vielzahl der oben genannten Themen nur schwerlich Anknüpfungspunkte finden. Ich plädiere also auch hier für einen stimmigen und sorgsameren Umgang mit dem Begriff und der Haltung zu New Work.
Peter: In den letzten Jahren ist das Angebot unter dem Label „Persoblogger“ ständig ausgebaut worden. Was hast Du in der Zukunft vor? Gibt es Dinge, die Du bereits heute ankündigen willst oder kannst?
Stefan: Das siehst Du richtig Peter. Seit 2020 ist PERSONALBLOGGER.DE mit dem Anspruch eines HR-Portals unterwegs. Einerseits bringt das viele Vorteile für die Nutzerinnen und Nutzer meiner Seite, weil sie dort umfassend informiert werden, dazu Studien und Infografiken herunterladen können, Weiterbildungen und HR-Events finden oder auch mal ihren neuen Job. Andererseits ist der Aufwand, den ich ja neben meinen fachlichen Führungsaufgaben bei der DATEV betreibe, damit auch größer oder zumindest komplexer. Vor allem was die zeitliche Koordination angeht. Manchmal bin ich schon geneigt, mich auf meine Kernleistungen, das Schreiben hochwertiger Artikel in einem Rhythmus von 1-3 Wochen, zu beschränken. Aber dann erreicht mich wieder so wunderbar motivierendes Feedback, dass ich weitermache und angespornt werde. Um es kurz zu machen: Ideen habe ich viele. Aber wie in meinem Buch beschrieben, gehört Selbstmanagement und Selbstfürsorge in der heutigen Zeit als wichtige Kompetenz ins Portfolio der Führungskräfte. Insofern lasst Euch gerne überraschen, was da noch alles kommen mag.
Peter: Dies klingt spannend! Ganz herzlichen Dank für das tolle Gespräch. Ich wünsche Dir bzw. damit dem Persoblogger weiterhin so viele Erfolge und eine anhaltend positive Resonanz in der HR-Community.
Stefan: Herzlichen Dank für Dein Interesse und danke auch an alle, die bis hierhin gelesen haben!
Zu meinem Gesprächspartner: Stefan ist Gründer von PERSOBLOGGER.DE, einem der bekanntesten deutschsprachigen Online-Portale für HR-Praktiker. Die Plattform bietet aktuelle Fachinformationen, Studien und Infografiken zum Download, einen Eventkalender sowie eine Jobbörse. Hinzu kommen Übersichten rund um die HR-Szene (Blogs, Podcasts) sowie die Präsentation spannende HR-Startups. Im Hauptberuf ist Stefan Scheller verantwortlich für die Arbeitgeberkommunikation der DATEV eG in Nürnberg und gestaltet dadurch die Unternehmenskultur aktiv mit. Er ist mehrfacher Buchautor, HR-Influencer und Keynote Speaker.
]]>Virtuelle Führung wird uns nicht nur begleiten, sondern offensichtlich nicht mehr loslassen. Eine in dieser Intensität unerwartete Themenkonjunktur, die jetzt noch durch die zunehmenden Diskussionen über die sogenannten hybriden Lösungen verstärkt wird. Darüber hatte ich bereits kurz im letzten Jahr berichtet. Nachdem die meisten Führungskräfte ihre digitale Feuertaufe von Hofmann et al. (2020) als "Bootcamps für Führungskräfte" bezeichnet, bestanden haben, rücken jetzt aus Sicht von Ribbat et al. (2021) die „Tätigkeitsbedingungen derjenigen in den Blick …, die Führungs- und Managementtätigkeiten ausführen“. Die Bedingungen bei hybriden Lösungen dürften durch den Wechsel der Tätigkeit im Unternehmen („Büro“) und im Homeoffice (oder „mobil“) sowie ggf. auch am Third Place („Coworking Space“) auch eine Reihe neuer Herausforderungen mit sich bringen.
Eine häufig gestellte Frage wird sein: Wer kann/sollte/will wie oft wo tätig sein? Wie steht es um hybride Beratungen mit im Büro/vor Ort und virtuell anwesenden Teilnehmern:innen? Es braucht neue Anstrengungen um auch unter hybriden Bedingungen „richtig“ zu kommunizieren, zu führen und zusammenzuarbeiten. Dabei wird die Vertrauensbereitschaft und -fähigkeit aber auch die Fairness aller Beteiligten erneut auf eine harte Probe gestellt. Zu den besonderen Herausforderungen der hybriden Lösungen gibt es mittlerweile zahlreiche Veröffentlichungen (u.a. "Leading at a Distance" von Citrin und DeRosa 2021) aber auch unzählige Studien und Statements. Hier will ich mit einer Zusammenstellung der derzeit vorliegendern Informationen (in Form eines WAKELETS) für einen ersten Überblick und damit für Anregungen zum Nachdenken sorgen. Ich freue mich auf Vorschläge zur Aktualisierung und Vervollständigung dieser Linkliste aber auch über Berichte zu konkreten Erfahrungen mit hybriden Lösungen.
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Warum jedoch bezeichne ich dieses Jahr als ein Jahr des Lernens? Ich habe innerhalb weniger Tage lernen müssen, wie Lehrveranstaltungen per Video ablaufen. Im März 2020 ist mir sehr schnell klar geworden, dass es mit einer einfachen Übertragung der gewohnten Vorgänge auf digitale Formate nicht getan ist. Hier stand zuerst die Auswahl einer vernünftigen Lösung für die Lehrveranstaltungen im Raum. Nachdem die Versuche mit den über die Hochschule bzw. das DFN zur Verfügung gestellten Möglichkeiten nicht funktionierten (wie oft habe ich zum Beispiel verzweifelt versucht, Pexip anzuwenden), bin ich doch sehr glücklich, hier nach wie vor auf die verfügbare Z-Lösung zurückgreifen zu können. Weiterhin musste ich in vielen Lehrveranstaltungen erfahren, dass die angeblich so digital affine Generation Z oft eine „Generation Unsichtbar“ mit geringer Bereitschaft zur Interaktion ist. Erfahren musste ich auch, dass es kleine Gruppen von Studierenden aber auch von Unternehmen gibt, die Online-Vorlesungen nicht als „richtige“ Lehrveranstaltungen ansehen. Bevor ich zu einigen der konkreten Learnings komme, vielleicht einige Informationen zu meinen Lehrveranstaltungen. Diese biete ich in der Regel synchron an, d.h. diese finden so wie im Stundenplan festgelegt, statt. Ich zeichne diese nicht auf, sondern produziere Slidecasts zu ausgewählten Lehrveranstaltungen mittels Camtasia und stelle diese dann für einen begrenzten Zeitraum online.
Was habe ich nun im Jahr 2020 konkret gelernt? Ich habe versucht, diese Learnings etwas zu systematisieren, muss aber daran erinnern, dass viele davon eng miteinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen.
Digitale Lehre funktioniert - auch mit Interaktion
Die meisten Studierenden des Sommersemesters 2020 habe ich niemals „face to face“ zu Gesicht bekommen. Um von digitalen One-Man-Shows zu Interaktion zu kommen, brauchte es neue Ideen und Vorgehensweisen. Voraussetzung dafür ist es, dass die Beteiligten diese Interaktion auch wollen und den Einsatz klassischer (Blatt Papier in die Kamera halten!) und auch neuer Tools (zum Beispiel Abstimmungstools wie Slido) begrüßen und praktisch umsetzen! Auch die Nutzung von Breakout-Räumen für Gruppenarbeiten hat sich immer wieder als Erfolgsfaktor herausgestellt. Bei kleinen Gruppen - wie zum Beispiel im Schwerpunkt Personal - starte ich auch grundsätzlich die Veranstaltung mit einem Check-in (um Wiederholungen zu vermeiden ist dies durchaus auch eine inhaltliche Herausforderung!).
Informale Beziehungen und die 1:1-Kontakte sind wichtiger geworden
Viele gewohnte Dinge funktionieren verständlicherweise unter digitalen Bedingungen nicht mehr. Sei es ein kurzes Treffen auf dem Flur oder ein Gespräch vor und nach den Lehrveranstaltungen. Ich habe erfahren, dass ich dies sehr weitgehend durch meine virtuellen Sprechzeiten ausgleichen kann. Noch niemals sind (alle) Sprechzeittermine in einem Maße wie im zurückliegenden Jahr genutzt worden. Dies betrifft allgemeine Anfragen, die Betreuung von Abschlussarbeiten und von Studierenden in Remote und klassischen Praktika aber auch das einzelne oder Gruppen-Feedback zu Präsentationsleistungen. Ich nutze dafür verschiedene Nicht-Z-Lösungen. Es gibt aber auch virtuelle Erlebnisse, die berühren: So haben mir Studierende zum runden Geburtstag im Juli „Happy Birthday“ mittels Zoom akustisch übermittelt.
Hybrides Vorgehen gewinnt auch bei der Lehre an Bedeutung
Im laufenden Semester hatte ich das große Glück im Oktober 2020 Studierende eine Woche in Präsenz unterrichten zu können. Dieses Kennenlernen „face-to-face“ erleichtert den Übergang zu kompletten virtuellen Lehrveranstaltungen ungemein. Ich hoffe sehr, dass hybride Lösungen in absehbarer Zeit wieder möglich sind. Trotzdem bleibt es dabei, dass ich eine Reihe von Studierenden, die ich niemals „face-to-face“ getroffen habe, derzeit bis hin zur Abschlussarbeit betreue bzw. später betreuen werde.
Experimente und neue Tools versprechen neue Möglichkeiten
Seit geraumer Zeit greife ich bei den Lehrveranstaltungen zunehmend auch auf Visualisierungs-Werkzeuge wie Mural zurück. Hier lassen sich schnell sichtbare Ergebnisse erzielen und Interaktionsmöglichkeiten werden für die Beteiligten schnell greifbar. Das alljährlich stattfindende, vorweihnachtliche Glühweintrinken mit meinen HR-Alumni konnte ich diesmal virtuell mit großem Erfolg mittels Yotribe/Wonder umsetzen. Und auch die übliche Weihnachtsvorlesung für die Studierenden im Schwerpunkt Personal konnte ich durch ein virtuelles Escape Game substituieren.
Zum Schluss: Dauerhaftes virtuelle Zusammenarbeit bzw. Lehre führt offensichtlich zu digitaler Müdigkeit
Zugegebenermaßen machte sich bei vielen zum Jahresende eine gewisse digitale Müdigkeit bemerkbar. Hier bin ich noch auf der Suche nach Ideen, wie dieser Müdigkeit begegnet werden kann.
Alles in allem empfinde ich die Lehre im virtuellen Raum und die Kontakte mit meinen Studierenden als „Work-in-Progress“. Ich werde weiter lernen, werde weiter experimentieren und bereite mich auf diese Weise auf die hybride Lehre als Zukunftsmodell vor. Vielen Dank an alle Studierenden und Partner für das Verständnis und die Zusammenarbeit. Der zweite Teil des Jahresrückblicks folgt in den nächsten Tagen. Bis dahin!
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Wald: Was verstehen Sie im Kontext von Führung unter Handlungen?
Süß: Statt Zuschreibungen aufgrund der Persönlichkeit sind im virtuellen Kontext vor allem wirksame Verhaltensweisen entscheidend für die Wahrnehmung einer Führungskraft (Purvanova et al., 2020). Dabei sind vor allem Handlungen gemeint, die tatsächlich bei den Mitarbeitenden “ankommen”, also konkret spürbar sind. Zum Beispiel gehören dazu verbale Rückmeldungen oder auch konkrete Unterstützung bei Aufgaben (Marks et al., 2001; Dickinson & McIntyre, 1997).
Wald: Wenn Handlungen unter virtuellen Bedingungen Gold sind, drängt sich die Frage auf, ob beim Führen unter digitalen/virtuellen Bedingungen besondere (neue) Führungshandlungen gibt?
Süß: Die grundlegenden Inhalte der Führungsaufgaben bleiben vermutlich unverändert, wobei sich aber die Schwerpunkte der Tätigkeit verschieben (Kelley & Kelloway, 2012). Der Fokus verlagert sich deutlich in Richtung Informations- und Kommunikationsmanagement. Im virtuellen Kontext fällt beispielsweise ein Großteil der ungeplanten Kommunikation (Austausch in der Kaffeeküche, Gespräche auf dem Gang, etc.) weg. So kann es zu einer wichtigen Führungsaufgabe werden, diese Kanäle zu stärken bzw. aufzubauen. Unsere Interviewreihe hat gezeigt, dass Führungskräfte in diesem Bereich deutlich mehr Zeit und Aufwand investieren.
Wald: Was macht denn die Bedeutung dieser neuen Führungshandlungen aus?
Süß: Neben der psychosozialen Funktion dieser Handlungen für das Wohlbefinden der Mitarbeitenden stellen diese Führungshandlungen natürlich auch eine Aufrechterhaltung der Produktivität sicher. Der virtuelle Kontext stellt neue Herausforderungen denen Führungskräfte begegnen sollten.
Hierzu zwei Beispiele:
- Aufgrund des Informations-Vakuums und der dadurch entstehenden Unsicherheit kann es zu negativen Attributionen (Spekulationen, Schuldzuweisungen) im Team kommen (Weisband, 2002), die sich wiederum negativ auf die Leistung auswirken können.
- Außerdem verändert die Remote-Arbeit zudem bisher existierende (Wissens-) Netzwerkstrukturen in Organisationen erheblich. Ein zu enger Fokus auf das eigene Team kann zur Vernachlässigung von sog. “weak ties” (also schwachen Verbindungen) führen. Diese “weak ties” sind eine wichtige Voraussetzung für die Innovationskraft und somit Produktivität einer Organisation (Granovetter, 1973).
Führungshandlungen, die an diesen konkreten Problemen ansetzten, können also entscheidend für die Leistung eines Unternehmens sein..
Wald: Wirken diese Handlungen anders als unter nicht-virtuellen Bedingungen?
Süß: Die Handlungen dürften nicht grundlegend anders, aber stärker als unter nicht-virtuellen Bedingungen wirken. Obwohl es z.B. auch im nicht-virtuellen Kontext sinnvoll ist, feste Kommunikationsstrukturen zu etablieren, ist deren Fehlen weniger schlimm, weil sie teilweise durch informelle Kommunikation ersetzt werden können (z.B. Treffen in der Kaffeeküche, Austausch “zwischen Tür und Angel”). Gleichzeitig verlieren andere Wirkmöglichkeiten der Führungskraft (z.B. Charisma) an Gewicht, so dass Handlungen relativ an Bedeutung gewinnen und unverzichtbarer für effektive Führung.
Wald: Was sollten Führungskräfte deshalb bei virtueller Führung berücksichtigen?
Süß: Die beiden oben genannten Beispiele sind bereits gute Ansatzpunkte der virtuellen Führung. So sollte eine Führungskraft beispielsweise versuchen, die Herstellung von gegenseitiger Awareness im Team zu ermöglichen oder zu erleichtern. Beispiel: Wenn ich nicht weiß, dass mein Kollege täglich um 14 Uhr eine Runde mit seinem Hund geht, werde ich seine Abwesenheit und verzögerten Antworten in diesem Zeitraum vermutlich negativer interpretieren, als wenn ich seine Tagespläne kenne. Gelingt es der Führungskraft diese Informationslücken (z.B. durch Team-Absprachen) zu füllen, können negative Attributionen vermieden werden. Dazu gehört auch eine klare Erwartungsklärung innerhalb von Teams: Welche Informationskanäle nutzen wir? Wer ist wann verfügbar? Auf welche Nachrichten sollte man sofort reagieren? Auch hier wird die Relevanz von Informations- und Kommunikationsstrukturen wieder ersichtlich. Generell spielt Vertrauen in Remote Teams eine größere Rolle, wobei dieser Zusammenhang schwächer wird, wenn Interaktionen gut dokumentiert werden (Breuer, Hertel & Hüffmeier, 2016). Für Führungskräfte lohnt es sich also, Zeit und Anstrengungen in diese Informations- und Kommunikationsstrukturen zu investieren, da diese als sogenannte “structural supports” sogar stellenweise die Führung ersetzen können (Hoch & Kozlowski, 2012).
Wald: Existiert hier ein besonderer Lernbedarf? Und: Wenn ja, wie kann mit diesen Lernanforderungen erfolgreich umgegangen werden?
Süß: Laut einer Studie des Fraunhofer Instituts IAO und der DGfP (2020) geben 40% der Befragten an, dass Führungskräfte zum Thema “Führung auf Distanz” geschult werden müssen. Die genannten Punkte liefern womöglich evidenzbasierte Ansatzpunkte für Weiterbildungs-Maßnahmen in der Führungskräfteentwicklung. Aufgrund der hohen Diversität an Arbeitsmodellen (hybrid, komplett remote, etc.) eigenen sich darüber hinaus auch sog. “continuous listening”-Ansätze für gezieltere und individualisierte Entwicklungsmaßnahmen für Führungskräfte. Dabei erfolgt in kurzen Befragungen eine kontinuierliche Messung von relevanten Variablen, die analytisch (deskriptiv, diagnostisch, prädiktiv) ausgewertet und zur Verfügung gestellt werden können. Dies bietet die Chance eine gezielte und selbstgesteuerte Entwicklung der Führungskräfte im Kontext der virtuellen Führung zu ermöglichen.
Mein Gesprächspartner Dr. Julian Süß ist Co-Founder und Managing Director Data & Analytics der functionHR GmbH, die mit ihren Software gestützten Lösungen als Vorreiter auf dem Gebiet der intelligenten Datennutzung im Personalmanagement gilt. Julian Süß ist leidenschaftlicher Data Scientist und davon überzeugt, dass Datenanalysen dabei helfen können, moderne und attraktive Arbeitsplätze zu gestalten. Die Lösungen der functionHR verbessern durch Datenanalysen und Künstliche Intelligenz die Employee Experience und führen dadurch zu einer deutlichen Professionalisierung des Personalmanagements.
]]>Zum Einen in der zweiten Auflage des "Handbuches HR-Management - New Work" (ayway media GmbH Bonn) zum Bereich "Aktuelle Entwicklungen und Anforderungen an das Personalmanagement". Zu erreichen ist mein Beitrag unter dem folgenden Link. Angesichts von New Work sollte HR die Voraussetzungen und Folgen digitaler Transformationsprozesse stets aus Sicht von Mensch, Technik und Organisation betrachten, sich auf eigene Erfolgsfaktoren, wie eine hohe Gestaltungsfähigkeit und -bereitschaft sowie die notwendige digitale und Medienkompetenz konzentrieren. Personalarbeit ist mittels einer Neuausrichtung auf die Rehumanisierung durch die Einführung zunehmend selbstbestimmter und sinnstiftender Arbeitsformen zu orientieren. Hinzu kommt die Übernahme neuer Aufgaben und Rollen als Gestalter von Beziehungen, als Netzwerker innerhalb und außerhalb von Unternehmen sowie als Umgebungen schaffender Spezialist für Lernen und Zusammenarbeit und Manager der Unternehmenskultur. Angeschlossen wird dies mit Rollen als Schiedsrichter zur Einhaltung organisatorischer Regeln und als Lieferant von Ideen und Impulsgeber.
Zum Anderen hat mir Danny Herzog-Braune von Paperwings-Consulting in seinem Podcast viele Fragen zur digitalen Führung und zu meinem Leben gestellt. Es hat mir sehr viel Spass gemacht, in diesem Format über meine Erfahrungen und Learnings berichten zu können. Herzlichen Dank für diese Möglichkeit, meine Überlegungen und Einsichten in einem Podcast "loszuwerden".
Abschließend kann ich noch auf ein umfassendes Interview mit den Gründern von FYLTURA verweisen. In diesem Interview ging es neben aktuellen Fragen einer (wissenschaftlich begründeten) Personalauswahl auch um einen Blick auf meine beruflichen Erfahrungen als Personaler. Hinzu kamen Fragen zu meiner Meinung zu den aktuellen Fragen von Homeoffice, Remote Work und hybriden Lösungen. Auch im Rahmen dieses Interviews hatte ich breite Möglichkeiten, meinen Standpunkt zu aktuellen Fragen des Personalmanagements einzubringen.
]]>In den letzten Monaten habe ich - aus der Sicht eines Lehrenden, als Teilnehmer an Formaten wie #9vor9, virtuellen Konferenzen oder auch Podcasts - festgestellt, dass die folgenden Dinge viel wichtiger als bisher sind: Aufeinander Zugehen und voneinander Lernen (auch mit digitalen Hilfsmitten). Mir fällt dabei immer wieder auf, dass viele der „ewigen“ Fragen zur Gestaltung guter Führung und Zusammenarbeit sich derzeit in aller Schärfe stellen und beantwortet werden müssen. Ausweichen, Vertagen und Aussitzen aber auch autoritäres Gehabe bringen nicht mehr den gewünschten Erfolg. Erkennbar wird dies insbesondere bei Kommunikationsdefiziten, toxischer Führung, mangelhaftem Vertrauen oder auch bei geringem Zugehörigkeitsempfinden. Die Wirkungen der „Führungs-Fails“ schlagen jetzt voll durch. Demgegenüber werden die positiven Auswirkungen von Offenheit, Vertrauen, Empathie und Transparenz sowie der nötigen digital skills deutlich sichtbar.
Wenn es keine Patentrezepte mehr gibt, braucht es andere Lösungen für die aktuellen Herausforderungen. Es ist aus meiner Sicht viel wichtiger geworden, mit den Widersprüchen virtueller Zusammenarbeit gezielt umgehen zu können. Zu diesen Widersprüchen gehört, dass virtuelle Zusammenarbeit und Führung
- weniger eine technische und als vielmehr eine kulturelle und organisatorische Herausforderung darstellt
- von Führungskräften und Mitarbeitenden sehr unterschiedlich umgesetzt bzw. erlebt wird
- soziale Taktgeber (ein Begriff von Professor Zacher/Uni Leipzig), d.h. nicht unbedingt die Führungskräfte, spielen für das Funktionieren virtueller Zusammenarbeit eine außerordentlich wichtige Rolle
- Zusammenarbeit und Führung auf Distanz ist, die jedoch auch oft eine unerwünschte Nähe mit sich bringt
- Autonomie ermöglicht aber den Wunsch nach stärkerer Koordination, Führung und Kontrolle bei vielen Akteuren verstärkt
- umfassende und regelmäßige Kommunikation erfordert, die jedoch oft nur formal und weniger informal erfolgt
- eher als formale Herausforderung verstanden wird, aber deutlich macht, dass informale Aspekte zum Erfolgsfaktor geworden sind
- innovative Formen der Zusammenarbeit fördert aber auch zu sozialer Isolation und Gefahren für die Psyche der Mitarbeitenden
- neue Regelungen (Gesetze) sinnvoll erscheinen lässt, diese aber Restriktionen in der Praxis mit sich bringen
- gleichermaßen Ursache von Produktivitätssteigerungen und -minderungen sein können
- gänzlich neue Möglichkeiten des Lernens mit sich bringt, die aber nur sehr begrenzt umgesetzt werden
Dies bedeutet für mich, in jedem Fall gemeinsam spezifische Lösungen zu finden, die den konkreten Bedingungen entsprechen und niemanden überfordern bzw. einer dauernden Gefährdung aussetzen.
Für die einzelnen Führungskräfte und Mitarbeitenden dürfte es bei virtueller Zusammenarbeit um ganz konkrete Antworten auf folgende Fragen gehen.
- wieviel Verantwortung übernehme ich selbst und wieviel Verantwortung übertrage ich an andere
- inwieweit habe ich meine und die mentale Gesundheit anderer im Blick bzw. greife auf Hilfe zurück oder biete diese an
- wie lerne ich und wie teile ich das Gelernte mit anderen
- wie weit vernetze ich mich digital, wo erkenne und ziehe ich (notwendige) Grenzen
- wofür/wann setze ich digitale Hilfsmittel ein und wofür/wann nicht
Der künftige Nutzen virtueller Zusammenarbeit und Führung wird davon abhängen, inwieweit jeder Mitarbeitende, jedes Team, jedes Unternehmen die "passende" Lösung finden wird. Zu möglichen Lösungen und angrenzenden Fragen werden in der nächsten Zeit Meinungen und Erfahrungen vorgestellt.
]]> Um es vorsichtig zu sagen: Viele Personaler sind Netzwerkmuffel. Nicht nur aus diesem Grund ist das Thema „Soziale Netzwerke, Blogging und HR“ ein passendes Thema für eine Blogparade und eine Diskussion, die m.E. unbedingt geführt werden muss. Mich und viele andere Personaler beschäftigt das Thema Netzwerkende Personaler oder besser das Nicht-Netzwerken vieler Personaler seit Jahren und führt zu sich häufig wiederholenden Erlebnissen, die mittlerweile aus meiner Sicht den Charakter von Mustern tragen. Um dies zu erklären, muss ich jedoch etwas weiter ausholen.
Muster 1: Diskussionen zu Akzeptanz und zum Einfluss der Personaler
Immer wieder beklagen Personaler ihre geringe Akzeptanz und ihren schwachen Einfluss im Unternehmen. Dabei liegt die Lösung doch auf der Hand: Konsequentes Netzwerken mit den Akteuren im eigenen Unternehmen ebenso wie kluges Netzwerken mit Wissens- und Erfahrungsträgern außerhalb des Unternehmens. Digitale Hilfsmittel - wie die hier thematisierten sozialen Netzwerke oder Communities und Blogs bieten dafür vielfältige Möglichkeiten. Wiederholt habe ich jedoch den Eindruck gewinnen müssen, dass viele Personaler dafür weder die entsprechende Bereitschaft noch die nötige Offenheit mitbringen. Woran dies liegt? Die Gründe dafür sehe ich im Glauben an die Vorteile einer selbst gefundenen Lösung aber auch in einer gewissen Bequemlichkeit Grenzen zu überschreiten. Verstärkt wird dies durch die Gewohnheit vieler Unternehmen, „Personalthemen“ ausschließlich an hauseigene Experten zu delegieren. Nur wenige Personal-Aufgaben werden gemeinsam bewältigt. Die Vorteile von Netzwerken, wie der rasche Gewinn und die Verteilung aktueller Erkenntnisse zählen hier offensichtlich nicht. Für mich ist dies unverständlich. Als Lehrender an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften bin ich auch immer Lernender und halte das Netzwerken mit Personalern für unverzichtbar. Ich möchte zum Beispiel über die Implikationen der Digitalisierung in meinem Fachgebiet nicht zeitversetzt in Zeitschriften oder Büchern lesen (oder bei Reisen ins Silicon Valley erfahren), sondern durch eigenes Tun erleben. Die dabei gewonnenen Erfahrungen sind der Ausgangspunkt für Überlegungen und Diskussionen.
Muster 2: Soziale Netzwerke und Blogs werden, wenn überhaupt, nur flüchtig beachtet
Das Finden aktueller Meinungen und neuer Erkenntnisse wird über die Nutzung sozialer Medien - bei mir ist dies vorzugsweise Twitter - ungemein erleichtert. Insbesondere aus den Kommentaren und der Diskussion neuer Themen lassen sich relevante Schlüsse ziehen. Blogs bieten aktuelle Erkenntnisse und Bewertungen ohne nennenswerte Zeitverzögerung. Für detaillierte Statements greife ich gern auf Posts einschlägig bekannter Blogger meines Fachgebiets zurück. Die Bedeutung sozialer Netzwerke und von Blogs steht für mich deshalb außer Frage. Bereits im Jahr 2010 habe ich mich mit Studierenden mit HR-Blogs (Siehe Beitrag dazu in Personal 7-8/2011) beschäftigt. In diesem Zusammenhang kann ich meinem geschätzten Blogger-Kollegen Herwig Kummer nur zustimmen. Die Bedeutung sozialer Netzwerke, von Communites und von Blogs für unsere HR-Profession wird viel zu wenig diskutiert. Dabei können diese Medien für Transparenz sorgen, die Sichtbarkeit der Personaler erhöhen und Möglichkeiten zum einfachen Vernetzen schaffen. Ohne unsere HR-Black-Box oder das Schneckenhaus „HR“ zu verlassen, wird dies jedoch nicht funktionieren.
Für mich ist es deshalb auch jedes Mal schwer zu verstehen, dass bei verschiedenen HR-Events junge Teilnehmer*innen eifrig schriftliche Notizen machen oder dass Personaler, die oft mehr als 20 Jahre jünger sind, versuchen, mir eine Visitenkarte aufzudrängen. Manchmal verweise ich beispielsweise auf die Vorteile von Twitter - wie rasche Einblicke in laufende Diskussionen, Tweets mit den aktuellen Slides, Links zu anderen Ressourcen oder auch die Möglichkeit zum Kuratieren von Tweets. Doch leider bleibt es fast immer bei den Angesprochenen bei einer erkennbaren Social Media- und Netzwerk-Faulheit!?
Muster 3: Weiterbildungsmüdigkeit (?) und/oder die Bevorzugung klassischer Formate bei der Weiterbildung
Vor allem Personaler benötigen ein ständiges Update ihrer Kenntnisse. Die aktuellen Veränderungen bringen laufend neue Anforderungen an Einsichten und Vorgehensweisen der Personaler mit sich. Hinzu kommt der Druck auf viele Personaler (v.a. die Recruiter) schnell „spürbare“ Ergebnisse liefern zu müssen. Gerade in diesem Spannungsfeld sind neue Erkenntnisse und Erfahrungen anderer Personaler unverzichtbar. Insgesamt kann ich die Einschätzung von Henner Knabenreich in seinen Recruiting-Trends für 2020 nur bestätigen, dass „viel brach (liegt) im HR“ und auch, dass bei der Ausbildung häufig nur die Grundlagen vermittelt werden können. Eine gezielte Weiterbildung ist deshalb unabdingbar. Leider ist es jedoch oft so, dass Weiterbildung eher klassisch gesehen wird. Der Besuch von klassischen Konferenzen und Seminaren steht im Vordergrund. Dabei habe ich 2019 leider häufig feststellen müssen, dass die hier vermittelten Inhalte bei weitem nicht dem entsprochen haben, was aktuell in den Netzwerken diskutiert wurde. Deshalb folgt auch hier meine nachdrückliche Empfehlung, sich zu vernetzen sowie Blogs und andere Medien umfassend zu nutzen. Neben diesen Online-Angeboten gibt es mittlerweile auch viele neue Offline-Möglichkeiten zur Vernetzung. Hier erinnere ich gern an den Klassiker der innovativen HR-Formate - das HR BarCamp in Berlin, das in diesem Jahr bereits zum neunten Mal stattfindet. Als Vernetzungsangebot sehe ich auch „mein“ Event, den HR Innovation Day, den wir seit 2012 und seit 2018 mittlerweile zweimal im Jahr anbieten.
Ausblick: Personaler als Netzwerker und Beziehungsmanager – Zum künftigen Selbstverständnis der Personaler
Netzwerke und Communities von Personalern bilden aus meiner Sicht auch ideale Orte, um Soft Skills zu entwickeln. Sie sind Lernräume, um zu erleben, wie Beziehungsaufbau und -pflege funktionieren. Hier können Kompetenzen entwickelt werden, die für den künftigen Erfolg von Personalern unverzichtbar sind. Wie das Netzwerken bei Personalern konkret funktionieren kann, zeigen aktuelle Initiativen in den Bereichen des Personalmanagements, wo zum Beispiel der Bedarf an neuen Ideen und fundierten Arbeitsweisen sehr groß ist. Ich will hier u.a. auf Thimo Fries und die Recruiting Rebels aber auch auf die HR Rookies verweisen. Auch eigene Studien – wie die gemeinsam mit C. Athanas 2018 erstellte Recruiter Experience Studiezeigen einen deutlich erkennbaren Wunsch der Recruiter sowohl nach nachhaltigem Netzwerken mit den Kandidaten als auch mit HR-Kollegen.
Das Agieren in Netzwerken aber auch der Aufbau und die Pflege von Netzwerken und Communities wird zunehmend zum Erfolgsfaktor einer modernen Personalarbeit. Soziale Netzwerke, Blogging und HR sehe ich künftig als untrennbaren Zusammenhang! Über die konkrete Umsetzung sollte jedoch häufiger diskutiert werden. Ich freue mich über Ideen, wie Personaler nachdrücklicher als bisher zum Mitwirken und Mitgestalten ermuntert werden können.
Was fällt auf? Die Breite der involvierten Wissenschaftsdisziplinen ist beträchtlich. Dies habe ich versucht mit der folgenden Grafik darzustellen.]]>
Zum Glück bin ich als Twitterati jedoch nicht allein, denn es gibt sie, die zwitschernden Professoren. In den letzten Wochen war bei einigen von diesen auch eine gewisse Bewegung zu spüren, was die Aktivitäten mit Twitter betrifft. Eine Auswahl dieser twitternden Hochschullehrer stelle ich nachfolgend vor. Dabei werde ich mich auf diejenigen konzentrieren, die aus meiner Sicht Twitter mehr oder weniger aktiv nutzen, um über Themen im Zusammenhang von moderner Führung bzw. Personalmanagement und Digitalisierung zu kommunizieren. Dabei sind m.E. auch einige Trendsetter, deren Überlegungen und Meinungen sich in vielen der derzeit laufenden Diskussionen wiederfinden. Ich werde sowohl Professoren aus dem deutschsprachigen Raum als auch Hochschullehrer aus Großbritannien und den USA vorstellen. Mir ist bewusst, dass diese Liste subjektiv und unvollständig ist. Trotzdem will ich mit diesem Post die Professoren unterstützen, die Twitter bewusst nutzen und damit ihren Followern die Möglichkeit geben, zeitnah zu erfahren, womit sich die Professoren beschäftigen und was sie wissenschaftlich und zum Teil auch politisch bewegt. Ich halte diese Einblicke für sehr interessant, weithin authentisch und fast immer wertvoll.
Wichtig: Es handelt sich hier um einen "ersten Aufschlag" - die Liste ist unvollständig und ich freue mich sehr auf Hinweise zur Vervollständigung. Für die Reihenfolge habe ich auf die Followerzahl zurückgegriffen - die (stark schwankende) Zahl der Tweets wurden nicht berücksichtigt. Ich nutzte die Daten von foller.me (Stand: 30. September/1. Oktober 2019). Interessant an den Daten ist für mich neben der Followers ratio auch das Verhältnis zwischen Tweets und Followern, dürfte an diesem Verhältnis doch eine gewisse Erwartungshaltung der Follower ablesbar sein. Zu jeder Vorstellung gehört auch ein Link zur Universitäts- bzw. Hochschulseite der Personen und zum Teil auch ein Kommentar zum jeweiligen Twitterati.
Jetzt aber los!
@Prof_Kollmann
Professor Dr. Tobias Kollmann, E-Business und E-Entrepreneurship, Universität Duisburg-Essen
https://www.netcampus.de/de/team/lehrstuhlinhaber
Tweets | 7,464 |
Followers | 7,901 |
Following | 885 |
Followers ratio | 8.93 followers per following |
Listed | 336 |
Comments | breite thematische Orientierung |
@ArminTrost
Prof. Dr. Armin Trost, Professor für Industrial and Organizational Psychology an der Hochschule Furtwangen
https://www.hs-furtwangen.de/personen/profil/108-armintrost/antoinette
Tweets | 421 |
Followers | 3,330 |
Following | 585 |
Followers ratio | 5.69 followers per following |
Listed | 170 |
Comments | nur sehr wenige Tweets |
@antoinetteprof
Prof. Dr. Antoinette Weibel
Professorin für Personalmanagement an der Universität St. Gallen
https://www.alexandria.unisg.ch/persons/Antoinette_Weibel
Tweets | 3,428 |
Followers | 2,180 |
Following | 3,061 |
Followers ratio | 0.71 followers per following |
Listed | 68 |
Comments | Ausgeprägter HR-Fokus |
@ABack
Prof. Dr. Andrea Back, Professorin für Betriebswirtschaftslehre und Direktorin des Instituts für Wirtschaftsinformatik an der Universität St. Gallen
Tweets | 1,890 |
Followers | 1,925 |
Following | 797 |
Followers ratio | 2.42 followers per following |
Listed | 168 |
Comments |
@IsabellWelpe
Prof. Dr. Isabell Welpe, Inhaberin Lehrstuhl für Strategie und Organisation an der Technischen Universität München
https://www.professors.wi.tum.de/strategy/home/
Tweets | 332 |
Followers | 1,371 |
Following | 1,875 |
Followers ratio | 0.73 followers per following |
Listed | 30 |
Comments | sehr geringe Twitter-Aktivität |
@Stefan_Kuehl
Prof. Dr. Stefan Kühl, Professor für Organisationsoziologie an der Universität Bielefeld sowie Organisationsberater für die Firma Metaplan
https://www.uni-bielefeld.de/soz/personen/kuehl/
Tweets | 84 |
Followers | 826 |
Following | 71 |
Followers ratio | 11.63 followers per following |
Listed | 22 |
Comments | Fokus Organisationssoziologie, wenige Tweets |
@AnjaLuethy
Prof. Dr. Anja Lüthy, Allg. BWL, insbes. Dienstleistungsmanagement, - marketing an der Technischen Hochschule Brandenburg
https://www.th-brandenburg.de/mitarbeiterseiten/fbw/anja-luethy/
Tweets | 2,096 |
Followers | 776 |
Following | 771 |
Followers ratio | 1.01 followers per following |
Listed | 5 |
Comments | In der letzten Zeit sehr aktiv/HR-Fokus |
@r_c_wesel
Prof. Dr. Gottfried Richenhagen, Prof. für Allgemeine BWL, insbes. Personalmanagement an der FOM Hochschule
https://www.fom.de/forschung/kompetenzcentren/kcp/organisation/prof-dr-gottfried-richenhagen.html
Tweets | 8,971 |
Followers | 345 |
Following | 358 |
Followers ratio | 0.96 followers per following |
Listed | 45 |
Comments | in der letzten Zeit sehr aktiv, thematisch breit |
@HeikeBruch
Prof. Dr. Heike Bruch
https://ifpm.unisg.ch/de/personenverzeichnis/8fad0e9c-7d9c-4b75-87a5-f370c9f3b9dd
Tweets | 84 |
Followers | 315 |
Following | 124 |
Followers ratio | 2.54 followers per following |
Listed | 4 |
Comments | nur sehr wenige Tweets |
@OWMs
Prof. Dr. Guido Hertel, Professor für Organisations- und Wirtschaftspsychologie an der Universität Münster
https://ifpm.unisg.ch/de/personenverzeichnis/8fad0e9c-7d9c-4b75-87a5-f370c9f3b9dd
Tweets | 192 |
Followers | 104 |
Following | 7 |
Followers ratio | 14.86 followers per following |
Listed | 3 |
Comments | in den letzten Monaten zunehmende Nutzung (Evaluationsergebnisse per Twitter!) |
@juergen_weibler
Prof. Dr. Jürgen Weibler, Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaft, insb. Personalführung und Organisation an der Fernuniversität in Hagen
https://www.fernuni-hagen.de/weibler/team/juergen.weibler.shtml
Tweets | 109 |
Followers | 101 |
Following | 43 |
Followers ratio | 2.35 followers per following |
Listed | 4 |
Comments | deutlich verstärkte Aktivitäten in den letzten Monaten/Führungsfokus |
Eine Besonderheit stellen m.E. die institutionellen Twitterati (bzw. projektbezogene Twitter-Accounts) dar. Als Beispiel soll der „leadergarage“ erwähnt werden. Dahinter dürfte das Team von Frau Professor Remdisch (Uni Lüneburg) stehen.
@leadergarage
(Prof. Sabine Remdisch/Projekt)
Tweets | 262 |
Followers | 307 |
Following | 291 |
Followers ratio | 1.05 followers per following |
Listed | 11 |
Comments | Nur sehr wenige Tweets |
Es folgt der Blick auf eine Auswahl twitternder Professoren außerhalb des deutschsprachigen Raums.
@dave_ulrich
Dave Ulrich, Rensis Likert Collegiate Professor of Business Administration
Director, Human Resource Executive Program at University of Michigan
https://michiganross.umich.edu/faculty-research/faculty/dave-ulrich
Tweets | 2,796 |
Followers | 32,858 |
Following | 1,835 |
Followers ratio | 17.91 followers per following |
Listed | 779 |
Comments | Ulrich als HR-Klassiker ist auf Twitter recht aktiv. |
@lyndagratton
Lynda Gratton
Professor of Management Practice at London Business School
https://www.london.edu/faculty-and-research/faculty/profiles/g/gratton-lc
Tweets | 3,084 |
Followers | 17,714 |
Following | 4,690 |
Followers ratio | 3.78 followers per following |
Listed | 814 |
Comments | Letzte Tweets im August 2019 |
@Rob_Briner
Rob Briner is Professor of Organizational Psychology in the School of Business and Management at Queen Mary University of London
https://www.qmul.ac.uk/busman/staff/brinerr.html
Tweets | 11,004 |
Followers | 7,473 |
Following | 589 |
Followers ratio | 12.69 followers per following |
Listed | 298 |
Comments | Tweets mit hohem Forschungsbezug |
@ProfABBakker
Arnold B. Bakker is professor of Work & Organizational Psychology at Erasmus University Rotterdam.
https://eur.academia.edu/ArnoldBakker
Tweets | 7,886 |
Followers | 3,178 |
Following | 1,569 |
Followers ratio | 2.03 followers per following |
Listed | 115 |
Comments | Tweets mit hohem Forschungsbezug |
@JohnWBoudreau
John W. Boudreau, Professor and Research Director at Center for Effective Organization at University of Southern California
https://ceo.usc.edu/about/research-scientists/boudreau/
Tweets | 1,079 |
Followers | 1,026 |
Following | 50 |
Followers ratio | 20.52 followers per following |
Listed | 109 |
Comments |
Wie bereits oben beschrieben: Ich freue ich mich auf Hinweise zur Vervollständigung und Erweiterung der vorliegenden Liste.
Vielen Dank und freundliche Grüße
Peter M. Wald
Was bedeutet eigentlich digitale Führung? Denke ich an Diskussionen zu Beginn der digitalen Führung zurück fallen mir beschwichtigende Äußerungen, wie „digitale Hilfsmittel oder Social Media sind doch nur das „neue Telefon“, ein. Diese Fokussierung auf Kommunikation lag damals auf der Hand, war aber zu kurz gedacht, weil digitale Führung natürlich mehr als nur neue Medien zur Kommunikation umfasst. Heute existieren demgegenüber eine Reihe von Erklärungen, wie die von Petry (2017), der Digital Leadership als „adäquate Führung im digitalen Zeitalter“ beschreibt. Andere (u.a. van Dick 2016 et al.) heben den Einsatz digitaler Werkzeuge zur Einflussnahme auf Mitarbeiter/innen und zur Überbrückung der Distanz zwischen den Akteuren des Führungsprozesses hervor. Eine Analyse der gegenwärtig für die Führung angewandten digitalen Hilfsmittel lässt ein breites Spektrum erkennen. Diese Werkzeuge waren Gegenstand einer Pilotbefragung, deren Ergebnisse hier zu finden sind. Mit diesen Hilfsmitteln allein lässt sich digitale Führung jedoch nicht erklären. Wichtiger ist es, die Wirkungen der Digitalisierung bzw. der digitalen Werkzeuge auf die Beziehungen zwischen den verschiedenen Akteuren des Führungsprozesses, die Arbeitsweisen und Strukturen in den Unternehmen sowie den Erfolg laufender Veränderungen zu betrachten.
- Digitalisierung bringt massive Änderungen in den Beziehungen zwischen den Akteuren mit sich. Digitale Hilfsmittel machen Informationen umfassender verfügbar und eröffnen den Beteiligten neue Möglichkeiten zur gegenseitigen Einflussnahme. Kommunikation erfolgt weit stärker als bisher Distanzen überwindend bzw. hierarchie- und bereichsübergreifend. Meinungen und Bewertungen finden Eingang in die tägliche Arbeit. Die Akteure können sich dadurch aus dem gewohnten hierarchischen Kontext lösen. Im Ergebnis kann es zu einem Kontrollverlust bei den Führungskräften und zur Statusnivellierung zwischen den Akteuren kommen. Dies sind die Gründe dafür, dass die konkreten Beziehungen zwischen den Akteuren wichtiger werden. Im Ergebnis bringen diese Entwicklungen neue Anforderungen an die Fähigkeiten der Führungskräfte und ein neues Rollenverständnis als „Vernetzer und Ermöglicher“ bzw. „Entwickler und Begleiter“ mit sich (Hofmann/Wienken 2018).
- Durch die Digitalisierung ändern sich Strukturen und Arbeitsweisen in den Unternehmen. Hier entstehen zunehmend neue, oft digital ermöglichte kollaborative Formen der Führung und Zusammenarbeit, wie Netzwerke von Individuen und Teams sowie Communities. Im Zusammenhang mit anderen Entwicklungen wie „New Work“ kommt es zu neuartigen Initiativen von Mitarbeiter/innen, die in erster Linie innovationsgetrieben sind und auf Verbesserungen von Führung und Zusammenarbeit zielen. Unternehmen reagieren darauf, indem sie Strukturen stellenweise anpassen und zahlreiche dieser Initiativen in die Unternehmen integrieren. In der Folge entstehen hybride Arbeitskulturen mit wechselnden Anforderungen an die handelnden Akteure (Ciesielski/Schutz 2016).
- Viele der Diskussionen zeigen deutlich, dass die digitale Führung als der maßgebliche Erfolgsfaktor der laufenden Veränderungen in den Unternehmen allgemein und für die Digitalisierung im Besonderen angesehen wird. Lorenz (2018) weist der digitalen Führung die Aufgabe zu, die Voraussetzungen für eine erfolgreiche digitale Transformation und damit die nachhaltige Existenz von Organisationen zu schaffen. Das Wechselverhältnis von digital ermöglichter Führung auf der einen und digitaler Führung als Erfolgsfaktor der Digitalisierung auf der anderen Seite steht und fällt mit der Berücksichtigung der Erwartungen und Verhaltensweisen der Akteure. Diskussionen zur digitalen Führung zeigen, dass diese häufiger mit den konkreten Akteuren bzw. der Führung von Mitarbeiter/innen als mit der Anwendung „digitaler Technologien“ identifiziert wird. In Folge dessen rückt die Führung von Mitarbeiter/innen stärker in den Mittelpunkt der Betrachtung.
Kane et al. (2019) gehen nicht von einer gänzlich neuen, digitalen Führung aus, sondern betonen die Kombination ("Blending") von neuen und bewährten Führungsfähigkeiten. Zu den neuen Fähigkeiten werden eine transformative Vision und eine vorwärtsgewandte Perspektive, Geschick beim Umgang mit digitalen Hilfsmitteln und Anpassungsfähigkeit der Führungskräfte gezählt. Zu den bewährten Fähigkeiten gehört es, klar zu kommunizieren, was die Veränderungen bewirken. Die Führungskräfte müssen die Verantwortung für die Veränderungen übernehmen, diese sollte nicht delegiert werden. Schließlich ist es den Mitarbeitern zu ermöglichen, in eigener Verantwortung unter digitalen Bedingungen zu agieren. In diesem Sinne ist Digitalisierung „sowohl eine Top-Down als auch eine Bottom-Up-Aufgabe“ (Kane et al. 2017). Damit wird deutlich, dass sich bei digitaler Führung viele der in der Vergangenheit oft gestellten Fragen nach „guter“ Führung erneut stellen. Dies schließt beispielsweise Forderungen nach stärkerer Information der Mitarbeiter sowie nach kooperativer Zusammenarbeit und Beziehungsqualität (Wunderer zuletzt 2011), persönlicher Verantwortlichkeit (Taschenbuch Mensch und Arbeit 1991), nach Führen und Führen lassen (Neuberger 2001) im Sinne von Autonomie und Beteiligung der Mitarbeiter sowie Integrität und Dialogorientierung (Jetter/Skrotzki 2005). Es handelt sich um Aspekte der Führung die zum großen Teil leicht mit digitalen Mitteln umgesetzt werden können. Mit einem entscheidenden Unterschied: Wurde der Wunsch nach guter Führung bislang eher als Appell verstanden - so ist "gute" Führung heute zunehmend für den Erfolg digitaler Führung unabdingbar. "Alte" Führung und gewohnte Formen der Zusammenarbeit lassen sich nur sehr schwer "digital" fortschreiben. Dies ist nicht nur auf die neuen technischen Möglichkeiten zurückzuführen, sondern hängt auch mit den geänderten Erwartungen und Fähigkeiten der neuen Mitarbeitergenerationen zusammen.
Die Digitalisierung prägt Beziehungen, Arbeitsweisen und Strukturen. Ihr Erfolg hängt von der Umsetzung der digitalen Führung ab. Erfolgsfaktor der digitalen Führung ist wiederum eine konsequente Mitarbeiterorientierung. Diese wechselseitigen Abhängigkeiten erschweren die Betrachtung digitaler Führung und bringen die Gefahr einer Überladung der digitalen Führung mit sich. Dies zeigt sich beispielhaft in der folgenden Beschreibung digitaler Führung. Nach dieser umfasst digitale Führung „das Führen über Distanz via digitaler Kommunikationsmedien“, jedoch nicht nur die Mittel der praktischen Umsetzung von Führung, sondern auch die Adressierung der mit der digitalen Transformation verbundenen geschäftlichen, organisatorischen und personellen Anforderungen (...) mit der aktiven Förderung von Innovation, dem Meistern der Unsicherheiten in Bezug auf die Marktsituation, dem Umgang mit einer deutlich selbstbewussteren Mitarbeiterschaft, der stringenten Ausrichtung auf den gemeinsamen „Purpose“ bei gleichzeitig kontinuierlicher Weiterentwicklung der Mitarbeitenden zur Bewältigung der Veränderlichkeit der Wettbewerbsumwelt (Hofmann/Wienken 2018). Es darf bezweifelt werden, dass digitale Führung dieses umfassende Paket an Forderungen letztlich erfüllen kann. Hier scheint eine konsequente Differenzierung zwischen digitaler Führung von Mitarbeiter und von Unternehmen angezeigt zu sein. Die hier deutlich erkennbare Überladung könnte es mit sich bringen, dass die Führung von Mitarbeitern nur unzureichend beachtet und umgesetzt wird. Die digital einfache Umsetzung bzw. Beantwortung der erwähnten klassischen Führungsfragen wird ggf. erschwert sowie das Funktionieren digitaler Führung behindert.
In der digitalen Führung existiert sehr viel Altes im Neuen. Bei der Betrachtung digitaler Führung ist bei aller Komplexität sowohl eine Verengung auf technologische Fragen („My boss is my dashboard“) als auch die Überladung des Begriffes im Sinne einer „Adressierung“ aller Fragen der digitalen Transformation zu vermeiden. Beides kann ein praxisorientiertes Verständnis behindern und in der Folge eine mangelnde Akzeptanz mit sich bringen. Digitale Führung ist zuallererst Führung von Mitarbeitern - wenn auch in einem deutlich geänderten Beziehungs- und Rollensetting. Digitale Führung wird auch nicht im Selbstlauf funktionieren, sondern ist technisch und organisatorisch bewusst zu ermöglichen. Dabei muss durch die Führungskräfte Verantwortung übernommen und digitale Fähigkeiten müssen vermitteln werden. Digitale Führung eröffnet die Möglichkeit, bewährte Führung mit neuen Mitteln in einem geänderten Umfeld zu realisieren. Dies setzt neben einem grundlegenden Verständnis von Führung auch das Bewusstsein voraus, dass mit neuen digitalen Tools das Gleiche im Sinne von besserer Führung und Zusammenarbeit erreicht werden kann. Wird dies erkannt und umgesetzt, wird digitale Führung zum Erfolgsfaktor der laufenden Veränderungen.
Ausgewählte Quellen und Linkbits:
Ciesielski, M. A., & Schutz, T. (2016). Digitale Führung - Wie die neuen Technologien unsere Zusammenarbeit wertvoller machen. Berlin: Springer.
Hofmann, J./Wienken, V. (2018). Digital Leadership. Führung in der digitalen Transformation
Forum Digital Leadership 2018, Stuttgart. http://publica.fraunhofer.de/eprints/urn_nbn_de_0011-n-5040742.pdf abgerufen am 15. Juli 2019
Kane, G.C/Phillips, A.N./Copulsky, J.R./Andrus, G.R. (2019). The Technology Fallacy (Management on the Cutting Edge). Cambridge/London.
Kane et al. (2019). How Digital Leadership Is(n’t) Different.
https://sloanreview.mit.edu/article/how-digital-leadership-isnt-different/ abgerufen 15. Juli 2019
Lorenz, M. (2018). Digitale Führungskompetenz - Was Führungskräfte von morgen heute wissen sollten. Wiesbaden: Springer.
Petry, T. (2016) Digital Leadership: Erfolgreiches Führen in Zeiten der Digital Economy. Freiburg: Haufe.
van Dick et al. (2016). Studie "Digital Leadership"
https://www.dgfp.de/fileadmin/user_upload/DGFP_e.V/Medien/Publikationen/2012-2016/Digital_Leadership_Studie.pdf abgerufen am 15. Juli 2019
Die Ergebnisse der vorliegenden Befragung konkrete Führungs-Tools erkennen. Weiterhin werden Tendenzen sichtbar, in welchen Bereichen von Führung und Zusammenarbeit bereits "appifiziert" bzw. digitalisiert wurde. Offensichtlich haben Werkzeuge zur Terminabstimmung bislang eine recht breite Akzeptanz gefunden. Hier ist neben Doodle (war bereits bei den Top 25 dabei) auch appoint.ly und youcanbookme zu nennen. Hinzu kommen mit impraise, Peakon, companymood und loopline Hilfsmittel zum Mitarbeiter-Feedback bzw. zur Messung des Engagements oder der Stimmung von Mitarbeiter und Mitarbeiterteams. Weiterhin genannt wurden Tools, die bei Abstimmungen und beim Sammeln von Ideen helfen können. Hierzu zählen Slido und TomVote. Interessant ist auch, dass hier Werkzeuge zur Unterstützung partizipativer bzw. komplexer Entscheidungsprozesse - wie CONCIDE und crowsdoscope – zu finden sind. Darüber hinaus ist Staffbase zu nennen, eine klassische Lösung für die Mitarbeiterkommunikation. Es lässt sich erkennen, dass neben modernen und klassischen Kollaborations- und Projektmanagementtools mit weitgehend ähnlichen Profilen, den Messaging-Systemen (v.a. mit Video) auch viele Einzellösungen existieren, die für ausgewählte Fragen der Führung von Mitarbeitern bzw. der Zusammenarbeit in Teams eingesetzt werden. Hier fällt auf, dass Feedback-Tools und Apps vergleichsweise häufig genannt wurden.]]>
Den Teilnehmenden war es von Januar bis Mitte April 2019 möglich, die 10 von ihnen persönlich präferierten Hilfsmittel bei digitaler Führung und Zusammenarbeit zu benennen. Dabei wurde den Befragten durch eine offene und persönlich ergänzbare Liste freigestellt, welche Instrumente sie nennen (allgemeine Bezeichnungen oder auch konkrete Produktnamen). An der Pilotbefragung haben sich insgesamt 415 Personen beteiligt. Die Aufforderung zur Teilnahme erfolgte über Social Media bzw. auch durch persönliche Ansprache und Hinweise.
Zu den Ergebnissen (mit Anzahl der Nennungen):
1 | Slack | Instant-Messaging-Dienst | 193 |
2 | Skype | Instant-Messaging-Dienst | 188 |
3 | Doodle | Webanwendung zur Terminfindung | 172 |
4 | Instant-Messaging-Dienst | 170 | |
5 | Trello | web-basierte Projektmanagementsoftware | 154 |
6 | Excel | Tabellenkalkulationsprogramm | 154 |
7 | Google Drive | Filehosting-Dienst | 138 |
8 | Outlook Kalender | Kalender-Lösung | 132 |
9 | Jira | Webanwendung zur Fehlerverwaltung, Problembehandlung und für operatives Projektmanagement | 129 |
10 | MS Outlook | Software für E-Mails sowie Verwalten von Terminen, Kontakten, Aufgaben, Notizen | 95 |
11 | elektronische Nachrichtenübermittlung | 92 | |
12 | Microsoft Teams | Plattform (Kombination Chat, Besprechungen, Notizen, Anhänge) | 88 |
13 | OneNote | Software (digitaler Notizblock) | 85 |
14 | SharePoint | Komplexe Webanwendung für Zusammenarbeit | 85 |
15 | Wikis | Website, Inhalte können von Besuchern gelesen und geändert werden | 71 |
16 | Confluence | Wiki-Software | 70 |
17 | Github | Onlinedienst für Software-Entwicklungsprojekte | 69 |
18 | Zoom | Video-Conferencing-Lösung | 65 |
19 | TeamViewer | Fernwartungssoftware für Screen-Sharing, Videokonferenzen, Dateitransfer und VPN | 61 |
20 | Videokonferenz-Systeme | 58 | |
21 | GoToMeeting | Online-Meeting-Software | 54 |
22 | Mikrobloggingdienst | 50 | |
23 | Word | Textverarbeitungssoftware | 50 |
24 | Salesforce | Online-CRM-Software | 44 |
25 | Smartphone incl Telefon | 42 |
Zur erwähnten Studie:
https://www.dgfp.de/fileadmin/user_upload/DGFP_e.V/Medien/Publikationen/2012-2016/Digital_Leadership_Studie.pdf (abgerufen am 29. April 2019)
Anmerkung: Für Durchführung der Befragung wurde eine IT-Lösung benutzt, die von der Efficon GmbH bereitgestellt wurde. Herzlichen Dank für die freundliche Unterstützung.
Sie erreichen die aktuelle Befragung über diesen LINK
Achtung: Die vorliegende Liste kann selbstverständlich um weitere Werkzeugeergänzt werden. Zu diesem Zweck im Fragebogen bitte das „+“ drücken und dann das entsprechende Werkzeug eintragen.
Herzlichen Dank für die Unterstützung.
Peter M. Wald]]>